Главная страница «Первого сентября»Главная страница журнала «Немецкий язык»Содержание №9/2007

Literatur

Wulf Kirsten: Die Schlacht bei Kesselsdorf

(Fortsetzung aus Nr. 08/2007)

Die Kavalleristenzelte, in denen nur fünf Soldaten lagen, endeten in einer Apsis, dem Schopf, der als Sattelkammer diente. Die Pferde wurden vor den Zelten angepflöckt. Schon der Gedanke, unter die steifgefrorenen Planen kriechen zu müssen, machte das Blut grieseln. Die dünne Strohschicht hielt die Kälte nicht ab, die aus dem Erdboden stieg.

Die Truppen lagerten auf einer kahlen, leicht gewellten Hochfläche, die keinerlei Schutz vor der rauhen Witterung bot. Aber das Lager hatte seine eigenen Gesetze und genauen Maße. Die gesamte Armee mußte in dem Geviert überschaubar sein. Fouriere und Fourierschützen zeichneten die Grundrisse und steckten die Begrenzung ab. Jeder Griff beim Auf- und Abbau der Zelte war hundertfach exerziert worden. Die Schlafgemeinschaften waren aufeinander eingespielt. Decke falten, Pflöcke ziehen, Zelte falten, Decke in das Zelt wickeln, den Packen samt Spannstangen aufs Pferd binden – all dies erfolgte im Gleichmaß nach Kommando. Jede Handbewegung der noch schlaftrunkenen und froststarren Körper war automatisiert, anders wäre es nicht möglich gewesen, in fünfzehn Minuten abmarschbereit zu stehen. Nicht eine Sekunde durfte einer nachhinken in diesem perfekten Räderwerk.

Nur der Fürst hatte mit wenigen Begleitern sein Nachtquartier auf einem Bauernhofe des dem Biwak vorgelagerten Dorfes genommen. Die Öllaterne des Vorreiters bahnte eine kümmerliche Lichtschneise. Von Tag zu Tag war der König in seinen depeschierten Anweisungen unbeherrschter und ungnädiger geworden. Viel zu langsam sei er vorgerückt. Statt über Grimma, wie die Order lautete, hatte er die Truppen über Torgau marschieren lassen, in der Hoffnung, in der Festung ausreichend Proviant vorzufinden. Aber das war ganz offensichtlich ein unsinniger Umweg, auf dem nur kostbare Tage verloren gingen. Die eigenwillige und eigenmächtige Auslegung der anbefohlenen Marschroute hatte den König konsterniert und echauffiert. Die von Kurieren mündlich und schriftlich überbrachten Befehle ließen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Die Gereiztheit hatte sich zu einem giftigen Zorn gesteigert, der keine Grenzen mehr kannte.

Nach den Siegen von Hohenfriedberg und Soor glaubte der König den Krieg für sich entschieden zu haben. Wären die Sachsen nicht gänzlich mit Blindheit geschlagen, nähmen sie den Frieden an. Sie bekämen ihn sogar billig. Aber kaum war der König aus Schlesien, wo sein Heer sich anschickte, Winterquartier zu beziehen, zurückgekehrt, als er von einem geplanten Überraschungsangriff zu unvermuteter, weil ungewöhnlicher Jahreszeit der Österreicher und Sachsen Wind bekam.

Der Kriegsrat in Dresden unter Vorsitz des hinfälligen Herzogs von Sachsen-Weißenfels hatte einen Vorstoß auf Berlin beschlossen, der gewissermaßen im gestreckten Galopp vorgetragen werden sollte. Ein Reiterkunststück, von dem man sich großen Effekt versprach. Aber der schwedische Gesandte hatte die Schwachheit, in Berlin aus der Diplomatenschule zu plaudern. Die beiden preußischen Armeen lebten bereits in der wohlbegründeten Annahme, für dieses Jahr sei der Krieg überstanden. Ein Korps der österreichischen Rheinarmee rückte in Eilmärschen auf Berlin, während die Hauptmacht zum Marsch nach Leipzig rüstete, wo sie die preußische Armee, die der Fürst von Anhalt führte, schlagen zu können glaubte.

Der König hoffte nun, seinen Feinden, die ihn überrumpeln und niederdrücken wollten, durch einen geschickten Schachzug zuvorzukommen. Er mußte den Spieß einfach umdrehen. Eine andere Wahl blieb ihm nicht. Deshalb drang er unablässig und mit allem Nachdruck auf Prestissimo. Seine bei Leipzig stehenden Truppen mußten das sächsische Heer angreifen, ehe es sich mit den Österreichern vereinen konnte, und über das Gebirge nach Böhmen jagen. In dieser Situation, wo Sieg oder Niederlage unter Umständen von einer Kleinigkeit entschieden wurde, brachte ihn das Verhalten des alten Heerführers in Harnisch. Welch ein Ausbund an Halsstarrigkeit und Bockbeinigkeit! Wie konnte ihn sein Heerführer so gründlich mißverstehen? Als Drillmeister hatte der alte Haudegen wohl seine Meriten. Taktik hingegen war seine starke Seite nicht. Ganz zu schweigen von den Methoden moderner Aufklärung, wie er sie eingeführt hatte.

Der Fürst fühlte sich im Recht. Gallig kamen ihm die fortwährenden Zurechtweisungen hoch. Das ging entschieden gegen seine Ehre. Klang das nicht, als sollte er zum Hundsfott erklärt werden. Reinweg hassen mußte ihn dieser König. Es fehlte nicht viel, und der Fürst hätte mitten in diesem vermaledeiten Winterfeldzug seinen Abschied genommen, wie so manch anderer Befehlshaber in den letzten Jahren, den der junge König mit seiner Barschheit vor den Kopf gestoßen hatte. Die Absichten des alten Heerführers kamen denen des Königs ganz entgegen, hätte dieser ihn doch am liebsten zum Teufel gejagt in seiner Fuchtigkeit. Die Animositäten wuchsen auf beiden Seiten. Das Maß schien voll, als ihn der König ganz ohne allen Bonton wissen ließ:

«Ich bin extrem frappiret worden als ich aus Ew. Liebden Schreiben vom 7. dieses erfahren habe, wie Dieselben den Sinn meiner ordre vom 4. dieses so genommen haben, als ob sie über die Elbe diesseits gehen und auf dieser seyte zum General Lehwalden stoßen solten. Ich muß Ew. Liebden sagen, daß Ich Dero bisherige operationes nicht approbiren kann, weil solche so langsam gehen, und wo was im Stande wäre, Mich hier in Unglück zu bringen, so wäre es gewiß Ew. Liebden Saumseligkeit. Hier seyndt zehn dergleichen Schlößer mit Land Militz besetzet, welche wir alle liegen laßen, und uns nicht daran kehren. Es ist mir nicht in den Sinn gekommen, daß Ew. Liebden über die Elbe kommen solten, ich weiß auch nicht wie Ew. Liebden in die Gedanken kommen können, daß sie über die Elbe dießeits kommen wolten, wenn diesselbe dießeits vorgehen so wäre solches eben soviel als mir hier das Messer an die Kehle gesetzet. Ich begreife auch nicht, wie Ew. Liebden dießeits der Elbe Meißen nehmen wollen, da dieser Ort jenseit der Elbe liegt, noch weniger begreife Ich, wo Ew. Liebden dan diesseits der Elbe weiter hin wollen. Ich schicke daher Ew. Liebden den Capitain von Oelsnitz hin damit derselbe einmahl auf eine convenable arth und nach Meiner Intention agiren möge; ich kan nicht leugnen, das ich gar übel von Ihr Durchl. Manoeuvres zufriden bin, sie gehen So langsam, als wen Sie sich vohrgenommen häten, Mich aus Meiner avantage zu setzen, und weilln diese Sachen ernsthaft Seindt, So Rathe ihnen als ein guhter Freundt, Solche mit Mehrer wigeur zu tractiren, meine ordres ponctueler zu exsecutiren Sonsten Sehe Mihr gezwungen zu exstremiteten zu Schreiten die ich gerne evitiren wolte. ich weiß auch das ich mihr alle Mahl So deutlich exsplicire das sein tage kein officir von meiner armée geklaget hat, das er mihr nicht verstünde und ist mein Velt Marschal der eintzige, der Meine deutliche befehle nicht verstehen kan oder verstehen wil, ich kan es nicht begreifen und ich bin in dem großen Misvergnügen dan Sie bringen Mihr um Ehre und reputation.»

Fortsetzung folgt


Ap|sis, die; -, Apsiden [1: (spät)lat. apsis (Gen.: absidis); hapsis < griech. (ionisch) apsís = Gefüge; Masche eines Netzes, zu: háptein = (an)knüpfen]: 1. (Archit.) über einem halbkreisförmigen, oft auch vieleckigen Grundriss errichteter, mit einer Halbkuppel überwölbter Raum, der einen Hauptraum, meist einen Kirchenraum, abschließt: eine halbrunde A. 2. [halbrunde] Nische im Zelt zur Aufnahme von Gepäck u.ÿÄ.

Pla|ne, die; -, -n [ostmd. Nebenf. von Blahe]: [große] Decke aus festem, Wasser abweisendem Material, die zum Schutz [von offenen Booten, Lastkraftwagen o.ÿÄ.] gegen Witterungseinflüsse verwendet wird: etw. mit einer P. abdecken.

grie|seln (nordd. für erschauern [vor Kälte usw.]); mich grieselt.

Ge|viert, das; -[e]s, -e: 1. Viereck, Quadrat; durch etw. begrenzter viereckiger Platz, Raum: das G. eines Gefängnishofes; ein G. von Baracken; ein Garten von ein paar hundert Metern im G. 2. (Druckerspr.) Quadrat.

Rä|der|werk, das: Gesamtheit der ineinandergreifenden Räder in einer Maschine, in einem Getriebe o.ÿÄ.: das R. einer Uhr; Ü (oft abwertend:) das R. der Justiz, Behörden.

Schnei|se, die; -, -n [spätmhd. (md.) sneyße, mhd. sneite, zu schneiden]: 1. (künstlich geschaffener) gerader, einen Wald zerteilender Streifen von Bäumen u. Sträuchern befreiten Geländes; Waldschneise: eine S. [in den Wald] schlagen; Ü der Sturm, das abstürzende Flugzeug hatte eine lange S. in den Wald gerissen. 2. kurz für Flugschneise.

kon|ster|nie|ren <sw.ÿV.; hat> [frz. consterner < lat. consternareÿ= außer Fassung bringen] (bildungsspr.): konsterniert, bestürzt, fassungslos machen: jmdn. k.; diese Frage konsterniert mich.

hin|fäl|lig <Adj.> [spätmhd. hinfelligÿ= vergänglich; gehaltlos, mhd. hinvellicÿ= hinfallend, sterbend]: 1. durch die mannigfachen Beschwerden des Alters geschwächt; gebrechlich, [alters]schwach, schwächlich: ein -er Greis; h. werden. 2. gegenstandslos, ungültig: die Pläne sind nunmehr h.

über|rum|peln <sw. V.; hat>: jmdn., der völlig unvorbereitet ist, mit etw. überraschen, sodass er sich nicht wehren od. nicht ausweichen kann: den Gegner ü.; lass dich von dem Vertreter bloß nicht ü.; er hat sie mit seiner Frage, seiner Einladung überrumpelt.

un|ab|läs|sig <Adj.>: nicht von etw. ablassend; ohne Unterbrechung; unausgesetzt: eine -e Wiederholung; sie kramte u. in ihrer Tasche; er beobachtete mich, redete u.

Har|nisch, der; -s, -e [mhd. harnaschÿ= Harnisch, kriegerische Ausrüstung < afrz. harnais, H.ÿu.]: Ritterrüstung: den H. anlegen; *in H. sein (zornig sein; eigtl.ÿ= die Rüstung anhaben u. daher zum Kampf bereit sein); jmdn. in H. bringen (jmdn. so reizen, dass er zornig, wütend wird); in H. geraten/(seltener:) kommen (im Verlauf eines Ereignisses wütend, zornig werden).

Aus|bund, der; -[e]s [urspr. Kaufmannsspr., eigtl. = das an einer Ware nach außen Gebundene, d.ÿh. das beste Stück als Schaustück] (oft abwertend od. iron.): Muster, Inbegriff: sie ist ein A. an/von Klugheit, Tugend, Bosheit.

Me|ri|tum, das; -s, ...iten <meist Pl.> [frz. mérite < lat. meritum, zu: mereriÿ= sich verdient machen] (geh.): [erworbenes] Verdienst: seine Meriten haben.

ver|ma|le|dei|en <sw. V.; hat> [mhd. vermal(e)dien, zu maledeien] (veraltend): verfluchen, verwünschen: jmdn. v.; <meist im 2. Part.> (ugs.) dieses vermaledeite Auto springt wieder nicht an.

Barsch|heit, die; -, -en: a) <o.Pl.> barsches Wesen, Unfreundlichkeit; b) barsche Äußerung. barsch <Adj.> [aus dem Niederd. < mniederd. barsch = scharf, streng (von Geschmack), urspr. = scharf, spitz]: mit heftiger oder unfreundlicher Stimme kurz und knapp [gesagt]; brüsk: -e Worte; b. antworten; jmdn. b. abweisen.

fuch|tig <Adj.>: durch etw. aufgebracht, zornig: sie wurde richtig f.

Ani|mo|si|tät, die; -, -en [lat. animositas] (geh.): a) feindselige Einstellung: eine A. gegen jmdn., etw. haben; b) feindselige Äußerung: in der Zeitung standen ein paar -en gegen den Kandidaten.

frap|pie|ren <sw.ÿV.; hat> [frz. frapper, eigtl.ÿ= schlagen, treffen, wohl aus dem Germ.] (bildungsspr.): 1. in Erstaunen versetzen, sehr überraschen: ihr Kommentar frappierte; <häufig im 1.ÿPart.:> mit frappierender Genauigkeit; der Schluss ist frappierend. 2. (Fachspr.) (Sekt, Wein) durch drehende Bewegung der Flasche in Eis kühlen.

Ew. [Abk. von frühnhd. ewer, mhd. iuwer] = Euer, Eure (in Titeln, z. B. Ew. Majestät).

Lieb|den, die; - (veraltet ehrende Anrede an Adlige); Euer -.

saum|se|lig <Adj.> [mhd. sumeselic] (geh.): bei der Ausführung von etw. recht langsam, sich Zeit lassend: ein -er Mensch; er ist, arbeitet sehr s.

Aus: Wulf Kirsten: Die Schlacht bei Kesselsdorf. Ein Bericht. Aufbau-Verlag, Berlin und Weimar 1984. S. 7–17.