Bildung und Erziehung
Internet-Plattform für selbstgeschriebene Märchen
Märchen sind wieder im Trend. Im Internet gibt es nun Plattformen, wo Kreative ihre eigenen Texte veröffentlichen können. Der Zugriff auf die Geschichten ist kostenlos. Begründer der Geschichten-Plattform bildschirmbuch.de ist Christian Ihmels. Der Klavierlehrer aus Osnabrück hat das Angebot vor einem Jahr ins Leben gerufen.
Das Besondere: Die Internet-Märchen kann man lesen, aber auch anhören. «Im Monat verzeichnen wir 20 000 gehörte Geschichten», sagt Ihmels. Das Ganze sei kostenlos und biete eine gute Alternative zum Fernsehen. Weil man den Internet-Hörspielen nur zuhöre, hätten diese eine beruhigende Wirkung.
Mehr als zehn Autoren aller Alters- und Berufsgruppen schreiben und illustrieren regelmäßig fürs Internet. Sie treffen sich einmal in der Woche in Ihmels «Osnabrücker Künstlerwerkstatt», um die Geschichten einzusprechen. Zu ihnen gehört auch Miriam Niemann. Die 35-jährige Ergotherapeutin ist Mutter von zwei Kindern und hat gerade die Hörgeschichte «Wolke 7» für das Internet produziert. Der Inhalt: Der Wolke ist es so langweilig am Himmel, dass sie auf die Erde fliegt, wo sie viele Abenteuer besteht: «Ich habe irgendwann bei meinen Kindern gemerkt, dass es nicht mehr reicht, nur vorzulesen. Da habe ich angefangen, mir selber Geschichten auszudenken.»
«Geschichten und Märchen sind die reinsten Fantasieschulen», sagt Heinrich Dickerhoff, Präsident der Europäischen Märchengesellschaft im nordrhein-westfälischen Rheine. Er hält die auf der Internetplattform veröffentlichten Texte zwar nicht für Märchen – das sind für ihn nur seit Jahrhunderten überlieferte Texte mit ursprünglichen Bildern, sondern bezeichnet sie einfach als Geschichten. Aber ein solches Angebot fördere die Kreativität von Kindern und Jugendlichen.
«Seit 20 Jahren verzeichnen wir ein steigendes Interesse an Märchen», sagt der Experte. Mittlerweile zähle die Europäische Märchengesellschaft 2700 Mitglieder und veranstalte pro Jahr rund 60 Seminare zum Thema Märchen. Die sogenannte 68er Generation habe mit Märchen zwar wenig anfangen können. «Sie wurden verpönt, weil sie als traditionell galten. Heute merken die Leute, dass ihnen das ‹Alte› fehlt.»
«Märchen verbessern die Kommunikation», sagt Dickerhoff und widerspricht dem Vorurteil, die archaischen Geschichten seien nur etwas für kleine Kinder. «Sir Gwain und der Grüne Ritter» oder das japanische Märchen «Der Schwertmeister» seien typische Männermärchen, sagt der 53-Jährige. Die erzählt der studierte Theologe in Bildungshäusern auch schon mal Angehörigen der Bundeswehr. In den Märchen habe der Mann Heldentaten zu vollbringen und müsse sich einer geliebten Frau beweisen. In der Auseinandersetzung mit den Märchen gelinge es, sich seinen eigenen Ängsten zu stellen, betont Dickerhoff. «Märchen enthalten uralte Bilder. In denen kann sich jeder wiederfinden.»
Der Text ist entnommen aus:
http://www.teachersnews.net/te68/index.nsf/url/8DF1E6180421EA8AC125726F002EFA29?OpenDocument