Главная страница «Первого сентября»Главная страница журнала «Немецкий язык»Содержание №12/2007

Literatur

Robert Gernhardt: Gedichte

ERMUNTERUNG

Hallo, süße Kleine,
komm mit mir ins Reine!

Hier im Reinen ist es schön,
viel schöner, als im Schmutz zu stehn.

Hier gibt es lauter reine Sachen,
die können wir jetzt schmutzig machen.

Schmutz kann man nicht beschmutzen,
laß uns die Reinheit nutzen,

Sie derart zu verdrecken,
das Bettchen und die Decken,

Die Laken und die Kissen,
daß alle Leute wissen:

Wir haben alles vollgesaut
und sind jetzt Bräutigam und Braut.

ZWEI TISCHE WEITER

Wer ist der Herr,
der rund und satt
da diese schöne
Dame hat?

Ich kann ihn nur
von hinten sehn.
Dem tut die schöne
Dame schön?

Sein Haar so grau,
sein Leib so dick –
die Dame wendet
keinen Blick.

Sie schaut ihn
innig an und lacht.
Ich frage mich,
wie der das macht.

Der Blick der Dame
hängt am Herrn,
der Herr da drüben
wär ich gern.

So dick wie er
und so ergraut,
so oh! belacht,
so ach! beschaut.

SCHÖNE FRAUN

Schöne Fraun, die haben immer recht.
Sie mögen zwar böse sein, doch sie sind nie
schlecht.

(Schöne Fraun und schlecht –
das wäre ja noch schöner!)

Schöne Fraun, die tun nicht immer gut.
Jedoch allein ihr Anblick! Wie gut der tut!

(Es gibt nichts Schöneres
als den Anblick schöner Fraun!)

Schöne Fraun, die sind das Schönste auf der
Welt.
Und wir Männer sind der Mond, der den Hund
anbellt.
(Daß sie uns auch noch den allerletzten Rest
Verstand
rauben, das ist das Allerschönste an schönen
Fraun!)

Schöne Fraun! Wer möchte sie nicht immer sehn!
Doch bleiben schöne Fraun gottlob nicht immer schön.

(Dann wird man endlich auch drei, vier Worte über
den Charakter dieser Biester verlieren können.
Bis dahin aber heißt es:)

Schöne Fraun etc.

ALS SICH DIE PARTY AUFLÖSTE

Arr ju launsam tuneit?
Yes, I’m lonesome tonight.

Will ju hauld mi tuneit?
Yes, I will hold you tonight.

Schell ei order as ä texi?
Oh yes, order us a taxi.

Schell wi gau tu ju orr tu mi?
Well, lets go to your place.

Batt wi kännt gau tu mi, eim merriet.
Good God! You should have told me earlier.

Ei treit tu. Batt epperentli
jorr Inglisch is verri pur!

Did you say: My English?
Nau. Ei sed: Jorr Inglisch.

My English? I really don’t understand –
Wei daunt ju trei tu lörn Inglisch?

(Fortsetzung folgt)


Robert Gernhardt

(* 13. Dezember 1937 in Tallinn, Estland)
ist ein deutscher Schriftsteller, Lyriker, Essayist, Zeichner und Maler. Zu Beginn seiner Laufbahn verwendete Gernhardt gelegentlich die Pseudonyme Lützel Jeman und Norbert Gamsbart.
Gernhardt wurde 1937 als Sohn eines Richters in Tallinn geboren. Die Familie siedelte 1939 nach Posen über. 1945 fiel der Vater, die Mutter floh mit ihren Söhnen Robert, Per und Andreas über Thüringen nach Bissendorf bei Hannover. 1946 kam die Familie nach Göttingen. Nach Abschluss seiner Schulausbildung 1956 Studium der Malerei und Germanistik in Stuttgart und Berlin.
Von April 1964 bis Dezember 1965 war Gernhardt Redakteur der Satirezeitschrift «Pardon», wo er 1964 einer der Mitbegründer der Rubrik Welt im Spiegel war, die bis 1976 erschien und die neuere humoristische Literatur erheblich beeinflusste. Seit 1964 lebt er als freiberuflicher Maler, Zeichner, Karikaturist und Schriftsteller in Frankfurt am Main.
Gernhardt hatte eine Reihe von Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen u. a. in Berlin, Frankfurt/M., Basel, Regensburg. Er ist Mitbegründer der «Neuen Frankfurter Schule», deren Publikationsorgan nach der Zeitschrift «Pardon» das Satiremagazin «Titanic» wurde; Gernhardt ist als Humorkritiker der führende Vertreter dieser Richtung.
Im Laufe der 1990er Jahre wurde Gernhardt zunehmend als Lyriker bekannt. Er gilt heute als einer der wichtigsten zeitgenössichen Dichter deutscher Sprache. Sein Werk hat sich dabei von den Nonsense-Versen und den ausschließlich humoristischen Formen der 1960er und 1970er Jahre weiterentwickelt zu einer vielseitigen Lyrik, die über alle Register verfügt und die Gernhardt auch stets um neue Töne erweitert.
Werke: Die Blusen des Böhmen (1977), Wörtersee.Gedichte (1981), Ich Ich Ich. Roman (1982), Glück Glanz Ruhm. Essays (1983), Was bleibt. Gedanken zur Literatur (1985), Kippfigur. Erzählungen (1986), Körper in Cafés. Gedichte (1987), Reim und Zeit. Gedichte (1990), Gedichte 1954–94 (1996), Berliner Zehner. Hauptstadtgedichte (2001), Im Glück und anderswo. Gedichte (2002), Herz in Not. Gedichte (2004), Das Randfigurenkabinett des Doktor Thomas Mann (2005), Gesammelte Gedichte (2005).
Auszeichnungen: Stadtschreiber von Bergen (1991/92), Bertolt-Brecht-Literaturpreis (1998), Heinrich-Heine-Preis der Stadt Düsseldorf (2004), Joachim-Ringelnatz-Preis für Lyrik der Stadt Cuxhaven (2004).

Aus: Robert Gernhardt: Körper in Cafés. Gedichte. Haffmanns Verlag AG, Zürich 1987. S.10–13, 61–65, 142/143.