Sonderthema
Georg Friedrich Händel
Leben und Werk
«Man muss lernen, was zu lernen ist, und dann seinen eigenen Weg gehen.»
Georg Friedrich Händel
Georg Friedrich Händel wurde am 23. Februar 1685 in Halle an der Saale geboren als Sohn des Barbiers und Wundarztes Georg Händel aus seiner zweiten Ehe mit Dorothea Faust, der Tochter des Pastors. Der stand damals bereits im 63. Lebensjahr. Er bestimmte seinen Sohn zum Juristen. In diesem erwachte aber der Musiksinn schon in den frühesten Kinderjahren mit solcher Gewalt, dass der Vater um seine Lebenspläne besorgt wurde und die Musik nach Kräften niederhielt. Die ersten Übungen konnte der kleine Händel daher nur verstohlen an einem Spinett auf der Bodenkammer machen. Eine Anwesenheit in Weißenfels offenbarte den dortigen Hofmusikern sowie dem Herzog die erstaunliche Kunst des Kleinen.
Der Vater Händel wurde von dem Musik liebenden Herzog ermahnt, den Sohn neben den übrigen Lehrfächern auch in Musik unterrichten zu lassen.
Friedrich Wilhelm Zachow, Organist an der Liebfrauenkirche in Halle, ein namhafter Organist und Komponist, wurde sein Lehrer, als das Kind gegen 11 Jahre alt war. Die Reife des Schülers, als er zu Zachow kam, war staunenswert. Die sechs Trios, welche der Junge komponierte, unmittelbar bevor er bei Zachow Unterricht nahm, sind gleich bewundernswert durch kontrapunktische und melodische Kunst.
Händel hatte erst kurze Zeit Zachows Unterricht genossen, als er mit seinem Vater die Reise nach Berlin unternahm, wo damals am kurfürstlichen Hofe von namhaften Italienern Opern aufgeführt wurden. Hier traf der kaum 12-jährige Junge mit Attilio Ariosti und Giovanni Bononcini1 zusammen, die später in London seine Rivalen wurden. In der Ausführung eines von dem hochfahrenden Bononcini ihm vorgelegten Basses bewies sich Händel als ein solcher Meister im Akkompanement, dass allgemeine Verwunderung entstand. Der Kurfürst erbot sich, den Jungen zur Ausbildung nach Italien zu schicken. Doch der Vater Händel lehnte es ab, denn die juristische Laufbahn stand ihm als die einzig wünschenswerte vor. Bald nach der Rückkehr von dieser Reise starb Georg Händel in Halle im 75. Lebensjahr. Der Sohn verfolgte den vom Vater vorgezeichneten Lebensweg, ohne die Musik hintanzusetzen.
Der vier Jahre ältere Georg Philipp Telemann2 erzählt in seiner Autobiografie, wie er 1701 bei seiner Reise durch Halle «mit dem damals schon wichtigen» Händel bekannt wurde.
Im Jahre 1702 hatte Händel das Gymnasium durchlaufen und anschließend sich an der juristischen Fakultät der Universität Halle immatrikuliert. Zugleich übertrug man ihm das Amt eines Organisten an der reformierten Schlosskirche in seiner Heimatstadt. Die steigende Entwicklung einer unerhörten musikalischen Kraft überzeugte endlich die Seinen, dass der Finger Gottes ihn unverkennbar nur auf dieses Gebiet hinwies. So wurde dann das juristische Studium aufgegeben, und der junge Händel zog in die Welt, um zu lernen und zu reisen.
Hamburg
Aber nicht zunächst nach Italien lenkte er seine Schritte, denn es gab damals in Deutschland einen glänzenden Mittelpunkt, auf den alle musikalischen Kräfte des Landes ihr Auge richteten. Dies war die Oper in Hamburg, für die Reinhard Keiser3 der allbewunderte tonangebende Komponist war. Hier langte Händel im Sommer 1703 an, besuchte die Organisten, spielte auf ihren Instrumenten, sah sich nach Lektionen um und nahm im Opernorchester die Stelle eines zweiten Violinisten an, wobei er sich stellte, «als ob er nicht auf fünfe zählen könnte, wie er denn von Natur zum dürren Scherz sehr geneigt war», wie Johann Mattheson4 versichert. Er fügt hinzu: «Als es aber am Klavierspieler im Opernorchester fehlte, ließ er sich bereden, dessen Stelle zu vertreten, und bewies sich als ein Mann.» Auch mit dem berühmten Operntextdichter Postel wurde Händel bekannt, dessen Text zur Johannispassion er im Jahre 1704 in Musik setzte, als das erste größere Werk, welches in Hamburg entstand.
Die Unreife in Sologesängen wie in der Gruppierung eines größeren Ganzen überwand Händel dann schnell durch die Vorbilder der Oper (Steffani5 und Keiser). Bald erhielt er den Text einer Oper Almira zur Komposition. Die Aufführung sollte vor Weihnachten 1704 stattfinden, als ein Duell mit dem ersten Sänger Johann Mattheson hindernd dazwischen trat, bei welchem Händel nur durch einen breiten Rockknopf vor tödlicher Verwundung bewahrt wurde. Die Oper Almira wurde im Januar 1705 gegeben und verbreitete einen solchen Glanz, dass sie das Gestirn Keisers momentan verdunkelte. Händel komponierte dann noch Nero und etwas später die Doppeloper Florindo und Daphne, zog sich aber von dem wüsten hamburgischen Bühnenleben immer mehr zurück.
Die hamburgische Oper, sehr schnell in die Höhe geschossen, zeigte sich damals weiterer Entwicklung unfähig. Mit Händels Abgang begann ein Zustand langsamen Hinsiechens. Von Anfang an eine Nachahmung der italienischen Singbühne, mischte sie in der letzten Zeit regelmäßig Arien mit italienischen Worten in den deutschen Text. Auch Händels Opern folgten diesem sprachlichen Missbrauch. Eine jede deutsche Oper enthielt damit verschiedene Meilenzeiger nach einem Lande hin, dessen Kunst der heimischen Produktion damals auf allen Gebieten überlegen war. Wie sollte nicht ein Händel eilen, so bald wie möglich dorthin zu gelangen.
Italienische Reise
Händel verließ Hamburg gegen Ende 1706. Er wandte sich zunächst nach Florenz. Hier konnte er italienische Kunst in aller Ruhe an der Quelle studieren und sich für die größeren Musikplätze vorbereiten. Zum Osterfest wandte er sich nach Rom und komponierte hier zunächst Psalmen und andere Kirchenstücke zu lateinischen Texten, ging dann aber zu einem längeren Aufenthalt nach Florenz zurück, wo er mit Rodrigo seinen ersten glücklichen Versuch in der italienischen Oper machte.
Im Januar 1708 war Händel in Venedig, wo er in kurzer Zeit die Oper Agrippina schrieb, die ihn als Komponisten zuerst in ganz Italien bekannt machte. Das Werk wurde wochenlang jeden Abend gegeben und hielt sich zwanzig Jahre hindurch auf diesem Theater.
Die stürmische Begeisterung, mit welcher er in Venedig gefeiert wurde, erweckte Händel auch in Rom, wohin er während der Fastenzeit 1708 zum zweiten Mal ging. Eine Schar von neuen Freunden gesellte sich zu den alten. Alle wetteiferten, seinen jetzigen römischen Aufenthalt zu dem Glanzpunkt seiner ganzen italienischen Reise zu machen. Die ersten Kunstmäzene Roms waren ihm und seiner Musik geneigt. Bei dem Fürsten Ruspoli, dem Haupt der römischen Schöngeister, nahm er Wohnung. Hier beendete er im April 1708 sein Oratorium Resurrezione. Hier schrieb er daraufhin eine noch merkwürdigere Komposition Il Trionfo del Tempo e del Disinganno, die umgearbeitet 1737 in London wieder aufgeführt wurde und abermals neu bearbeitet zu englischen Worten als Sieg der Zeit und Wahrheit jenes Oratorium bildete, mit welchem der Meister 1757 seine Laufbahn beschloss.
Im Juni 1708 kommt Händel nach Neapel. Hier schreibt er seine kunstvollen Gesangterzette, große Kantaten, kleine Lieder und überhaupt Musik in allen Weisen. Sein Leben war beständig von Glück und Glanz umgeben, in jener Zeit und in jenem Lande, wo der Künstler von den vornehmsten Personen als ihresgleichen behandelt wurde. Händels ältester Biograf schreibt: «Von Rom ging er nach Neapel, wo er, wie an den meisten anderen Orten, einen Palast zu seiner Verfügung hatte, und mit freier Tafel, Kutsche und allen sonstigen Bequemlichkeiten wohl versorgt war. In dieser Hauptstadt machte er Acis und Galatea zu italienischen Worten – auf Ersuchen der Donna Laura, die einen wirklich königlichen Staat führte. Während er in Neapel war, empfing er Einladungen von fast allen Standespersonen, die dort und in der Umgebung wohnten; und glücklich wurde geschätzt, der ihn zuerst gewinnen und am längsten bewirten konnte.»
Im Übrigen genoss er das Gute wie eine Annehmlichkeit auf der Reise, verweichlichte nicht und war weit entfernt, in Italien bleiben zu wollen. Alle Anerbietungen zu diesem Zweck, wie auch ernsthafte Versuche, ihn zum Katholizismus zu bekehren, wies er beständig ab.
Was er in Italien lernen wollte – die auf öffentliche Wirkung abziehlende Leichtigkeit und Klarheit der Komposition, die Macht und Reinheit des Gesanges, die stilvolle Ordnung der gesamten praktischen Musik, die Äußerungen einer gleichsam angeborenen musikalischen Begeisterung bei den Hörern – all das fasste er schnell und gründlich, wie niemals ein fremder Musiker, der nach Italien pilgerte. Und als er in diesem Element so weit eingewohnt hatte, dass es ihm Natur geworden war, zog er wieder von dannen. Er brachte drei Gaben mit, durch welche er sofort unter Italienern heimisch und zugleich ein Gegenstand ihrer höchsten Bewunderung wurde – sein Klavier- und Orgelspiel, seine Kunst der Improvisation und seine Schnelligkeit im Komponieren – beide letzteren waren Eigenschaften der Italiener, in denen sie einzig dazustehen glaubten und nun erleben mussten, dass sie darin von einem kaum dem Jünglingsalter erwachsenen Deutschen noch übertroffen wurden.
Erste Jahre in London
Vermutlich war Händel um Weihnachten 1709 in Rom und zu Beginn des Jahres 1710 in Venedig, wo seine Agrippina gegeben wurde. Hier machte er Bekanntschaft mit Engländern, die ihn nach London einluden, und zugleich mit hannöverischen Kavalieren. Obwohl er in Hannover die Kapellmeisterstelle erhielt, nahm er doch sofort Urlaub, um nach England zu gehen. In London, wie überall, fand er durch sein wundervolles Klavier- und Orgelspiel schnellen Eingang. Er kam zur rechten Zeit, denn die großen englischen Komponisten waren gestorben und die seit 1705 dort bestehende italienische Oper lebte von dem aus italienischen Werken zusammengenähten Flickwerk. In wenigen Wochen komponierte er die schöne Oper Rinaldo, die sofort gegeben wurde und großen Enthusiasmus erregte, sodass man ihn den «Orpheus unserer Zeit» nannte. Durch dieses Werk begann er in London jene denkwürdige Wirksamkeit, welche mit geringen Unterbrechungen gegen 50 Jahre währte.
Im Juli 1711 war Händel wieder in Hannover. Sein Vorgänger im Amt, Agostino Steffani, stand ihm künstlerisch und persönlich näher als irgendein anderer Tonkünstler seiner Zeit. Steffani war ein feiner Sänger und tiefer Musiker. Seine Kammerduette sind die Muster dieser Gattung, nach denen auch Händel seine meistens in Hannover entstandenen großen italienischen Gesangduette bildete. Weil aber die Opern sowie andere größere Musikaufführungen seit längerer Zeit in Hannover ruhten, gab es hier für Händel auf die Dauer wenig zu tun. Er erwirkte sich daher leicht die Erlaubnis zu einer zweiten englischen Reise.
Im Herbst 1712 war Händel wieder in London und vom Ende November bis zum Januar 1713 schrieb er zwei neue Opern. Hierdurch hatte sich Händel bereits viele enthusiastische und einflussreiche Freunde erworben, auch in den Hofkreisen, die ihn um jeden Preis in England behalten wollten. Auf Veranlassung der Königin Anna schrieb Händel die beiden prachtvollen Werke Utrechter Te Deum und Jubilate, die am 7. Juli 1713 mit großem Pomp zur Aufführung kamen und alle Hörer in Erstaunen setzten. Die Königin gewährte ihm dafür als Komponisten ihrer Kirchenkapelle ein Jahresgehalt von 200 Pfund. Soweit ging alles gut. Aber er hatte seinen Urlaub bereits überschritten. Der Kurfürst zürnte ihm, und Händel zog vor, gar nicht wieder zurückzukehren. Die Nachteile seines Vergehens wurden ihm schon im nächsten Jahr recht empfindlich, als Königin Anna plötzlich starb und der Kurfürst von Hannover als König Georg I. nach London kam. Doch im Jahre 1715 gelang es befreundeten Hofleuten, den König bei Gelegenheit einer Wasserfahrt, zu welcher Händel die bekannte Wassermusik komponierte, mit seinem verlaufenen Hofkapellmeister auszusöhnen. Inzwischen lebte Händel bei englischen Kunstfreunden und beteiligte sich an der Oper. Seine Oper Amaldigi kam 1715 sofort mit großem Beifall auf die Bühne.
Im Sommer 1716 reiste Händel für eine längere Zeit nach Deutschland. Erst Anfang 1717 kam er wieder nach England und fand eine angenehme und fruchtreiche Beschäftigung als Leiter der Kapelle des Herzogs von Chandos in Cannons. Für diese Kapelle setzte er eine Reihe von Psalmen oder «Anthems» in Musik – Kompositionen, welche an hohem Aufschwung und gestaltender Kraft die Werke der Zeitgenossen weit hinter sich lassen und, erfüllt von oratorischem Geiste, zu dem folgenden musikalischen Oratorium die direkte Vorstufe bilden. In Cannons schrieb Händel um 1720 seine beiden ersten wirklichen Oratorien – Esther nach dem biblischen Stoff und Acis und Galatea nach dem antiken Stoff – und zwar als Grundmuster nach den beiden Seiten hin, die sein Oratorium umfasst – das biblische und das klassische Altertum.
Sämtliche Werke, die die Eigentümlichkeit und die Größe dieses Mannes darstellen, waren hiermit in den Grundzügen bereits vorgelegt. Es fehlte nichts als ihr weiterer Ausbau und ihr Eindringen in die große Öffentlichkeit. Mit dem Jahr 1720 schließt daher die erste Hälfte seines Lebens und es beginnt eine zweite, welche das in ungeahnter Weise ausbildete, was die frühere in der Knospe zeigte – alles dies in unvergleichlicher Konsequenz und innerer Notwendigkeit, sodass die Entwicklung dieses Künstlers in ihrer Einfachheit denselben erhabenen Zug besitzt, welcher seiner Musik eigen ist.
Die zweite Lebenshälfte, von 1720 bis 1759, zerfällt wieder in zwei gleiche Teile, von denen die erste bis 1740 vorwiegend der Oper, die zweite dem Oratorium gewidmet war.
Blüte der Oper
Die italienische Oper war den Musikfreunden in England ein Bedürfnis geworden. Um 1720 entstand in London die «Royal Academy of Music» (Königliche Akademie der Musik). Drei Komponisten, mehrere Dichter, die ersten Sänger und Instrumentalisten wurden engagiert. Die Vorstellungen begannen am 2. April 1720, und Händels Radamisto war die erste neue Oper, welche für dieses Institut geschrieben wurde. Seit 1724 leitete Händel vorwiegend die Aufführungen und komponierte für das glänzende Institut in den neun Jahren seines Bestehens 14 Opern.
Durch die Größe der mitwirkenden Talente und künstlerische Haltung erhob sich diese Akademie schnell zu dem ersten Operntheater in Europa. Händels Opern wurden überall in Deutschland, auch in Italien und selbst in Paris gegeben. Die Unternehmer nahmen aber nicht rechtzeitig auf einen soliden Unterbau der Akademie Bedacht und ließen sie 1728 zusammenbrechen. Die letzte Vorstellung fand am 1. Juni 1728 statt.
Anstelle der Akademie entstand eine neue Gesellschaft, deren Leitung Händel überlassen wurde. Im Sommer 1728 trat Händel seine zweite italienische Reise an, blieb den Winter über in Italien, sah die Fortschritte der italienischen Musik, auch ihre Verirrungen in das einseitig Virtuosenhafte, und wählte Sänger für seine neue Oper. Anfang Juli traf er wieder in London ein. Im Dezember begannen die Vorstellungen mit seiner neuen Oper Lotario. Dieses Unternehmen bestand nur 4 Jahre.
Von Händels Rivalen, Komponisten und Sängern, wurde eine neue italienische Oper zustande gebracht, für die sie das bisherige Theater in Haymarket in Anspruch nahmen. Händel bezog mit seiner Gesellschaft das Covent-Garden-Theater, konnte seine Vorstellungen schon am 30. Oktober 1733 eröffnen, früher als die Gegner.
Dieser törichte, aber für Händel unvermeidliche Wettlauf dauerte ebenfalls vier Jahre. Sein Ende war allseitige Ermattung. Am 1. Juni 1737 hörte Händels Oper in Covent Garden auf, am 11. Juni die Gegenoper in Haymarket. Das vorhin Ersparte setzte Händel bei diesem Unternehmen wieder zu und geriet obendrein in Schulden.
Anfang der 40er Jahre nahm Händel von der italienischen Oper Abschied nach einer mehr als 30-jährigen Wirksamkeit.
Die Jahre 1720–1740 wurden von Händel nicht ausschließlich bei der italienischen Oper verbracht. In dieser Zeit reifte vielmehr alles, was dann in seiner letzten oratorischen Periode zur Ernte kam. Während der Glanzzeit der ersten königlichen Akademie entstanden 1727 die Krönungshymnen für den neuen König Georg II., Sätze, welche Kunst und Popularität glücklich vereinigen. In den Jahren der zweiten Akademie ereignete sich dann, dass seine Oratorien zuerst in die Öffentlichkeit drangen und hier festen Grund gewannen.
Zeit der Oratorien
Im Sommer 1733 folgte Händel der Einladung nach Oxford, um den Glanz der Universitätsfeierlichkeiten durch Musikaufführungen zu erhöhen. Zu diesem Zweck komponierte er das Oratorium Athalia und führte es daselbst am 10. Juli 1733 auf. Auch seine sonstige oratorische und kirchliche Musik brachte er hier in mehreren Konzerten und mit so aufregendem Beifall zu Gehör, dass dieses Universitätsfest dadurch für Oxford das glänzendste und merkwürdigste des Jahrhunderts wurde. Die gelehrte Körperschaft beabsichtigte damals auch, dem berühmten Mann den Titel eines Doktors der Musik zu verleihen, was er indes ablehnte, da er in seiner einfachen Deutungsart an Apolls Lorbeer genug zu haben vermeinte und im Übrigen nichts sein wollte, als ein Musiker unter seinesgleichen.
In diesen Jahren, den mühe- und sorgenvollsten seines Lebens, traten bei Händel jeder Schwierigkeit gegenüber stets neue Kräfte hervor, durch die er in dem ungleichen Kampf wenigstens musikalisch der unbestrittene Sieger blieb. Während der Fastenzeit 1735 führte er in 14 Konzerten seine bisherigen Oratorien wieder vor. Das Neue, das er hinzubrachte, waren die Orgelkonzerte, welche er in den Zwischenakten der Oratorien vortrug, eine Praxis, die er begründete und lebenslang in seinen oratorischen Aufführungen beibehielt. Über die zauberhafte Gewalt seines Spiels ist unter allen, die ihn hörten, stets nur eine Stimme gewesen. Der Stil seiner Orgelmusik ist durchweg der konzertierende und unterscheidet sich dadurch von der kontrapunktischen Weise Bachs.
Bedeutender noch war die Neuigkeit, mit welcher Händel in der nächsten Saison hervortrat. Er griff zurück auf die alten englischen Cäcilienfeste, welche in den Tagen des großen Henry Purcell6 glänzend begangen wurden, und wählte sich die damals von John Dryden7 gedichtete Ode Alexanderfest. Er komponierte Musik zu dieser Ode im Winter 1735/36 und führte sie am 19. Februar auf. Diese Komposition gehörte bald zu den weitest verbreiteten. Ihre musikalische Vortrefflichkeit wurde sprichwörtlich. 1739 setzte Händel auch noch das andere Gedicht von Dryden in Musik, unter dem Namen der Kleinen Cäcilienode bekannt. In der musikalischen Behandlung ist die kleine Ode der großen durchaus ebenbürtig. Es sind Züge darin, die an Erhabenheit nicht übertroffen werden.
Durch die Anstrengungen und beständigen Aufregungen schienen seine Kräfte vorläufig erschöpft zu sein. In der letzten Opernsaison 1736/37 fand er nicht mehr die Freudigkeit, ein neues oratorisches Werk zu produzieren, nur fruchtlose Mühen, Ärgernisse und Verluste harrten seiner. Endlich wankte selbst seine starke körperliche Gesundheit, und diese schien den Geist mit sich zu ziehen, da man Spuren von Irrsinn bei ihm zu bemerken glaubte. Schlaganfälle lähmten die Glieder. Nur mit vieler Mühe gelang es Freunden, einen Mann, der anscheinend den Weg verloren hatte und nun in seiner Hilflosigkeit doppelt eigensinnig war, zu einer ordentlichen Kur zu bewegen. Endlich entschloss er sich, nach Aachen zu gehen, wo er Schwitzbäder gebrauchte, aber nach seiner Art mit Gewalt und auch mit wunderbar schnellem Erfolg. Als er die Geschmeidigkeit der Glieder wieder erlangt hatte, brachte er für die Heilung im dortigen Dom alsbald ein Dankopfer dar durch ein Orgelspiel, welches noch lange in Erinnerung blieb. Anfang November 1737 von Aachen zurückgekehrt, fand er bald Gelegenheit, seine neu gewonnene Kraft noch auf eine andere und herrlichere Weise zu betätigen als durch jenes Orgelspiel. Am 20. November starb die Königin Karoline. Zu den Begräbnisfeierlichkeiten komponierte Händel im Laufe einer Woche die berühmte Trauerhymne. Diese Hymne eröffnete eine neue, weit größere oratorische Bahn. Das erste neue Werk dieser Art war das Oratorium Saul. Es wurde am 19. Januar 1739 aufgeführt. Dieses Datum ist geschichtlich bedeutsam, weil Händel damit jene zwölf Oratorienaufführungen anfing, die er fast ohne Unterbrechung bis zu seinem Tode alljährlich fortsetzte. Mit diesem 19. Januar beginnt daher seine große oratorische Periode. Als Händel dieses Werk schrieb, an welchem er ungewöhnlich lange, nämlich neun Wochen, arbeitete, war sein Arm noch nicht völlig diensttüchtig, wie die Handschrift zeigt, der Geist aber prodizierte ein Werk, das zu seinen mannigfaltigsten und schönsten gerechnet werden muss. Die Charakteristik der Personen ist ausgezeichnet gelungen, und in der Darbietung des geistig-geschichtlichen Gehaltes der Begebenheit offenbart sich Händels ganze Größe. Die letzten Szenen zählen zu dem Besten, was er geschrieben hat.
Ende 1738 entstand das Oratorium Israel in Ägypten, eines der wundervollsten Erzeugnisse musikalischer Kunst und eines der größten zyklischen Chorwerke überhaupt. Der große geschichtliche Gegenstand veranlasste den Komponisten, sich auch für die Darstellung desselben in einem Umfang des Chors zu bedienen, wie noch niemals bei einem oratorischen Werk. Mit unerhörter, fast erschreckender Gewalt brach der Tonstrom hervor, als Händel nun endlich rückhaltlos die Schleusen seiner Kunst öffnete, und man sah mit Staunen, dass er die größten harmonischen Massen so leicht zu führen wusste, wie den Einzelgesang und dass er im ausgedehntesten und kunstvollen achtstimmigen Chor so deutlich, so einfach und so ausdrucksvoll sprechen konnte, als ob die Worte nur einer einzigen Person in den Mund gelegt wären. Die Israel-Chöre türmen sich vor dem Hörer wie Bergriesen, und die zugrunde liegende biblische Geschichte erhält durch sie eine Ausprägung in so erhabener und verklärter Gestalt, dass man damit an der Grenze dessen angelangt ist, was musikalischen Kräften überhaupt möglich scheint. Aber nur wenige vermochten sich damals zu einer solchen Höhe zu erheben, die meisten waren an die bisherige Weise der Musik gewöhnt und nach den heftigen musikalischen Erregungen der letzten 20 Jahre stellte sich jetzt eine Übersättigung ein, unter welcher eben die besten Künstler am schwersten zu leiden hatten.
Aufenthalt in Dublin
Die Zeitverhältnisse blieben künstlerischen Unternehmungen in London andauernd ungünstig. Händel ging damals mit der Absicht um, den Boden seiner 30-jährigen Tätigkeit für immer zu verlassen. Er richtete seine Augen vorübergehend wohl nach Berlin, wo der Tonkunst plötzlich durch König Friedrich II. eine glänzende Freistätte bereitet war, und die Geschichte der deutschen Musik würde eine andere Gestalt erhalten haben, wenn Händel, den Friedrich der Große als den ersten Tonkünstler seiner Zeit schätzte, an den preußischen Hof gezogen wäre. Wie fest er aber mit seiner Kunst bereits im englischen Leben wurzelte, zeigte sich bei diesem Wendepunkt. Nicht in seinem Geburtsland fand er bei eintretendem Schiffbruch den schützenden Nothafen, sondern im fernen Irland. Der Vizekönig wiederholte jetzt dringend frühere Einladungen, nach Dublin zu kommen und dort Konzerte zu geben. In Dublin fand man damals London wieder, ohne seine augenblickliche Wirrnisse und Mängel, eine reine aufrichtige Musikliebe hatte sich hier erhalten und war nahezu in alle Kreise gedrungen. Verschiedene Chorgesellschaften waren vorhanden, die Aufführungen zu wohltätigen Zwecken veranstalteten. Derartige Vereinigungen, welche die gesellschaftlichen Übel mit Hilfe der Musik zu lindern strebten und sich damals auf Grund der Händel’schen Werke und unter seiner tätigen Beihilfe bildeten, wurden später in allen Ländern nachgeahmt. Die Dubliner Kirchen- und Chorvereine erboten sich in Händels Konzerten mitzuwirken, falls er dafür ein Konzert zu ihrem Besten veranstalten werde, und er versprach ihnen darauf, in einem solchen Konzert «etwas von seiner besten Musik» aufzuführen. Wie sehr er Wort gehalten hat und mit welcher Freudigkeit der tief humane Mann an diesen wohltätigen Bestrebungen teilnahm, möge man daraus erkennen, dass er für jenes Wohltätigkeitskonzert ein neues Werk schrieb, und zwar den Messias. Er komponierte dieses Oratorium im August–September 1741 in 23 Tagen.
Am 18. November 1741 langte Händel in Dublin an. Am 13. April 1742 führte er in einem neu erbauten Konzertsaal zum ersten Mal den Messias auf, für die drei hauptsächlichsten Wohltätigkeitsanstalten Dublins. «Nach dem Urteil der besten Kunstkenner übertrifft diese Musik weit alles von ähnlicher Art, was hier oder in irgendeinem Lande gehört war», so lautete das Urteil in Dubliner Zeitungen nach der Aufführung. Man erklärte das Werk deshalb «für die vollendetste musikalische Komposition», deren Eindruck zu schildern die Worte fehlten. Der Messias, durch dessen glückliche Vereinigung von Solo- und Chorgesang eine ebenso künstlerische als wirkungsvolle Harmonie hergestellt war, brach dieser Kunst allgemeinhin die Bahn. Was bisher nur die Angelegenheit einiger Kreise und für den Autor ein nicht immer erfolgreicher Gegenstand mühevollen Ringens gewesen war – das Oratorium–, mit dem Messias drang es in die große Welt ein und wurde Sache der Menschheit. Auch als religiöses oder christliches Tonwerk nimmt der Messias dadurch den Mittelpunkt ein, dass er den Gegenstand nach Worten und Musik in einer von Konfessionalismus gänzlich freien Erhabenheit behandelt.
Nach einem Aufenthalt von neun Monaten trat Händel Ende August 1742, körperlich und geistig gekräftigt, die Rückreise an. Schon bei den zwölf Aufführungen des nächsten Jahres konnte er sich überzeugen, dass jetzt auch in London die frühere Missstimmung einer frischen Empfänglichkeit gewichen und damit der glückliche Wendepunkt eingetreten war, den er lange vergebens erhofft hatte. Er eröffnete die Saison mit einem neuen Werk, und zwar mit Samson. Dieser leistete für London, was der Messias für Dublin getan hatte. Die beiden Riesenwerke zusammen entstanden in zehn aufeinander folgenden Wochen des Herbstes 1741, und diese Tatsache ist wohl noch staunenswerter als die unglaublich kurze Zeit, welche der Meister für jedes dieser Werke in Anspruch nahm. Neben Samson führte er den Londonern in dieser Saison auch den Messias vor, und es wurde sehr eifrig darüber gestritten, welches der beiden Werke das größte sei.
Der Lebensabend
Händel stand schon im 58. Lebensjahr, als er von Dublin nach London zurückkehrte. Aber so unerschöpflich schien sein Genie, dass er nach allem Vorausgegangenen bis zum Lebensende noch 15 Oratorien produzieren konnte.
Nach der Rückkehr von Irland begann für Händel eine verhältnismäßig ruhige Epoche, andauernd bis zu seinem Tode. Die letzte seiner oratorischen Kompositionen war Jephtha, die er im Januar 1751 begann. Während der Arbeit am Oratorium befiel ihn ein Augenübel, infolge dessen zuerst das linke Auge erblindete, später auch das rechte. Eine schmerzhafte Operation war erfolglos, und so musste er die letzten Lebensjahre in Blindheit verbringen. Seine gewohnte musikalische Tätigkeit erlitt dadurch nur geringe Unterbrechung. Nach wie vor veranstaltete er seine Fastenaufführungen und erfreute die Hörer mit seinem wundervollen Orgelspiel. Die zauberische Macht, welche er durch dieses Spiel auf die Gemüter ausübte, blieb ihm lebenslang eigen. Nur eine größere Komposition förderte er noch während seiner Blindheit, die englische Bearbeitung des italienischen Sieg der Zeit und Wahrheit, seines gehaltvollsten Jugendwerkes.
Im Jahre 1759 gab er wie bisher seine Oratorienkonzerte und erkrankte plötzlich nach dem Konzert am 6. April. Am Sonnabend, dem 14. April 1759, starb er im 75. Lebensjahr und wurde in der Westminster Abtei begraben, wo sein Denkmal zu den bedeutendsten Monumenten gehört, welche jene berühmte Kathedrale besitzt.
Bedeutung und Nachwirkung
In der langen Reihe Händels Werke klingt der Ton voll aus, der durch das Vorausgegangene sich bereits die Bahn gebrochen hatte. Der Oper gegenüber kommt das Oratorium zur Geltung, als ein Neues der Kunst, und Händel maß mit seinen Werken das neu erworbene Gebiet in ganzer Tiefe und Breite aus. Dies ist es, was ihm in demselben die Herrschaft verliehen hat und für alle Zeit sichern wird. Die verschiedenen Zweige der musikalischen Kunst in Stoffen und Formen waren zu Händels Zeit so weit ausgewachsen, über ihre alte Heimat hinaus, dass sie in einer neuen Verbindung ihre Reife erlangen konnten. Den ernsten Fugensatz, welcher nur der Kirche anzugehören schien, den voll entwickelten Sologesang, dieses glänzende Produkt der Oper, die einfachsten Töne harmlos natürlicher Ausdrucksweise, vollendete kontrapunktische Kunst, dramatische Lebendigkeit, hohes Pathos, unerreichte Gewalt des Ausdrucks, den schönsten Gesang und die glückliche Gabe der Gemeinverständlichkeit – alles das vereinigte Händel zur Darstellung großer geistiger Wahrheiten oder geschichtlicher Ereignisse von bleibender Bedeutung. Bei Händel stehen die beiden Seiten der Lebensauffassung, die in der Musik als Geistlich und Weltlich seit Jahrhunderten nebeneinander hergingen, in einem so harmonischen, innerlich verbundenen Gleichgewicht, dass sie sich gegenseitig stärken, veredeln und verschönern. Ein solches Verhältnis findet sich nicht zum zweiten Male im Bereich der Tonkunst wieder, und diese mit vollendeter Geistesfreiheit verbundene Harmonie der Grundkräfte ist es namentlich, welche für die bleibende Bedeutung der Händel’schen Tonwerke den Ausschlag geben wird.
Der musikalische Stil Händels ist im Großen und Ganzen für alle Werke derselbe, die auftretenden Verschiedenheiten sind lediglich Modifikationen der Ausdrucksweisen, durch den Charakter und die Eigentümlichkeiten des betreffenden Werkes bedingt. Will man Händels Kunst auf den Grund gehen, so muss man ihn als Charakterzeichner beobachten, sowohl in der einzelnen Gestalt wie in dem ganzen Werk, denn er markiert nicht nur die verschiedenen Personen mit festen Strichen, sondern wölbt über ihnen auch die behandelte Geschichte zu einer höheren Gesamtgestalt, in welcher das einzelne Glied seine Stelle und sein Verständnis findet. Nach der Natur des jeweiligen Gegenstandes modifiziert er seine Kunstmittel. Eine wirkliche Scheidung dieser Werke kann daher auch nur nach solchen inneren Kennzeichen vorgenommen werden, nicht aber nach der Rücksicht, ob der Stoff dem weltlichen oder geistlichen Gebiet angehöre. Händels Oratorium hat zuerst und in höchster Weise sowohl in den Mitteln und Ausdrucksarten der musikalischen Kunst wie auch in der Auffassung des menschlichen Lebens die Harmonie hergestellt.
Händel ist in der Tat eine der größten Gestalten seines Jahrhunderts, der merkwürdigste Beweis, wie die Macht der Töne in dem Bereich einer allseitig harmonisch durchgebildeten Kunst zu der Größe des Charakters emporwachsen kann. Und als Musiker nimmt er diejenige Stellung ein, welche dem Punkte im Zentrum des Kreises gebührt. Die größten Komponisten neben und nach ihm haben das anerkannt. Gluck widmete ihm als seinem Meister und höchstem Vorbild eine fast religiöse Verehrung. Der geistesverwandte Beethoven sagte mit Bezug auf ihn: «Das ist das Wahre» und «In einer Monarchie weiß man, wer der Erste ist.» Der große Zeitgenosse Johann Sebastian Bach sagte: «Das ist der Einzige, den ich sehen möchte, ehe ich sterbe und der ich sein möchte, wenn ich nicht der Bach wäre.» Wolfgang Amadeus Mozart rief aus, wenn ihm das erzählt wurde: «Wahrlich, so würde ich auch von mir sagen, dürfte ich hier mitreden.»
Aus: Allgemeine Deutsche Biographie. Duncker & Humblot, Leipzig. Bd. 12, S. 777–792 (gekürzt).
1Bononcini, Giovanni, * Modena 18. 7. 1670, † Wien 9. 7. 1747, italien. Komponist. Hofkomponist in Wien; ging 1720 nach London (mit Händel rivalisierend), später in Paris, Lissabon und Wien. Schrieb u. a. etwa 30 Opern, Oratorien und Instrumentalmusik.
2Telemann, Georg Philipp, * Magdeburg 14. 3. 1681, † Hamburg 25. 6. 1767, dt. Komponist. Ab 1721 in Hamburg Musikdirektor der fünf Hauptkirchen und Kantor am Johanneum, ab 1722 auch Leiter der Oper. Befreundet mit J. S. Bach und G. F. Händel. Sein ungemein umfangreiches Werk umfasst Opern, Passionen, Kirchenkantaten, Orchestersuiten, Solokonzerte für verschiedene Instrumente, Kammer-, Klavier- und Orgelwerke; T. gilt als Wegbereiter der Klassik.
3Keiser, Reinhard, * Teuchern bei Weißenfels 12. 1. 1674, † Hamburg 12. 9. 1739, dt. Komponist. Komponist der Hamburgischen Oper, auch zahlr. Kirchenwerke.
4Mattheson, Johann, * Hamburg 28. 9. 1681, † ebd. 17. 4. 1764, dt. Musiktheoretiker und Komponist. 1715–28 Musikdirektor an Sankt Michaelis in Hamburg; komponierte u. a. Opern, Oratorien, Kantaten.
5Steffani, Agostino, * Castelfranco Veneto 25. 7. 1654, † Frankfurt am Main 12. 2. 1728, italien. Komponist. Schrieb für die Höfe von München (dort Kammermusikdirektor), Hannover (ab 1688 Opernkapellmeister) und Düsseldorf zahlr. Opern; auch Kirchenmusik.
6Purcell, Henry, * London (?) im Sommer oder Herbst 1659, † ebd. 21. 11. 1695, engl. Komponist. Bedeutendster engl. Vertreter der Barockmusik; komponierte Opern und Semioperas (d. h. mit gesprochenem Dialog), u. a. Dido and Aeneas (1689), The fairy queen (1692), The tempest (1695), Schauspielmusiken, Kantaten, Oden, Lieder, Anthems, Kammer- und Klaviermusik.
7Dryden, John, * Aldwincle (bei Peterborough) 9. 8. 1631, † London 1. 5. 1700, engl. Dichter. Schrieb polit. Satiren und Lehrgedichte; begründete die Comedy of manners (Sittenstück).
Georg Friedrich Händel
Zeittafel
1685 Georg Friedrich Händel wurde am 23. Februar in Halle an der Saale geboren.
1702 Jurastudium an der Universtität Halle, gleichzeitig stellvertretender Organist an der Dom- und Schlosskirche zu Halle (Schüler von F.W. Zachow).
1703 Abbruch des Studiums, zweiter Geiger und kurz darauf «maestro al cembalo», Dirigent und Organist am Hamburger Opernhaus.
1705 Händels erste Oper Almira entstand.
1707–1709 Ausgedehnte Reisen durch Italien, wo er durch seine Virtuosität an Orgel und Cembalo alle wichtigen Persönlichkeiten des Landes kennen lernt, darunter Scarlatti, Corelli, Marcello und Steffani. Komposition weltlicher und geistlicher Kantaten sowie Opern und Oratorien.
1710 Kurfürstlicher Kapellmeister in Hannover.
1711 Großer Erfolg seiner Oper Rinaldo in London.
1712 Niederlassung in England.
1719 Auftrag, ein königliches Opernhaus zu gründen (Royal Academy of Music), für das zwischen 1720 und 1728 14 Opern entstanden, die Händel in ganz Europa berühmt machten.
Ab 1740 Händel widmete sich der Komposition von Oratorien, darunter Der Messias, der im 19. Jahrhundert zum Standardwerk der Chormusik wurde. (Das Halleluja daraus gehört zu den meistaufgeführten Stücken der Musikliteratur überhaupt.)
1743 Das Dettinger Te Deum entstand zur Feier des Sieges Königs Georgs II. über die Franzosen, 1748 anlässlich des Aachener Friedens die Feuerwerksmusik.
1751/1752 Händel erblindete während der Komposition an seinem Oratorium Jephtha.
1759 Er starb am 14. April 1759 in London.
Händel schrieb 32 Oratorien, 40 Opern, zahlreiche Kirchenmusiken, 110 Kantaten, 16 Pasticci, mindestens 20 Concerti, 39 Sonaten, Fugen, Suiten und verschiedene weitere Orchestermusik. Sein Werk vollendet ähnlich wie das Johann Sebastian Bachs die Formen seiner Zeit.