Sonderthema
Friedrich I. Barbarossa
Nach den Gesetzen des Wahlkönigtums (eingeführt im Jahre 1125 mit der Wahl Lothars III., da ein neues Königshaus begründet werden musste) war dieser aber noch nicht mündig und damit nicht wählbar. In den letzten Tagen vor seinem Tod musste daher Konrad III. dem Fürstenrat seinen Neffen Friedrich I. zur Wahl zum neuen König vorschlagen, wollte er weiterhin einen Vertreter der Staufer an der Spitze des Reiches sehen.
Nur drei Wochen nach dem Tod Konrads III. wurde die Wahlversammlung nach Frankfurt einberufen, die Friedrich I. nach kurzer Beratung am 4. März 1152 einstimmig zum neuen König wählte. Am 9. März 1152 wurde er dann zum König gekrönt.
Friedrich sah das König- bzw. Kaisertum als unmittelbare Gabe Gottes an sowie als Verpflichtung, Macht und Ansehen des Reiches wiederherzustellen und die Stellung des Kaisers im Reich zu festigen.
Friedrich gelang es, die von den Fürsten aufgrund seiner staufisch-welfischen Herkunft in ihn gesetzten Hoffnungen auf eine Beendigung des Konflikts zwischen Staufern und Welfen, der seit der Königswahl Lothars III. 1125 andauerte, zu erfüllen: Noch im Jahr seiner Wahl verkündete er gemäß seines Leitspruchs «pax et justitia» (Frieden und Gerechtigkeit) auf dem Würzburger Reichstag einen Landfrieden und erreichte einen ersten Ausgleich zwischen dem Welfen Heinrich dem Löwen, dem Herzog von Sachsen, und dem Markgrafen von Brandenburg, Albrecht dem Bären.
1154 legte er den staufisch-welfischen Konflikt vorläufig bei, indem er Heinrich dem Löwen zusätzlich zum Herzogtum Sachsen noch das Herzogtum Bayern verlieh. Heinrich der Löwe war zu dieser Zeit der stärkste Vertreter des Geschlechts der Welfen und beanspruchte ganz offen neben seinem Stammlehen Sachsen auch noch das Herzogtum Bayern. Dessen Herrscher aber, Heinrich Jasomirgott von Babenberg, zeigte verständlicherweise kein Interesse an einer Änderung der bestehenden Verhältnisse und blieb so auch trotz dreimaliger Ladung zum Reichstag zu Goslar 1154 diesem fern. Daraufhin wurde ihm sein Lehen abgesprochen und ein Jahr später Heinrich der Löwe damit belehnt.
Die endgültige Lösung dieser Probleme ergab sich 1156, als sich Heinrich Jasomirgott dazu bereit erklärte, seine Ansprüche auf Bayern aufzugeben. Daraufhin wurde die Mark Österreich aus Bayern herausgelöst und ihm zusammen mit seiner Gemahlin als herzögliches Lehen zugesprochen. Barbarossa sprach Heinrich Jasomirgott zusätzlich einige Sonderrechte zu: So galt fortan im Herzogtum Österreich sowohl männliche als auch die weibliche Nachfolge; sollte das Herrscherpaar kinderlos bleiben, so konnte es dem König einen Nachfolger vorschlagen. Innerhalb Österreichs galt die Gerichtsbarkeit nur mit Zustimmung des Herzogs. Außerdem musste das Herzogtum nur dann Truppen stellen, wenn die Heerzüge des Königs in die angrenzenden Gebiete führten. Diese als «Privilegium minus» bezeichneten Sonderrechte veranlassten letzten Endes die Zustimmung Heinrich Jasomirgotts. Die so herbeigeführte Befriedigung der Bedürfnisse beider Parteien brachte dem König die Loyalität zweier wichtiger Fürsten des Reiches ein und legte den Welfen-Staufer-Konflikt für etwa 20 Jahre bei.
Zweites wichtiges Ziel Friedrichs neben der Wiederherstellung des Friedens und der Stärkung der Königsmacht in Deutschland war die Durchsetzung des Kaisertums in Reichsitalien. 1153 einigte er sich mit Papst Eugen III. im Konstanzer Vertrag auf eine gemeinsame Politik gegen Byzantiner und Normannen in Italien. 1154 unternahm Friedrich seinen ersten Italienzug, und 1155 krönte ihn Eugens Nachfolger, Papst Hadrian IV., zum Kaiser.
Wenig später kam es zum Bruch mit dem Papsttum: Papst Hadrian gab dem Kaiser zu verstehen, dass das Reich ein Lehen der römischen Kirche sei; auf dem Reichstag zu Besançon 1157 aber weigerte sich Friedrich, das Reich als päpstliches Lehen anzuerkennen, und verteidigte die Gleichrangigkeit von Kaiser und Papst. Als Manifestation dieser Gleichrangigkeit tauchte jetzt auch erstmals der Begriff «Sacrum Imperium» (Heiliges Reich) auf. Der Papst suchte daraufhin Unterstützung bei den Normannen.
1158 zog sich Friedrich auch noch die Gegnerschaft der lombardischen Städte zu, als er mit Hilfe der Ronkalischen Beschlüsse, die angeblich auf alte kaiserliche Rechte zurückgriffen, die Reichshoheit in Italien wiederherstellen wollte: Die Städte sollten all seine kaiserlichen Rechte anerkennen, einschließlich des Rechtes auf Ernennung der kaiserlichen Amtsträger, der Podestas. Gegen diese Beschneidung ihrer Autonomie setzten sich Städte wie Mailand, Piacenza, Brescia und Cremona zur Wehr; unterstützt wurden sie vom Papsttum.
Zwischen 1158 und 1168 unternahm Friedrich drei Italienzüge (1158, 1163, 1166–1168), nicht nur gegen die lombardischen Städte, sondern auch, um das Schisma (Spaltung der kirchlichen Einheit) zwischen Papst Alexander III., einem Gegner Friedrichs, und verschiedenen von Friedrich eingesetzten Gegenpäpsten zu beenden. 1158 eroberte Friedrich Mailand, unterwarf die Stadt und ihre Verbündeten, ließ die Stadt 1162 nach einem Aufstand völlig zerstören und setzte seine kaiserliche Oberhoheit durch. 1166/67 eroberte Friedrich ganz Norditalien und Rom; aber eine plötzlich in seinem Heer ausbrechende Malariaseuche zwang ihn unter großen Verlusten zum überstürzten Rückzug, noch bevor er seine Oberhoheit in Italien vollständig hatte wiederherstellen können.
1167 schlossen sich die oberitalienischen Städte Mailand, Parma, Padua, Verona, Piacenza, Bologna, Cremona, Mantua, Bergamo und Brescia zum Lombardenbund zusammen; der Bund nahm Partei für Papst Alexander und gegen Friedrich I. und die Ronkalischen Beschlüsse. In den folgenden Jahren baute der Bund seine militärische Stärke aus, hob Mailand wieder aus den Ruinen, errichtete die Festungsstadt Alexandria und gab sich ein föderalistisches Verwaltungssystem.
Friedrichs nächster Zug nach Italien (1174–1176) begann mit Erfolgen und endete mit der Niederlage bei Legnano gegen den Lombardenbund. Das Aufeinandertreffen der beiden Heere, des kaiserlichen und des lombardischen, war in militärhistorischer Hinsicht bedeutsam, da zum ersten Mal in einer großen Schlacht Fußtruppen über ein Ritterheer triumphierten. Zwar nicht entscheidend geschlagen, war Friedrich jetzt aber doch zu Verhandlungen bereit und schloss 1177 mit Papst Alexander III. in Venedig einen Sonderfrieden. 1183 kam es schließlich im Frieden von Konstanz auch zu einer Einigung mit dem Lombardenbund: Friedrich musste die Ronkalischen Beschlüsse zurücknehmen, die Städte verblieben jedoch formell im Lehensverband des Reiches.
In Italien war Friedrichs Kaisertum seit Legnano entscheidend geschwächt; im Norden dagegen hatte Friedrich seine Macht konsolidieren können: Er brachte Polen unter die Lehenshoheit des Reiches und erhob Böhmen zu einem Königreich. Er baute zielstrebig die staufische Hausmacht aus und suchte die Königsmacht u. a. durch Städtegründungen zu festigen; in der Verwaltung stützte er sich in erster Linie auf die Ministerialen. Außerdem ließ er sich 1178 zum König von Burgund krönen, nachdem er bereits 1156 Beatrix, die Erbin der Pfalzgrafschaft Burgund, geheiratet hatte.
1178 bis 1181 enthob er Heinrich den Löwen, der ihm zu mächtig geworden war, ihm außerdem auf dem Italienzug von 1176 die Unterstützung verweigert und damit zu seiner Niederlage von Legnano beigetragen hatte, in zwei lehnsrechtlichen Prozessen all seiner Lehen und beschränkte ihn auf sein braunschweigisches Hausgut.
Wie auch Barbarossa hatte Heinrich der Löwe im Reich lange Zeit über seinen Landbesitz ausgebaut, vor allem in Ostsachsen. Doch die sächsischen Adligen waren damit keinesfalls einverstanden und reichten Klage ein. Barbarossa gab seine bis dahin erfolgte Gutheißung des Welfenhauses auf und akzeptierte die Klage. Es wurden zwei Verfahren geführt. Das erste, das landrechtliche, klagte Heinrich den Löwen der unrechtmäßigen Aneignung von Land in Sachsen an. Er missachtete drei Vorladungen vor Gericht und wurde dementsprechend für schuldig erklärt. Über ihn wurde die Reichsacht gesprochen. Darauf folgte das zweite Verfahren, das lehnsrechtliche. Hierin wurde er zudem der Missachtung der kaiserlichen Majestät angeklagt, da er dem Verfahren ferngeblieben war. Auch hier trat er trotz dreimaliger Ladung nicht auf und wurde daraufhin von einem Fürstengericht für schuldig gesprochen. Ihm wurden seine Lehen entzogen und die Oberacht über ihn verhängt, also die völlige Recht- und Ehrlosigkeit.
Barbarossa vergab Bayern schließlich neu an die Wittelsbacher. Sachsen wurde hierbei geteilt und Westfalen an den Kölner Erzbischof, das übrige Sachsen Bernhard von Anhalt zugesprochen. Nun brach der totale Reichskrieg gegen Heinrich den Löwen aus, in dessen Folge viele Gefolgsleute des Löwen vor dem Heer Barbarossas kapitulieren mussten oder gar freiwillig von den Welfen abfielen. Schließlich gab Heinrich der Löwe auf und unterwarf sich 1181 auf dem Reichtstag in der Erfurter Peterskirche auf dem Petersberg. Er verzichtete auf seine Lehen, wofür er im Gegenzug sein Eigengut Braunschweig und Lüneburg zurückerhielt. Er musste in die Verbannung zu seinem Schwiegervater, dem englischen König, gehen.
Durch diese Neuaufteilungen entstanden viele neue Lehen, die von einer Generation junger Fürsten, die ihre Lehen direkt vom Kaiser empfingen, beherrscht wurden. Diese neue Generation sollte in der Zukunft beherrschend werden und löste so die alte Herrschergeneration der großen Herzogsfamilien weitestgehend ab. Wahrer Sieger des Konfliktes zwischen Staufern und Welfen waren also diese «neuen» Fürsten. Aber auch Barbarossa wurde durch den Sieg über Heinrich den Löwen zu seinem Machthöhepunkt geführt.
Die 1183 erfolgte Eheschließung seines Sohnes Heinrich VI. mit der normannischen Königstochter Konstanze, der Erbin von Sizilien, läutete zudem eine neue Ära der Verständigung mit den Normannen ein und brachte so auch Süditalien den Frieden.
1184 ließ Friedrich seinen Sohn als Heinrich VI. zum König wählen und machte ihn zum Mitregenten.
1189 brach Friedrich zum Kreuzzug nach Kleinasien auf. Nach zwei großen Siegen über die Muslime bei Philomelion (heute Aksehir) und Ikonion (heute Konya) ertrank Friedrich am 10. Juni 1190 beim Baden im Fluss Saleph (heute Göksu in der Türkei).
Friedrich I. war neben Karl dem Großen der volkstümlichste Kaiser des deutschen Mittelalters; bereits seine Zeitgenossen sahen in ihm den Erneuerer des Reiches und die Verkörperung der ritterlichen Ideale.
Friedrich I. Barbarossa
Zeittafel
ca. 1122 Friedrich I. Barbarossa als Sohn Friedrichs II. von Hohenstaufen und Judith, der Tochter des Welfenherzogs Heinrich I. von Bayern geboren. 1130/31 Tod der Mutter Judith.
1147 Der 25-jährige Friedrich zieht mit seinem Onkel König Konrad III. auf den 2. Kreuzzug mit.
ca. 1148 Friedrich heiratet Adelheid von Vohburg (1156 Ehe annulliert).
15.02.1152 König Konrad III. stirbt.
04.03.1152 Friedrich einstimmig zum König gewählt.
März 1153 Im Vertrag von Konstanz werden zwischen Friedrich und Papst Eugen III. (1145–1153) die Rechte und Pflichten zwischen Kaiser und Papst neu geregelt. Friedrich Barbarossa verpflichtet sich, die Rechte des Papstes zu schützen, ihn mit Waffen gegen Byzanz und die Römer zu unterstützen. Dafür verspricht der Papst, Friedrich Barbarossa zum Kaiser zu krönen und die deutsche Kirche von den Kräften zu reinigen, die gegen den Kaiser eingestellt sind.
Oktober 1154 Friedrich bricht zum ersten Heerzug nach Italien auf.
Dezember 1154 Reichstag auf den Ronkalischen Feldern.
17.04.1155 Friedrich in Pavia zum König der Lombarden gekrönt.
18.06.1155 Friedrich von Hadrian IV. zum Kaiser gekrönt. Schlägerei mit Bevölkerung Roms, schneller Abzug und Heimkehr nach Deutschland.
Juni 1156 Friedrich I. heiratet in zweiter Ehe in Würzburg die burgundische Prinzessin Beatrix.
September 1156 Auf dem Reichstag zu Regensburg wird Bayern feierlich an Heinrich den Löwen und Österreich an Heinrich Jasomirgott übergeben.
Juni 1158 Von Augsburg aus Aufbruch zum 2. Italienzug (bis 1162).
1167 Der 3. Italienzug. Friedrich I. vor Rom, die Stadt wird in wenigen Stunden eingenommen. Papst Alexander flieht. Ausbruch einer verheerenden Seuche, der Tausende zum Opfer fallen.
August 1167 Aufruhr in den lombardischen Städten. Der Feldzug endet mit einem Fiasko.
März 1168 Kaiser Friedrich I. flieht verkleidet aus Italien nach Deutschland. Nach der Katastrophe dieses Italienzuges bleibt der Kaiser sechs Jahre lang in Deutschland. Er baut seine Hausmacht durch Gebietserweiterungen aus, fördert den Burgenbau und den Ausbau einer Beamtenschaft, betreibt den Übergang von der Naturalwirtschaft zur verstärkten Geldwirtschaft.
Juli 1169 Um die Nachfolge zu sichern, lässt Friedrich Barbarossa seinen erst 3-jährigen zweiten Sohn Heinrich einstimmig von den Fürsten zum König wählen.
September 1174 Friedrich I. bricht zum fünften Italienzug auf (bis 1178).
Herbst 1175 In Oberitalien brechen neue Kämpfe aus, der Kaiser fordert Hilfskräfte aus Deutschland an.
Mai 1176 Mit einem kleinen Heer geht Barbarossa in die Schlacht von Legnano und wird besiegt. Daraufhin Verhandlungen mit den lombardischen Städten und Papst Alexander.
November 1176 Papst Alexander und Friedrich I. söhnen sich aus. Der Kaiser ist bereit, Alexander als rechtmäßigen Papst anzuerkennen.
Sommer 1178 Der Kaiser lässt sich in Arles zum König von Burgund krönen.
Januar 1180 Auf dem Reichstag zu Würzburg werden Heinrich dem Löwen durch Spruch der Reichsfürsten beide Herzogtümer aberkannt.
Mai 1180 Bayern wird aufgeteilt. Beginn der Herrschaft der Wittelsbacher. Anhaltende Kämpfe Heinrichs des Löwen, Abfall der Fürsten von Heinrich dem Löwen.
November 1181 Der Reichstag zu Erfurt entscheidet, dass Heinrich der Löwe die Stammgüter Braunschweig und Lüneburg zurückerhält, aber nicht die Reichslehen. Er muss sich verpflichten, für mindestens drei Jahre ins Exil zu gehen.
Juli 1182 Heinrich der Löwe geht an den englischen Hof ins Exil. Er stirbt in Braunschweig am 6. August 1195.
25.6.1183 Konstanzer Friedensvertrag zwischen Kaiser und den lombardischen Städten. Barbarossa verzichtet auf die Durchführung der Ronkalischen Beschlüsse.
September 1184 Sechster und letzter Italienzug.
Anfang 1185 Friedrich Barbarossa versöhnt sich mit Mailand.
Juni 1186 Friedrich I. beendet seinen sechsten Italienzug.
Oktober 1187 Sultan Saladin erobert Jerusalem, das fast 100 Jahre in christlicher Hand war.
11.5.1189 Von Regensburg aus Aufbruch zum 3. Kreuzzug.
10.6.1190 Friedrich Barbarossa ertrinkt in Kleinasien im Fluss Saleph.
Der Text ist entnommen aus:
http://www.erfurt-web.de/Barbarossa