Bildung und Erziehung
Disziplinlose, lernunwillige Schüler fallen nicht vom Himmel – Unterstützung muss früher greifen
Stuttgart. Bei der Schulstrukturdiskussion kommt die Hauptschule vor allem deshalb schlecht weg, weil man deren Schüler leistungsmäßig nur sehr wenig und, was undiszipliniertes Verhalten anbelangt1, besonders viel zutraut. Hauptschüler «fallen jedoch nicht vom Himmel», sondern kommen aus den Grundschulen, wo sie gegebenenfalls auch schon auffällig waren.
Wenn man also pädagogisch wirklich gegensteuern2 wolle, müsse man bereits viel früher, möglichst schon im Kindergarten unterstützend eingreifen, damit erst gar keine «Verlierer» entstehen, fordert der Sprecher des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg.
Bereits im Kindergarten und verstärkt in der Grundschule müssen Kompetenzen von Kindern aufgebaut und Strategien zum individuellen und gemeinsamen Lernen vermittelt werden. Ziel sei ein erfolgreiches «lebenslanges Lernen», so der VBE-Sprecher. Kinder wollen etwas leisten und freuen sich über jeden Lernfortschritt, den sie selber feststellen können oder der ihnen bestätigt wird. Gleichzeitig ist es notwendig, dass frühzeitig Unterstützungssysteme aufgebaut werden, die verhindern, dass Schüler «durch die Maschen3 fallen» und sich als Verlierer fühlen müssen.
Lern- und Disziplinprobleme, die auch schon im Grundschulbereich deutlich zu Tage treten, müssen von den Lehrern konsequent angegangen werden. Eltern sollen jedoch nach Auffassung des VBE die Schule in ihrem Erziehungs- und Bildungsauftrag unterstützen, denn Erziehung ist zuvörderst4 das Recht und die Pflicht der Eltern. Verstärkte Kommunikation zwischen Elternhaus und Schule sei eine Aufgabe, die mehr Lehrerstunden und eine entsprechende Aus- und Fortbildung der Pädagogen verlange, moniert5 der VBE-Sprecher. Der VBE unterstützt ein Beurteilungssystem in der Grundschule, das auf positive Verstärkung, Ermutigung und Motivation zum selbstständigen Lernen beruht. Dies führe zur Stärkung des Selbstwertgefühls, der Selbstsicherheit und zum Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit.
Der VBE setzt sich mit Vehemenz6 für die schon längst überfällige Aufwertung der Grundschule ein, denn nicht nur beim Hausbau ist das Fundament von größerer Bedeutung als die darauf aufgebauten Stockwerke. Das koste jedoch Ressourcen und somit Geld.
1an|be|lan|gen <sw.ÿV.; hat> [zu veraltet belangen = betreffen u. anlangen]: in der Verbindung was jmdn., etw. anbelangt (was jmdn., etw. betrifft, anlangt): was mich, diese Sache anbelangt, [so] bin ich einverstanden.
2ge|gen|steu|ern <sw.ÿV.; hat>: gegenlenken. ge|gen|len|ken <sw.ÿV.; hat>: (beim Autofahren) ganz kurz das Fahrzeug der Fahrtrichtung entgegengesetzt lenken, um eine Abweichung zu verhindern od. zu korrigieren.
3Ma|sche, die; -, -n [mhd. masche, ahd. masca, urspr.ÿ= Geknüpftes; 3: wohl nach der alten Bed. «Fangnetz, zur Jagd verwendete Schlinge»]: 1. Schlinge aus Garn, Draht o.ÿÄ., die beim Stricken od. Häkeln od. durch Verknüpfen entsteht: -n aufnehmen; eine M. fallen lassen (beim Stricken von der Nadel gleiten lassen); Ü durch die -n des Gesetzes schlüpfen (der Bestrafung entgehen).
2. (österr. u. schweiz.) Schleife.
3. (ugs.) überraschende, schlaue Vorgehensweise [die zur Lösung eines Problems führt]; Trick: es mit einer neuen M. versuchen.
4zu|vör|derst <Adv.> (veraltend): in erster Linie, zuerst, vor allem.
5mo|nie|ren <sw. V.; hat> [lat. monereÿ= (er)mahnen]: bemängeln, beanstanden: schlechtes Essen m.; die Teilnehmer monierten die schlechte Organisation.
6Ve|he|menz, die; - [lat. vehementia, zu: vehemens, vehement] (bildungsspr.): Ungestüm, Heftigkeit: die V. der Sturmböen nahm zu; er stritt es mit V. ab.