Главная страница «Первого сентября»Главная страница журнала «Немецкий язык»Содержание №19/2007

Wissenschaft und Technik

Urwesen aus dem Wasser

Fortsetzung aus Nr. 18/2007

Warum es so lange dauerte, lässt Biologen und Geologen trefflich streiten. Als der Sauerstoff schließlich in die Uratmosphäre eintrat, setzte er mithilfe von Regenwasser an Land Erosionsprozesse in Gang. Zum Blau der Urmeere und zum Schwarzgrau der Kontinente kamen das Rot, Braun und Gelb in allen Schattierungen hinzu, die Farben der Verwitterung. Und es passierte noch etwas anderes: Beim Auswaschen des Gesteins entstanden große Mengen an Sulfat, die in die Ozeane gespült wurden. Eine bakterielle Aufarbeitung setzte ein. Die Folgen erschließen sich den Wissenschaftlern erst jetzt. Während sich seinerzeit die oberen Schichten der Urmeere wohl tatsächlich wie bisher angenommen mit Sauerstoff anreicherten, gingen die tiefen Zonen zunächst leer aus. Stattdessen sammelte sich ein nach faulen Eiern riechendes Gift an: Schwefelwasserstoff. Dieses mikrobielle Ausscheidungsprodukt bildete mit dem Eisen auf dem Grund der Ozeane Sulfide.

«Damit bekommen wir einen Ozean, der große Ähnlichkeit mit dem heutigen Schwarzen Meer hat», sagt Don Canfield von der University of Southern Denmarkin Odense, der die Stoffkreisläufe der frühen Erdgeschichte erforscht. «Vermutlich sahen die Meere noch bis vor 700 Millionen Jahren so aus.»

Einen ähnlichen Salzgehalt wie heute hatten die Urmeere wohl schon recht früh in der Erdgeschichte erreicht. Die Zusammensetzung änderte sich im Lauf der Zeit. Die Meere der Urzeit waren aber wahrscheinlich heißer als heute. Unklar ist, ob sie über lange Zeiträume nahezu gekocht haben oder ob die Temperatur des Wassers eher bei 40 Grad Celsius lag.

Die Evolution hielt allen Widrigkeiten flexibel stand und schuf nach einer langen Zeit der primitiven Einzeller die höher organisierten Zellen, die Eukaryoten. Ihre evolutionäre Errungenschaft ist der Zellkern, der das Erbmaterial in sich birgt. Dieser bauliche Entwurf diente später als Blaupause für die zelluläre Organisation aller Tiere und Pflanzen. Locker aufgerollte Algenbänder mit einem Alter von etwa 2,1 Milliarden Jahren sind die ältesten bisher gefundenen Fossilien von Eukaryoten. Wie es weiterging, wie sich aus einfachen Vielzellern komplexer gebaute Geschöpfe entwickelten, ist kaum sichtbar hinterlassen.

Die ursprünglichen Lebensformen waren wahrscheinlich zu weich, um im Schoß der Erde bis heute zu überdauern.

Vertreter des Erdaltertums: Der Kopf und der Rumpf des Dunkleosteus, eines Panzerfischs, waren mit Knochenplatten bewehrt.Manchmal klappt es doch. Den ältesten bekannten Prototypen aus dem Reich der Tiere kamen Wissenschaftler vor einigen Jahren in Phosphoritlagerstätten nahe der Stadt Wengan in der Provinz Guizhou, Südchina, auf die Spur. In Gesteinsproben fanden sie mikroskopisch kleine Organismen, darunter winzige Embryonen, die vor etwa 570 bis 580 Millionen Jahren auf der Erde existiert haben und als Vorläufer des modernen Lebens gelten können. Mit diesem überraschenden Fund rückte eine andere, höchst skurrile Gruppe von Fossiterien etwas in den Hintergrund, um deren Platz im Stammbaum der Tiere ohnehin gestritten wird: die Ediacara-Fauna. Ob die kuriosen Ediacara-Kreaturen, die sich vor 630 Millionen Jahren rund um den Erdball verbreitet haben und wie Luftmatratzen aussahen, wirklich zu den Tieren gehören, ist nach wie vor unklar. Fest steht: Das Konzept Tier erwies sich als ausbaufähig. Der große Aufschwung begann.

Das Erdaltertum

Den Anfang machte das Kambrium1. Die Erde zeigte ein völlig anderes Gesicht als heute. Die Landmassen verteilten sich auf Laurentia, Baltica, Sibiria und den großen Südkontinent Gondwanaland. Auf dem Festland gab es kein Leben. Fast keines jedenfalls. Lebermoose und Gliederfüßer, also die große Tiergruppe, zu der die Krebse und Insekten gehören, stehen im Verdacht, bereits in dieser Frühzeit den Landgang geprobt zu haben. In den Urmeeren hingegen entfaltete sich das Leben explosionsartig.

Knackiges bevölkerte das Wasser, die weichen, wirbellosen Leiber mit Schalen und Panzern bestückt. Eine Veränderung im Chemismus des Wassers, so wird vermutet, machte den Weg frei für die groß angelegte Produktion von Hartteilen. Aber es waren auch harte Zeiten für die vielen wühlenden und weidenden Meeresbewohner herangebrochen. Neue Räuber machten allem Weichen den Garaus.

Anomalocariden schlängelten sich mit wellenartigen Bewegungen durchs Wasser. Sie waren Fleischfresser mit dicken Augen auf kurzem Stiel, gelapptem Körper und bestachelten Fangarmen vor dem Maul. Der zwei Meter lange Anomalocaris hielt die Paläontologen lange Zeit zum Narren. Fanden sie doch Fossilien, die sie für Tiere hielten, aber nur Teile waren. Erst als sie den quallenartigen Ananasring, die seltsamen Krabben (griechisch: anómalos, ungleichartig; lateinisch: caris, Krabbe) und das schwammartige Etwas zusammensetzten, wurde aus drei eins.

Auf dem Speisezettel der Anomalocariden könnten Trilobiten gestanden haben. Genug dieser urtümlichen Gliederfüßer gab es in jener Zeit. Häufig anzutreffen waren auch die Armfüßer (Brachiopoden). Mit ihrem zweiklappigen Schalenhäuschen ähnelten sie Muscheln, waren jedoch mit einem fleischigen Stiel im Boden verankert. Erste Riffe wuchsen heran, Hügel, die hauptsächlich von schwammähnlichen Tieren mit becher- oder schüsselförmigem Aussehen gebildet wurden, Archäocyathiden. Ihre evolutionäre Tauglichkeit haben wahrscheinlich auch schon die ersten fischartigen Wesen erprobt.

Im Ordovizium2 wagten sich die vielzelligen Pflanzen aufs Land, vorerst nur in Feuchtgebiete. Die zarten Gewächse kamen aus dem Süßwasser, in das ihre Ahnen, marine Algen, zuvor abgewandert waren. Baltica und ein Randzipfel von Gondwanaland schoben sich zu Urnordeuropa zusammen. In den Ozeanen testeten die Wirbellosen ihre Formenvielfalt aus, darunter die Schnecken und Kopffüßer, zu denen auch die Tintenfische zählen.

Erfolgreich mit dabei waren die Nautiliden, Vorläufer des heutigen Nautilus3, des Perlboots. Das Gehäuse, aus dem die räuberischen Urzeitkopffüßer ihre Fangarme herausstreckten, hatte nichts Rundliches an sich, sondern sah aus wie eine Eistüte mit einer Länge von bis zu drei Metern.

Die ersten Fische schwammen durch die Meere, zwar mit Maul, aber ohne Kiefer. Sie waren wahrscheinlich Planktonfresser, wie die heutigen Riesenhaie. Auch Seesterne und Seeigel, noch mit zartschaliger Rüstung, ließen sich blicken. Korallen, Schwämme und Moostierchen bildeten große Riffe. Gegen Ende des Ordoviziums kam das Eis. Der Meeresspiegel sank, weltweit um mindestens 50 Meter. Eines der größten Massenaussterben in der Erdgeschichte nahm seinen Lauf.

Im Silur4 und Devon5 vereinigten sich Urnordeuropa und Laurentia zu einem zweiten Großkontinent: Euamerika. An seiner West- und Ostseite befanden sich große Schelfmeere, in denen es von Leben nur so wimmelte. Die Kontinente färbten sich langsam grün. Euamerika und Gondwana gingen auf Kollisionskurs. In den Urmeeren war die Zeit der Fische gekommen.

Die ersten Kieferträger erkundeten die Unterwasserwelt. Mit ihrer evolutionären Neuerwerbung im Maul konnten die Wirbeltiere der ersten Stunde den Speisezettel schmackhaft erweitern – um andere Tiere.

Neue bissfeste Arten folgten. Die Nahrungspyramide fächerte sich auf. Die großen Fische fraßen die kleinen, die wiederum die kleinsten. Kräftig zubeißen konnten vor allem die Panzerfische (Placodermen), kulinarisch selbst harte Brocken. Kopf und Rumpf steckten in einem Panzer aus Knochenplatten.

Sie starteten im Süßwasser, wechselten später in die Ozeane, dafür dann mit einem furchterregenden Auftritt. Der zehn Meter lange Dunkleosteus jagte im oberen Devon eine neue Sorte von Fischen, die als Jäger auch nicht zimperlich waren: Haie. Schon im Silur traten die Strahlenflosser auf die Bühne des Lebens, erste Knochenfische.

Von Ute Schmidt


1Kam|bri|um, das; -s [zu mlat. Cambria = Nordwales, nach den hier gemachten Gesteinsfunden] (Geol.): älteste Formation des Paläozoikums. Pa|läo|zo|i|kum, das; -s [zu griech. zoon = Lebewesen]: Kambrium u. Perm umfassendes erdgeschichtliches Altertum; Erdaltertum.

2Or|do|vi|zi|um, das; -s [nach dem kelt. Volksstamm der Ordovices im heutigen nördlichen Wales wegen der dort gemachten Funde] (Geol.): auf das Kambrium folgende Formation des Paläozoikums.

3Nau|ti|lus, der; -, - u. -se [lat. nautilus < griech. nautílos, eigtl. = Seefahrer, zu: naus = Schiff]: (in den tropischen Meeren lebender) Kopffüßer mit spiraligem Gehäuse u. zahlreichen Fangarmen.

4Si|lur, das; -s [nach dem vorkeltischen Volksstamm der Silurer] (Geol.): dritte Formation des Erdaltertums (zwischen Ordovizium u. Devon).

5De|von, das; -[s] [nach der engl. Grafschaft Devonshire] (Geol.): Formation des Erdaltertums (zwischen Silur u. Karbon).

Der Text ist entnommen aus:
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,484331-2,00.html