Главная страница «Первого сентября»Главная страница журнала «Немецкий язык»Содержание №10/2007

Sonderthema

Die Ehe der Maria Braun (1978)

Maria und Hermann Braun hatten 1943 geheiratet; einen halben Tag und eine halbe Nacht konnten sie gemeinsam verbringen, dann musste der Mann zurück an die Ostfront. Nach Kriegsende sucht Maria unter den ankommenden Heimkehrern vergeblich nach Hermann; gleichzeitig beginnt sie, ihr Leben besser zu organisieren, betätigt sich auf dem Schwarzmarkt und nimmt einen Job in einem Club für amerikanische Besatzungssoldaten an. Vom heimkehrenden Willi erhält sie die Nachricht, dass Hermann an der Front gefallen sei. Im US-Club freundet sie sich mit dem Neger Bill an, sie lernt Englisch, erhält Geschenke und wird schwanger. Eines Abends, als sie mit Bill im Bett liegt, steht Hermann in der Tür; er ohrfeigt Maria, Bill fällt ihm in den Arm. Maria ist Hermanns Situation unerträglich, sie schlägt Bill eine Flasche über den Kopf. Vor Gericht nimmt Hermann die Schuld am Tod des US-Soldaten auf sich und wird zu mehreren Jahren Gefängnis verurteilt. Maria will für ihn leben und für eine gemeinsame Zukunft arbeiten. Das Kind von Bill hat sie bereits verloren, als sie den Industriellen Oswald kennenlernt; aus der Emigration zurückgekehrt wird er seine von den Nazis enteignete Textilfabrik wieder übernehmen. Maria wird seine Assistentin und Geliebte. Oswald erfährt von Hermanns Existenz und schließt mit ihm einen Pakt. Maria avanciert zur erfolgreichen Geschäftsfrau. Als Hermann vorzeitig entlassen wird, verschwindet er ins Ausland – mit der Begründung, er wolle sich vor seiner Heimkehr eine eigene Existenz aufbauen. Als Oswald stirbt, kehrt Hermann zurück. Eine Notarin eröffnet dem Ehepaar, dass sie beide gemeinsam das Vermögen des Industriellen erben werden. Aber Hermann und Maria kommen bei einer Gasexplosion in ihrem Haus ums Leben – am Tag des Endspiels der Fußballweltmeisterschaft 1954. Aus dem Radio, das in dem zerstörten Haus noch läuft, hört man: «Deutschland ist Weltmeister!»

Fassbinder erzählt zielstrebig, reich an Motiven und Stimmungen, eine große Chronik der Ära Adenauer, der Phase des Wiederaufbaues und der Anfänge des Wirtschaftswunders; dazu gehört auch – wenngleich mit einiger Ironie eingesetzt und kontrastiert, der Sieg der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in der Schweiz 1954: der Augenblick eines wiedergewonnenen nationalen Selbstbewusstseins. Fassbinder lässt dem Finale seiner Geschichte noch eine kleine Foto-Montage folgen, mit Porträts der Bundeskanzler Adenauer, Erhard, Kiesinger (im Negativ!) und Schmidt (aus dem Negativ ins Positive überblendet); Willy Brandt fehlt in dieser Reihe, als wolle ihn der Regisseur ausnehmen aus dieser Kontinuität und würde ihn als untypisch sehen für eine Entwicklung in diesem Staat, der Fassbinder sehr skeptisch gegenüberstand.

Bezeichnend für diese Skepsis ist auch der Schluss seiner Geschichte: Ob die Gasexplosion in Maria Brauns Haus auf einen leichtsinnig verursachten Unfall zurückgeht oder auf bewusste Selbstmord-Absicht, bleibt offen – es spielt für den katastrophalen Ausgang auch keine Rolle; aber Fassbinder sieht die Katastrophe auch als symptomatisch für die Entwicklung der Bundesrepublik. Während der Staat gleichsam Karriere macht und das wirtschaftliche Leben zu blühen beginnt, verlaufen die privaten Biografien kontrapunktisch. Finanziell sind Maria und Hermann am Ende weit oben angelangt, persönlich aber stehen sie vor einem Tiefpunkt, weil sie einsehen müssten, dass sie eine zu große Zeit ihres Lebens buchstäblich verkauft haben.

Der Text ist entnommen aus:
http://www.deutsches-filmhaus.de/filme_einzeln/f_einzeln/fassbinder/fassbinder_c_e/ehe_der_maria_braun_die.htm