Главная страница «Первого сентября»Главная страница журнала «Немецкий язык»Содержание №20/2007

Sonderthema

Der große Verleger: Kurt Wolff

Kurt Wolff, Gemälde von Felice Casorati, 1925 «Die Frage: Wo haben Sie Ihren Beruf erlernt? höre ich seit fünfzig Jahren. Die Antwort ist immer dieselbe: nirgends. Es scheint mir ein besonderer Reiz unseres Berufes, dass er nicht erlernbar ist. Man erwidert mir: Wäre es nicht nützlich, in einer Druckerei oder Binderei gearbeitet zu haben? Warum? Ich will ja Bücher weder setzen noch drucken noch binden. Oder man sagt, es wäre doch zumindest wünschenswert, wenigstens eine Zeit lang in einer Buchhandlung tätig zu sein. Warum? Seit meinem zwölften Lebensjahr verbrachte ich fast täglich Stunden und Stunden in Buchhandlungen, daheim und auf Reisen. Ob ich vor oder hinter dem Ladentisch stehe, ist doch gleich. Wer die Passion zum Buch und zum Verlegerberuf hat, der ist in Buchhandlungen zu Hause.

In der Weltliteratur gut belesen zu sein, ist selbstverständlich wünschenswert, ebenso die Kenntnis von drei oder vier lebenden Sprachen, um die ausländische Literatur selbst lesen zu können und nicht auf Gutachten Dritter angewiesen zu sein. Aber all das ist doch nicht mehr als allgemeine Bildung, mit ihr kommt man nicht weit in unserem Beruf. Die nicht erlernbare Hauptsache, die man mitbringen muss, ist Enthusiasmus. Natürlich muss der Enthusiasmus mit Geschmack verbunden sein. Alles andere ist sekundär und lernt sich rasch in der Praxis.»

Am besten von einem Partner und Kollegen. Kurt Wolff lernte im Winter 1908 in Leipzig den gleichaltrigen Ernst Rowohlt kennen. Beide waren Büchernarren, doch Ernst Rowohlt gab bereits die anspruchsvolle, bibliophile «Zeitschrift der Bücherfreunde» heraus, die im Verlag Drugulin gedruckt wurde. Rowohlt wohnte im Vorderhaus der Druckerei und lud Kurt Wolff ein, sich an seinem neu gegründeten Ernst Rowohlt Verlag zu beteiligen.

Kurt Wolff erinnerte sich: «Als ich damals in das Zwei-Zimmer-Büro Rowohlts einzog – das dritte Zimmer war die Rowohlt’sche Wohnung –, war der Enthusiasmus unbegrenzt. Der Geschmack im Typografischen allerdings beschränkte sich darauf zu wissen, ob Satzspiegel, Titelblatt, Einband usw. schön oder scheußlich war. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich dem Setzer sagen konnte: 2 Punkt mehr Durchschuss, Überschriften kursiv usw. Da war mir Ernst Rowohlt weit überlegen.»

Dafür brachte Kurt Wolff eine immense literarische Bildung und ein sehr feines Gefühl für Qualität mit. Der Praktiker Rowohlt und der Ästhet Wolff ergänzten einander. Ihre Verlagsarbeit begann mit den Drugulin-Drucken, genannt nach der Druckerei, in der sie hergestellt wurden. Diese Bände, sehr geschmackvoll gestaltet und trotzdem nicht teuer, sollten Lyrik unter die Leute bringen. In der Verlagsankündigung hieß es: «Die Drugulin-Drucke wagen zum ersten Male höhere Auflagen bei luxuriösester Ausstattung in Druck und Papiermaterial. Mit dem Gedanken der kostbaren und doch wohlfeilen Ausstattung verbindet sich ein sorgfältig ausgearbeiteter Plan. Es sollen die Meisterwerke der Weltliteratur in textlich mustergültigen Einzelausgaben in der Originalsprache Aufnahme finden.»

Dazu gehörten Goethes Tasso, Shakespeares Sonette, Molières Précieuses ridicules (Die köstliche Lächerlichkeit). Die schönen Bände wurden ein Verkaufsschlager, doch Kurt Wolff, der von Anfang an die eigentliche literarische Leitung des Verlages innehatte, wollte mehr: Literatur der Gegenwart: «Man verlegt entweder Bücher, von denen man meint, die Leute sollen sie lesen, oder Bücher, von denen man meint, die Leute wollen sie lesen. Verleger der zweiten Kategorie, das heißt Verleger, die dem Publikumsgeschmack dienerisch nachlaufen, zählen für uns nicht, nicht wahr? Für solche Verlagstätigkeit braucht man weder Enthusiasmus noch Geschmack. Man liefert die Ware, die gefragt wird. Man muss also wissen, was auf Tränen- oder Geschlechts- oder andere Drüsen wirkt. Wir anderen Verleger sind, wenn auch in bescheidenstem Maße, schöpferisch bemüht, versuchen Leser zu begeistern für das, was uns originell, dichterisch wertvoll, zukunftsträchtig erscheint, gleichviel, ob’s leicht oder schwer zugänglich ist.»

Die erste bedeutende Entdeckung des jungen Verlages war der Lyriker Georg Heym. Im April 1911 erschien sein Gedichtband Der ewige Tag. Zwischen Rowohlt und Wolff war es inzwischen schon zu Unstimmigkeiten gekommen – ihre Temperamente waren einfach zu verschieden. Ein größerer Kontrast als der zwischen dem kraftstrotzenden, überschäumenden Rowohlt und dem zurückhaltenden, feinnervigen Wolff war nicht vorstellbar. Am 1. November 1912 schied Rowohlt aus. Kurt Wolff gelang es, dem Verlag, der jetzt seinen Namen trug, in den eineinhalb Jahren bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs ein unverwechselbares eigenes Profil zu geben. Dabei half ihm sein untrügliches Gespür für Qualität: «In der Innsbrucker Zeitschrift ‹Der Brenner› las ich Gedichte eines Unbekannten, der Georg Trakl hieß. So unmittelbar spürte man den Atem großer Dichtung, dass ich sofort an den Autor schrieb und die Veröffentlichung eines Gedichtbandes vorschlug. Noch im selben Jahr erschien in der Sammlung ‹Der Jüngste Tag› ein Band Gedichte.»

«Der Jüngste Tag», so hieß eine neue Buchreihe, die Kurt Wolff gegründet hatte. Sein Freund und Mitarbeiter Kurt Pinthus berichtete, wie es zu diesem Namen kam: «Im Frühjahr 1913 saßen Wolff, Werfel, Hasenclever und ich in einer nächtlichen Bar. Es wurde beschlossen, eine Serie kleiner dichterischer Bände zu beginnen, deren jedes, im Gegensatz zur schon florierenden Insel-Bücherei, von einem jungen oder noch unbekannten Autor verfasst sein sollte. Wie aber der Name? Auf dem Tisch lagen die Korrekturbogen von Werfels neuem Gedichtband. Mit einem Bleistift wurde hineingestochen, und die letzte Zeile der aufgeschlagenen Seite begann ‹O jüngster Tag!›»

Bereits Ende April 1913 konnten die ersten Bände ausgeliefert werden: Hasenclever, Werfel, Kafka, Trakl und die heute weniger bekannten Hardekopf, Hennings und Ehrenstein. Wie persönlich das Verhältnis Wolffs zu seinen Autoren war, zeigt die umfangreiche Korrespondenz, die rund 10 000 Briefe umfasst – aber auch die Erinnerungen des Verlegers. Hier die erste Begegnung mit Franz Kafka im Jahr 1912: «Möge mir Max Brod verzeihen, aber ich habe im ersten Augenblick den nie auslöschbaren Eindruck gehabt. Der Impresario präsentiert den von ihm entdeckten Star. Natürlich, so war’s ja auch, und wenn dieser Eindruck peinlich war, so war das in Kafkas Wesen begründet, der unfähig gewesen wäre, diese Einführung mit einer leichten Geste, einem Scherz zu überkommen. Ach, wie er litt. Schweigsam, linkisch, zart, verwundbar, verschüchtert wie ein Gymnasiast vor den Examinatoren, überzeugt von der Unmöglichkeit, die durch die Anpreisungen des Impresarios geweckten Erwartungen je zu erfüllen. Und überhaupt, wie hatte er nur einwilligen können, sich als Ware einem Käufer vorstellen zu lassen!»

Bei der Verabschiedung sagte Kafka ein Wort, das Kurt Wolff nie früher noch nachher von einem Autor zu hören bekam: «Ich werde Ihnen immer viel dankbarer sein für die Rücksendung meiner Manuskripte als für deren Veröffentlichung.»

Die kleine, Betrachtung genannte Sammlung von Prosastücken, die in besonders großer Schrift gesetzt werden musste, um überhaupt ein Buchformat zu erreichen, war Kafkas erste Veröffentlichung. In den 12 Jahren der Zusammenarbeit – Kafka starb 1924 – waren die Auflagen gering und die Gewinne minimal. 1918 betrugen sie zum Beispiel 25,88 DM. Doch Wolff hatte von Anfang an den dichterischen Rang Franz Kafkas erkannt und ließ sich nicht beirren: «Sehr verehrter Herr Kafka, wir haben den Glauben an die deutschen Leserschichten, dass sie einmal die Aufnahmefähigkeit haben werden, die diese Bücher verdienen.»

Wie lässt sich ein Verlag mit so hohen Ansprüchen führen? Den Anfang erleichterte das Vermögen, das Kurt Wolff von seiner früh verstorbenen Mutter geerbt hatte. Sie stammte aus einer reichen Bonner Familie.

Der Vater, Dr. Leonhard Wolff, war Professor für Musikgeschichte und akademischer Musikdirektor an der Universität Bonn. Zur Stunde, als Kurt Wolff geboren wurde, am 3. März 1887, dirigierte der Vater in der Beethovenhalle Händels Messias. «Das Schönste und Wesentlichste, das mir das Elternhaus geschenkt hat, war die Kammermusik.»

Als Zwanzigjähriger heiratete er die siebzehnjährige Elisabeth Merck, Tochter einer reichen chemischen Dynastie. Mit dem eigenen Vermögen und dem der jungen Ehefrau konnte man das Risiko einer Verlagsgründung wohl eingehen. Den weiteren Erfolg sicherte jedoch die gute Spürnase des Verlegers. Schon im ersten Jahrbuch von 1914 finden sich jene Autoren, die von Anfang an das Profil des Verlags bestimmten und von denen die meisten noch heute unvergessen sind: Hermann Bahr, Franz Blei, Max Dauthendey, Walter Hasenclever, Georg Heym, Else Lasker-Schüler, Franz Kafka, Georg Trakl, Robert Walser und Jakob Wassermann. Bald nannte man Wolff den Verleger des Expressionismus, doch er selbst hielt nicht viel davon: «Es wurde mein verfluchter, verhasster Ruhm, Verleger des Expressionismus gewesen zu sein. Noch immer, ja heute mehr denn je, will man mit dem Begriff Expressionismus eine Gruppe von Schriftstellern, die zwischen 1910 und 1925 publizierten, den Stempel einer Gemeinsamkeit aufdrücken, die sie nie gehabt haben. Expressionismus wäre Bezeichnung für ein Kollektiv. Ein Kollektiv bringt kein Gedicht, nicht einen Vers hervor. Die schöpferische Leistung ist immer individuell.»

Kurt Wolff mit seiner Frau HelenEr entdeckte viele Talente. Darüber hinaus landete er auch richtige Bestseller. Kurz nachdem er einen Vertrag mit dem indischen Autor Rabindranath Tagore abgeschlossen hatte, bekam dieser den Nobelpreis. Sieben Romane Heinrich Manns wurden ins Programm aufgenommen. Der schon im Juli 1914 beendete Roman Der Untertan konnte – der Zensur wegen – erst nach dem Krieg erscheinen und wurde ein großer Erfolg. Als Bestseller erwies sich auch Der Golem: «Was den am Starnberger See sesshaften Gustav Meyrink dazu bewog, eines Tages in Leipzig zu erscheinen, weiß ich nicht. Meyrink hatte damals nur kurze Sachen im ‹Simplicissimus› geschrieben und zwanzig Bände Dickens übersetzt, wobei er den verrückten Einfall gehabt hatte, alles, was bei Dickens Slang ist, ins Bayerische zu übertragen. Er sagte, er beehre sich, die Verlagsübernahme eines Romans vorzuschlagen, das erste Kapitel habe er in Handschrift mitgebracht. Den Vertrag wünsche er sofort abzuschließen, er wolle nicht die üblichen Tantiemen, sondern die sofortige Auszahlung von 10 000 Mark als einmaliges Pauschalhonorar für alle Rechte und Auflagen in allen Sprachen. Verblüfft und verlegen las ich das erste Kapitel und sollte nun nach der Lektüre, die kaum fünfzehn Minuten in Anspruch genommen, Ja oder Nein sagen. Die paar Seiten gefielen mir, vom Buch als Ganzem wusste ich nichts und 10 000 Mark waren viel Geld. Ich fand die Situation absurd und wollte mich ihr gewachsen zeigen. Deshalb sagte ich Ja.»

Der Golem wurde zu Hunderttausenden verkauft. Trotz des ausgemachten Pauschalhonorars beteiligte Kurt Wolff den Autor am Erfolg. Er war zwar durchaus ein guter Geschäftsmann, aber von großem menschlichen Anstand. Seine Lauterkeit im geschäftlichen Umgang war sein Kennzeichen – auch wenn es um Abwerbung ging: «Gegen den Mädchenhandel gibt’s in allen Ländern der Welt strenge Gesetze. Autoren sind vogelfrei. Sie werden angeworben und abgeworben, wie die Mädchen. Aber straflos. Ich gebe zu, dass man als Verleger sich mitunter verbittert fühlt, wenn man einen jungen Autor herausgebracht mit Büchern, die eine reifere Zukunft versprachen, die damit verbundenen Opfer auf sich genommen – und dann läuft dieser Autor mit dem ersten gelungenen, bedeutenderen Buch zu einem anderen Verleger über, so ist es hart, das hinzunehmen. Aber ich will doch und in jedem Fall die Entscheidungsfreiheit des Autors unangetastet lassen. Dieser Gesichtspunkt muss allen anderen Erwägungen vorangehen.»

Für den hochempfindlichen Karl Kraus, der nicht im selben Verlag erscheinen wollte wie manche von ihm gehasste Autoren, gründete er sogar einen eigenen Verlag mit dem Namen: Verlag der Schriften von Karl Kraus bei Kurt Wolff. Seufzend bekannte er: «Es war meine erste und einzige Begegnung mit der Inkarnation des Absoluten und Kompromisslosen.»

Im Jahr 1919 zog der Verlag – mit inzwischen 60 Mitarbeitern – von Leipzig nach München. Kurt Pinthus: «Kurt Wolff mietete das Haus des 1916 verstorbenen Verlegers der ‹Jugend›, Georg Hirth, in der Luisenstraße 31, direkt neben den Propyläen. Es bot Raum genug und wurde bald Mittelpunkt für eine lebendige, literarisch-künstlerische Geselligkeit. In dem schönen, mit einem prächtigen Gobelin geschmückten Festsaal wurden Vorträge und Autorenlesungen, Konzerte und Ausstellungen veranstaltet.»

Ein kultiviertes, großbürgerliches Haus, vor dem indessen die Inflation nicht Halt machte. Allein die Papierkosten für die zwölfbändige Heinrich-Mann-Ausgabe betrugen eineinhalb Millionen Mark. Es war die Zeit, in der ein Dollar zuerst auf eine Milliarde und dann auf eine Billion stieg, was Karl Valentin zu dem Kommentar veranlasste: «Also mehr als eine Billion ist der Dollar auch net wert!»

Doch mit Galgenhumor konnte man keine Autoren bezahlen. An den Freund und Buchdruckkünstler Kurt Mardersteig, der im Tessin lebte, schrieb Kurt Wolff im August 1923: «Dass ein Schweizer Franken 1,2 Millionen kostet, bedeutet weniger als die Tatsache, dass niemand mehr Mehl, Schuhe, Kohlen, was immer, gegen Mark noch hergeben mag. Selbstverständlich ist unser Absatz auf ein mikroskopisches Minimum zurückgegangen. Demgegenüber sind im August in unserem kleinen Betrieb dreieinhalb Milliarden Gehälter gezahlt worden. Ich denke, Sie werden sich kaum bei diesen Zahlen wirklich etwas vorstellen können. Wir übrigens auch nicht. Aber leider sind sie für uns ein realer Zwang.»

Dennoch gründete Kurt Wolff nach dem Ende der Inflation ein neues Unternehmen, den internationalen Kunstverlag «Pantheon Casa Editrice» in Florenz. Das schöne, das bibliophile Buch hatte ihn ja schon immer fasziniert, die Drugulin-Drucke beweisen das. Aber auch anspruchsvolle Kunstbücher hatte er schon produziert. Oskar Kokoschkas erstes Buch mit dem Titel Dramen und Bilder erschien im Jahr 1912 im Verlag Kurt Wolff, ebenso Die Kathedralen Frankreichs mit Zeichnungen von Auguste Rodin, auch das sehr erfolgreiche Rembrandt-Buch von Georg Simmel. Doch der 1924 in Florenz gegründete Verlag hatte noch ehrgeizigere Ziele. «Pantheon Casa Editrice» wollte in Zusammenarbeit mit Gelehrten aus verschiedenen Ländern kunstwissenschaftliche Monumentalausgaben herausgeben. In der Verlagsankündigung hieß es: «Die Veröffentlichungen von Pantheon sind in zwei oder drei Sprachen geplant. Alle Publikationen sollen in deutscher und englischer Sprache gedruckt werden, ein Teil auch französisch, italienisch und spanisch. Die Herstellung wird unter Heranziehung von Fotografen und Druckereien der verschiedensten Länder erfolgen. Die Auswahl der Firmen wird lediglich bestimmt durch die Güte der Leistungen.»

Ein ehrgeiziges Projekt. Bis zum Jahr 1930 erschienen zwanzig vorbildlich gedruckte wissenschaftliche Werke, eine neue Bibliothek der Kunstgeschichte. Die Themen reichten von der karolingischen Buchmalerei bis zur islamischen Kalligrafie. Was den Kurt Wolff Verlag in München betraf, gab es in den zwanziger Jahren eine Änderung des Programms. Der Schwerpunkt lag nicht mehr auf der Entdeckung neuer Talente, sondern auf einer Reihe von Gesamtausgaben: Zola, Maupassant, Gorki, Tschechow. Repräsentative Ausgaben, und doch kam es zu finanziellen Schwierigkeiten: «Das Auktionshaus Joseph Baer in Frankfurt beehrt sich zu annoncieren: 5. und 6. Oktober 1926: Große Versteigerung von 3000 Büchern aus dem 15. und 16. Jahrhundert sowie von 830 wertvollen Wiegendrucken. Eine wissenschaftliche Sammlung ersten Ranges aus dem Besitz des Verlegers Kurt Wolff.»

Der geringe Umsatz des Münchner Verlags und die hohen Investitionen des Pantheon Verlags zwangen Kurt Wolff zu diesem Schritt. Der Erlös der Auktion blieb allerdings hinter den Erwartungen zurück. Ein paar Jahre kämpfte Wolff noch, dann gab er auf. Brief an Franz Werfel vom 23. Juni 1930: «Lieber Freund, ich kann und werde den Kurt Wolff Verlag nicht weiterführen. Tatsache ist, dass ich mich in den letzten sechs Jahren praktisch und materiell an diesem Verlag aufgerieben, verblutet habe. Was ich privat hatte, ist zugesetzt, von Frau Elisabeths Vermögen ein nicht unerheblicher Teil. Ich habe es mir tausendfältig überlegt, umso mehr, als ich loslasse, ohne eine Ahnung davon zu haben, welche Betätigungsmöglichkeit sich mir in Zukunft bieten wird.»

Parallel zur beruflichen Krise ging die persönliche. 1930 wurde die Ehe zwischen Kurt und Elisabeth Wolff geschieden. 1933 verließ Kurt Wolff Deutschland. Er hatte im Radio vom Reichstagsbrand gehört und sofort begonnen, die Koffer zu packen. Das Emigrantenleben führte vom Tessin nach Nizza, später in ein toskanisches Dorf nahe Florenz. Mit seiner zweiten Frau Helen lebte er auf einem Bauernhof und vermietete an Urlauber und paying guests. Die Achse Berlin–Rom machte jedoch der Idylle ein Ende. 1938 flohen Kurt und Helen Wolff mit dem kleinen Sohn Christian nach Frankreich. Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen blieb nur noch die Flucht über die spanische Grenze. Sie gelang in letzter Minute, am 6. Februar 1941. Dann, am 30. März: «Ankunft in New York. Um 10 Uhr an Land gegangen. Strahlendes Wetter.»

Nun, da er nicht mehr gejagt wurde, lebte das verlegerische Temperament wieder auf. Zukunftsplanung war wieder möglich. Zwei Freunde aus der Münchner Zeit halfen beim Einstieg: «Mr. Curt von Faber du Faur und Mr. Kyrill Schabert stellen hiermit 7500 Dollar zur Gründung eines Verlags zur Verfügung, unter der Bedingung, dass Mr. Kurt Wolff sich ebenfalls mit 7500 Dollar am Firmenkapital beteiligt. Mr. Wolff erhält in der Folgezeit ein Gehalt von 200 Dollar. Falls der Verlag in den nächsten fünf Jahren Gewinn abwerfen sollte, wird Mr. Wolff am Gewinn beteiligt.»

Wie sollte der Verlag heißen? Amerika war in den Krieg eingetreten, und Kurt Wolff galt als «feindlicher Ausländer». Ein neutraler Name musste es also sein. In Erinnerung an den geliebten Kunstbuchverlag wählte Kurt Wolff den Namen «Pantheon Books». Die Anfangsjahre des Verlags glichen denen der Leipziger Zeit. Der Emigrant und Freund Wolfgang Sauerländer: «Alles spielte sich in einem Raum ab, der zugleich Büro, Wohn- und Schlafzimmer war. Kurt und Helen Wolff verpackten die Bücher, schrieben die Adressen und brachten die Pakete jeden Abend zur Post.»

Die harte Arbeit lohnte sich. Die sorgfältige Edition und die Qualität der Ausstattung setzte sich durch. Schon zwei Jahre nach der Gründung schrieb Wolff mit jugendlichem Stolz: «Wie immer die Bilanz am 30. April 1944 aussehen wird – eine Gewinnausschüttung wird nicht mehr verhindert werden können.»

Wie hatte er das geschafft? Zum einen durch die langjährige verlegerische Erfahrung, zum anderen durch ein klares Konzept: «In den Lesesälen der New Yorker Bibliotheken und beim Stöbern in den Buchhandlungen entdeckte ich, dass berühmte Bücher, die in Europa schon lange als Standardwerke galten, in den USA noch unbekannt waren. Europäische Dichtung und europäisches Denken auf den amerikanischen Kontinent zu tragen, schien mir, zumal im Kriege, eine lohnende Aufgabe.»

Den Anfang machten Stefan Georges Gedichte in einer zweisprachigen Ausgabe. Thomas Mann nannte sie «ein schönes Geschenk des ausgewanderten deutschen Geistes an eine Welt, die von diesem sehr hohen Stück Deutschtum bisher wenig wusste».

Paul Claudel erschien in einer französisch-englischen und André Gide in einer französischen Ausgabe. Ein Überraschungserfolg wurden 1944 die Märchen der Brüder Grimm in einer vollständigen Ausgabe mit 210 Illustrationen von Josef Scharl. Ermutigt durch den Erfolg gab Kurt Wolff auch Gustav Schwabs Sagen des klassischen Altertums heraus, illustriert mit hundert griechischen Vasenmalereien. Die mutigste Entscheidung dieser Anfangsjahre war es, die ebenso schwierige wie bedeutende Dichtung Der Tod des Vergil von Hermann Broch in einer deutschen und einer englischen Ausgabe herauszubringen, «ein Unternehmen, an dem vorübergehend jeder einmal verzweifelte, der Dichter, der Verleger und die Übersetzerin».

Er blieb auch in Amerika seinen Ansprüchen an die Qualität der Autoren und der Editionen treu. Im Land der gigantischen Verlagsfirmen gelang es ihm, seinen individuellen Stil zu wahren. Dazu gehörte auch der kultivierte, persönliche Umgang mit den Autoren. Zum Beispiel Anne Morrow Lindbergh, die Frau des berühmten Atlantik-Fliegers. Wolff lernte sie 1949 anlässlich einer Feier zu Goethes 200. Geburtstag kennen: «Eine Frau, die ich unmittelbar lieben, verehren und bewundern musste. Eine zarte, scheue Frau, die wenig und langsam schrieb, die ich auch gar nicht zu fragen wagte, ob ich ihr Verleger werden dürfte, die aber im Anschluss an diese Begegnung aus eigener Initiative das Manuskript ihres neuen Buches schickte. Auf Deutsch heißt es Muscheln in meiner Hand. Von der amerikanischen Originalausgabe wurden 600 000 Stück verkauft, die Taschenbuchausgabe stieg auf zwei Millionen.»

Der größte Erfolg stand ihm 1958 ins Haus. Roman Jacobson, der Übersetzer der russischen Märchen im Pantheon Books Verlag, hatte die Verbindung hergestellt.

«Verehrter Meister, lieber Herr Pasternak, hiermit stellt sich ihnen Ihr USA-Verleger vor. Es ist mir ein Herzensbedürfnis, Ihnen zu sagen, dass Pantheon Books stolz und glücklich ist, Ihr großes Buch herauszubringen. Ich habe Doktor Schiwago bisher nur in der italienischen Übersetzung lesen können, genug, um zu sagen, dass es meiner Meinung nach der bedeutendste Roman ist, den ich in meiner langen verlegerischen Berufstätigkeit die Ehre hatte zu veröffentlichen.»

Gedenktafel für den Verleger Kurt Wolff an seinem Elternhaus in BonnKurz darauf, im Jahr 1958, erhielt Boris Pasternak den Nobelpreis. Pantheon Books verkaufte wochenlang jeden Tag 25 000 Exemplare des Doktor Schiwago. Doch Boris Pasternak wird von der Sowjetregierung gezwungen, den Nobelpreis abzulehnen. Er darf Russland nicht verlassen. Kurt Wolff ist daher seinem berühmten Autor nie begegnet, doch brieflich entwickelte sich eine herzliche Freundschaft: «New York, 1. Januar 1959. Lieber Freund, in der Silvesternacht habe ich von Ihnen geträumt. Das ist nicht weiter verwunderlich, aber dass ich am nächsten Morgen noch weiß, was ich geträumt habe, das ist selten. Hier ist, was ich erinnere: Wir sitzen in einem Zimmer, das mir sehr gut gefällt, und trinken guten alten Cognac. Sie gehen auf und ab und sprechen zu mir. Ihr Thema: Die Lebens- und Arbeitsweise des Schriftstellers in den letzten 150 Jahren. Plötzlich brechen Sie ab. Ich sage: ‹Da ist etwas, von dem Sie noch nicht gesprochen. Vor 150 Jahren konnte man bei einem Dichter noch was bestellen, und nicht das Unbedeutendste ist es oft gewesen, was als Theaterstück zur Eröffnung eines Theaters, als Beitrag für einen Musenalmanach geliefert wurde. Nur eine Aufgabe, die reizte, kam in Frage. Es handelte sich ja nicht um den Versuch, das Genie zu vergewaltigen, in den Dienst eines niederen Zweckes zu stellen. Warum ist so ein Auftrag nicht mehr möglich?› Sie gucken mich misstrauisch an und fragen: ‹Sagen Sie mal, worauf wollen Sie eigentlich hinaus?› Ich bin verlegen und stammle: ‹Bitte glauben Sie mir ... ich dachte, ich sei ganz unschuldig historisch am Thema interessiert ...› Ihre etwas brutale Frage macht mir plötzlich klar, dass sich im Unterbewusstsein ein Motiv versteckt hat. Ich las dieser Tage wieder Tolstois Volkserzählungen und dachte dabei. Ich möchte wohl die Entsprechungen dieser Erzählungen von Boris Pasternak lesen, hineingesagt in unsere Zeit und Welt. Ach, dass er sie doch schriebe! Aber Sie hören mir gar nicht mehr zu. Während Sie mir einschenken, sind Sie ganz weit weg ... und der Traum bricht ab.»

War es ein charmanter Versuch, Pasternak zu einem Thema zu überreden? Auf jeden Fall ein Zeugnis für den herzlichen Umgang, den er mit seinen Autoren pflegte.

1959 kommt es, trotz oder wegen Kurt Wolffs erfolgreicher Tätigkeit, im Verlag zu großen Spannungen. Ein Jahr später trennt sich Kurt Wolff von Pantheon Books: «Lieber Freund, Sie wissen, wie passioniert wir unsere Arbeit liebten. So können Sie sich denken, dass wir Gründe hatten, die diesen Entschluss notwendig machten.»

Logo der Kurt-Wolff-StiftungEr entschließt sich zur Rückkehr nach Europa. Das Hotel Esplanade in Locarno wird sein neues Zuhause, jedoch kein Altersruhesitz. Von der Leidenschaft, Bücher zu verlegen, kommt er nicht los. Der Präsident des alten amerikanischen Verlagshauses Harcourt and Brace, William Jovanovich, bietet ihm an, unter seinem Dach einen selbstständigen kleinen Verlag einzurichten. «Helen and Kurt Wolff Books / Harcourt, Brace and World» heißt das neue Unternehmen. Einige Autoren, deren Übersetzungsrechte er einst für Pantheon Books gewonnen hatte, hielten ihm die Treue. Zum Beispiel Günter Grass, dessen Romane Katz und Maus und Hundejahre nun in englischer Übersetzung im neuen Verlag erschienen. Aber auch französische, englische und amerikanische Autoren standen auf dem Programm. Kurt Wolff besaß auch im Alter noch die Fähigkeit, hart und konzentriert zu arbeiten und sich rasch zu entscheiden. Kurt Pinthus, der im Jahr 1912 in Leipzig als Lektor bei ihm angefangen hatte, besuchte ihn im Jahr 1963 in Locarno: «Ich war erstaunt, dass der 76-Jährige nach einer schweren Operation wieder aussah und sich gab wie in jener blühenden Zeit gemeinsamer literarischer Arbeit vor fünfzig Jahren. Sehr schlank und hochgewachsen, in betont und bewusst aristokratischer Haltung, mit elegant flatternden Gesten der Hände und einem liebenswürdig ironischen Gesicht überlegen sich distanzierend und zugleich selbstsicher Urteile formulierend. Die Idealgestalt eines Diplomaten.»

Im Herbst 1963 besuchte Kurt Wolff die Frankfurter Buchmesse. Im Anschluss wollte er dem Schiller-Nationalmuseum und dem Deutschen Literaturarchiv in Marbach, das er noch nicht kannte, einen Besuch abstatten. Bei einem Spaziergang wurde er von einem Lastwagen überfahren, der aus einer Hofeinfahrt kam. Wenige Stunden später erlag er seinen Verletzungen. Auf dem kleinen Friedhof von Marbach wurde er am 24. Oktober 1963 begraben. Tags zuvor hatte er sein letztes Rundfunkinterview gegeben: «Verleger sein ist ein schöner Beruf, ein einzigartiger Beruf. Dazu gehört der Mut, unbetretene Wege zu gehen. Dazu gehört, dass man sich nicht nur mit Verkaufsziffern und Produktionskosten befasst. Im Anfang war das Wort und nicht die Zahl, und so wünsche ich meinen jungen Berufskollegen Mut für das Künftige.»

Autorin: Susanne Tölke
Redaktion: Petra Herrmann
© Bayerischer Rundfunk, 2000


Kurt Wolff
Verleger

1887 Am 3. März kommt Kurt Wolff zur Welt. Der Vater, Dr. Leonhard Wolff, ist Professor für Musikgeschichte und akademischer Musikdirektor an der Universität Bonn.

1907 Kurt Wolff heiratet die siebzehnjährige Elisabeth Merck.

1908 Der junge Kurt Wolff trifft in Leipzig auf Ernst Rowohlt und beginnt mit ihm gemeinsam seine Verlegerlaufbahn.

1911 Der Gedichtband Der ewige Tag von Georg Heym erscheint als erste Neuentdeckung der jungen Verleger Wolff und Rowohlt.

1912 Am 1. November steigt Ernst Rowohlt aus dem Verlag aus, Kurt Wolff übernimmt den Verlag, der jetzt seinen Namen trägt. Im gleichen Jahr lernt Wolff Franz Kafka kennen.

1913 Die ersten Werke von Hasenclever, Werfel, Kafka und Trakl erscheinen im neuen Kurt Wolff Verlag.

1919 Der inzwischen auf 60 Mitarbeiter angewachsene Verlag zieht von Leipzig nach München.

1924 In Florenz gründet Kurt Wolff einen neuen Verlag: «Pantheon Casa Editrice» sollte aufwändig hergestellte kunstwissenschaftliche Monumentalausgaben verlegen. Bis 1930 erscheinen zwanzig solcher Werke, eine neue Bibliothek der Kunstgeschichte entsteht.

1930 Der Münchner Verlag geriet in den letzten Jahren in eine immer tiefere Finanzkrise. Schließlich gibt Kurt Wolff auf und der Verlag wird aufgelöst. Ebenfalls in diesem Jahr wird seine Ehe geschieden.

1933 Kurt Wolff verlässt Deutschland, zieht über das Tessin nach Nizza, von dort in ein Dorf bei Florenz. Hier betreibt er mit seiner zweiten Frau Helen eine Art Pension.

1938 Zusammen mit dem kleinen Sohn flieht die Familie nach Frankreich.

1941 Nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Frankreich gelingt ihnen in letzter Minute die Flucht in die USA.

1941 Kurt Wolff fängt wieder ganz von vorne an, gründet einen neuen Verlag in New York «Pantheon Books», der schon sehr bald große Erfolge verzeichnen kann.

1958 Mit Doktor Schiwago von Boris Pasternak gelingt ihm der größte Erfolg des Verlages.

1960 Kurt Wolff trennt sich von seinem Verlag «Pantheon Books» und entschließt sich, nach Europa zurückzukehren.

1963 Kurt Wolff wird von einem Lastwagen erfasst und schwer verletzt. Kurze Zeit später erliegt er seinen Verletzungen. Am 24. Oktober 1963 wird der große Verleger in Marbach bestattet.


Glossar

Bahr, Hermann (1863–1934)
Österreichischer Schriftsteller und Regisseur bei Max Reinhardt in Berlin, Dramaturg am Wiener Burgtheater. Bahr schrieb psychologische Dramen, Gesellschaftskomödien, aber auch Essays und Romane.

Blei, Franz (1871–1942)
Österreichischer Schriftsteller. Franz Blei war ein engagierter Förderer der jungen Literatur seiner Zeit (u. a. Hermann Broch und Robert Musil), er schrieb bedeutende Essays sowie die Satire Das große Bestiarium der modernen Literatur (1924). Ab 1933 Emigration.

Broch, Hermann (1886–1951)
Österreichischer Schriftsteller. Seine pessimistischen Romane behandeln ähnlich wie die Werke Franz Kafkas zeitkritische Themen, in denen der Untergang des Menschengeschlechts stets spürbar im Vordergrund steht. Die bekanntesten Werke sind: Die Schlafwandler und Der Tod des Vergil.

Brod, Max (1884–1968)
Österreichisch-israelischer Schriftsteller und Freund von Franz Kafka. Nach seiner Emigration nach Israel als Dramaturg tätig. Seine Hauptwerke sind: Tycho Brahes Weg zu Gott (1916), Reubeni, Fürst der Juden (1925) und Galilei in Gefangenschaft (1948). Nach dem Tode Kafkas veröffentlichte Max Brod dessen Bücher gegen dessen ausdrücklichen Willen.

Dauthendey, Max (1867–1918)
Deutscher Schriftsteller, der v. a. sinnhaft-impressionistische Lyrik schrieb. In Romanen und Novellen gestaltet er exotische Stoffe. Werke: Lusamgärtlein, Die acht Gesichter am Biwasee, Raubmenschen.

George, Stefan (1868–1933)
Deutscher Lyriker, der als wichtigster Vertreter des deutschen Symbolismus in der Lyrik gilt. Mit seinen Werken wollte George bewusst das Kulturleben erneuern, ein Kreis von Anhängern («George-Kreis») war bestrebt, die Vorstellungen Stefan Georges zu verbreiten. 1933 emigrierte er in die Schweiz.

Hasenclever, Walter (1890–1940)
Deutscher Lyriker und Dramatiker, bedeutender Vertreter des Expressionismus. Vor den Nazis nach Frankreich geflüchtet, beging er nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Frankreich 1940 in einem Lager Selbstmord. Werke: Der Sohn, Ehen werden im Himmel geschlossen.

Heym, Georg (1887–1912)
Deutscher Lyriker. Neben Georg Trakl gilt er als wichtigster Lyriker des frühen Expressionismus. In seinen düsteren Werken schildert er das einsame und grausame Leben in der chaotischen Großstadt mit Katastrophenstimmung. Werke: Die Athener Ausfahrt, Der Gott der Stadt, Der ewige Tag.

Kafka, Franz (1883–1924)
Österreichischer Schriftsteller. Kafkas Werk hat erst nach 1945 weltweite Resonanz gefunden. Zu seinen Lebzeiten erschienen nur einige Erzählungen. Nach seinem Tod entschloss sich der Freund M. Brod, entgegen einer ausdrücklichen Abmachung, die Manuskripte doch zu veröffentlichen, u. a. auch die der drei Romane Der Prozess, Das Schloss und Der Verschollene. Kafkas verschlüsselt erscheinendes Werk umfasst zahlreiche Erzählungen (u. a. Das Urteil, Die Verwandlung), Skizzen, Aphorismen, Tagebücher und Briefe (u. a. Brief an den Vater, Briefe an Milena).

Kraus, Karl (1874–1936)
Österreichischer Schriftsteller, Publizist und v. a. beißend scharfer Kultur- und Sprachkritiker. 1899 beginnt er mit der Herausgabe der kritischen Zeitschrift «Die Fackel», in der er vehement gegen die vorherrschenden Verhältnisse im kulturellen, politischen und literarischen Leben vorgeht. Dabei kritisierte er stets die Verwahrlosung der Sprache. Werke: Sittlichkeit und Kriminalität, Die chinesische Mauer, Heine und die Folgen, Die letzten Tage der Menschheit, Literatur und Lüge.

Lasker-Schüler, Else (1869–1945)
Deutsche Schriftstellerin, die als wichtigste Lyrikerin des deutschen Expressionismus gilt. Ihre Gedichte enthalten orientalische Märchenmotive und Elemente aus der jüdisch-mythologischen Glaubenswelt. Werke: Hebräische Balladen, Mein blaues Klavier. Daneben auch Romane (Mein Herz) und Theaterstücke (Die Wupper).

Lindbergh, Anne Morrow (1906–1974)
Schriftstellerin und Lyrikerin, die mit Charles Augustus Lindbergh, dem ersten Überquerer des Atlantik im Alleinflug, verheiratet war. Die Entführung des ersten Sohnes Charles Augustus jun. 1932 hielt damals die ganze Welt in Atem. In Deutschland wurde sie erst 1956 durch zwei Bücher bekannt, von denen das erste Muscheln in meiner Hand Antworten auf die Konflikte unseres heutigen Daseins geben will.

Meyrink, Gustav (1868–1932)
Österreichischer Schriftsteller und Mitarbeiter des «Simplicissimus». In satirischen Erzählungen und Romanen (Der Golem, Walpurgisnacht) schilderte er Grotesk-Fantastisches.

Pasternak, Boris (1890–1960)
Eigentlich Boris Leonidowitsch, russischer Schriftsteller. Veröffentlichte ab 1913 zahlreiche Lyrikbände sowie Erzählungen, nach 1937 Publikationsverbot; Übersetzer von Shakespeare, Goethe (Faust) und Verlaine. 1957 erschien in Italien der Roman Doktor Schiwago (russ. 1959; in der Sowjetunion 1988; verfilmt 1965, 2006), daraufhin Ausschluss aus dem Schriftstellerverband (posthume Wiederaufnahme 1987). Dr. Schiwago erschien 1958 in Deutschland. Im gleichen Jahr erhielt er für sein Werk den Nobelpreis, den er unter politischem Druck nicht annahm; 1989 posthume Verleihung einer Nobelpreis-Medaille.

Pinthus, Kurt (1886–1975)
Schriftsteller, Theaterkritiker, Dramaturg und Mitarbeiter bedeutender deutscher Zeitungen und Zeitschriften, besonders des «Berliner Tageblattes» und des «Leipziger Tageblattes», wo er als der große Vermittler und Vorkämpfer des Expressionismus in Deutschland wirkte. Vor allem als literarischer Berater des Rowohlt- und des Kurt Wolff Verlages entdeckte er viele literarische Talente. Auf seine Anregung ist eine Fülle von Publikationen zurückzuführen. Mit Buber, Hasenclever, Rowohlt, Ehrenstein und anderen war er militanter Pazifist und Gegner des deutschen Kaiserreiches. 1933 setzten ihn die Nationalsozialisten auf die Liste der verbotenen Autoren. 1937 floh er in die USA. 1967 Rückkehr nach Deutschland, wo er in Marbach am Neckar im Deutschen Literaturarchiv des Schiller-Nationalmuseums wirkte.

Rowohlt, Ernst (1887–1960)
Deutscher Verleger. Gründete 1908 in Leipzig einen Verlag, der 1913 von Kurt Wolff übernommen wurde. Neugründung 1919 in Berlin; Sitz der Rowohlt Verlags GmbH seit 1950 Hamburg, ab 1960 Reinbek; 1983 an die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck GmbH verkauft. Rowohlt verlegte mit großer persönlicher Initiative zeitgenössische Belletristik (Kafka, Tucholsky, Musil) und seit 1950 die bekannte Taschenbuchreihe rororo.

Schwab, Gustav (1792–1850)
Deutscher Schriftsteller und Lyriker der schwäbischen Schule. In den Jahren 1833–1838 war er mit A. von Chamisso Herausgeber des «Deutschen Musenalmanachs». Er schrieb v. a. Romanzen und Balladen und war auch Editor und Übersetzer klassischer Sagen sowie der «Deutschen Volksbücher».

Valentin, Karl (1882–1948)
Bayerischer Volksschauspieler, Komiker und Münchner Original. In zahlreichen Sketchen trat er mit seiner Partnerin Liesl Karlstadt als Pantomime, Clown und Komiker auf. Seine hintergründige Kunst zeigt in selbstverfassten Kurzszenen oder Stegreifkomödien die Liebenswürdigkeit des hilflosen Menschen in einer verzwickten Alltagswelt.

Wassermann, Jakob (1873–1934)
Deutscher Schriftsteller. Sein Engagement für Gerechtigkeit und gegen die «Trägheit des Herzens» denunzierten die Nationalsozialisten als «jüdisch» und verboten seine Romane: Werke: u. a. Die Juden von Zirndorf, Caspar Hauser oder Die Trägheit des Herzens, Der Fall Maurizius.

Werfel, Franz (1890–1945)
Österreichischer Schriftsteller, der in Lyrik (u. a. Der Weltfreund), Dramen (u. a. Paulus unter den Juden) und Erzählwerken (u. a. Nicht der Mörder, der Ermordete ist schuldig) die humanistische Gesinnung mit expressionistischem Ausdruck verband. 1938 emigrierte er nach Frankreich, 1940 in die USA. Zu seinen bekanntesten Werken gehören die Romane Der veruntreute Himmel, Das Lied von Bernadette, Stern der Ungeborenen, Jacobowsky und der Oberst.


Fragen zum Text

Aufgabe 1
Welcher bekannte Verleger war Kurt Wolffs erster Partner?

Aufgabe 2
Eine von Kurt Wolffs großen Entdeckungen war ein damals junger Autor, der noch heute weltberühmt ist, welcher Schriftsteller ist gemeint?

Aufgabe 3
Welche weiteren Autoren, die von Kurt Wolff verlegt wurden, sind noch heute bekannt?

Aufgabe 4
Wie nennt man die literarische Richtung der meisten der von Wolff zu Beginn seiner Laufbahn vertretenen Autoren?

Aufgabe 5
Wie sah Kurt Wolff eine Beschränkung auf eine bestimmte Stilrichtung?

Aufgabe 6
Mit der Gründung des Verlages «Pantheon Casa Editrice» in Florenz erweiterte Kurt Wolff seine Tätigkeit in eine völlig neue Richtung, in welche?

Aufgabe 7
Das Jahr 1930 bringt für Kurt Wolff schwere Schicksalsschläge, was ist geschehen?

Aufgabe 8
Welchen Weg schlug Wolff in Amerika ein?

Fragen & Antworten im Überblick

Aufgabe 1
Welcher bekannte Verleger war Kurt Wolffs erster Partner?
Lösungshinweis:
Ernst Rowohlt, mit dem er knapp vier Jahre einen gemeinsamen Verlag führte. Unstimmigkeiten zwischen den beiden unterschiedlichen Charakteren führten im November 1912 zu Rowohlts Weggang. Wolff führte den Verlag unter seinem eigenen Namen weiter.

Aufgabe 2
Eine von Kurt Wolffs großen Entdeckungen war ein damals junger Autor, der noch heute weltberühmt ist, welcher Schriftsteller ist gemeint?
Lösungshinweis:
Franz Kafka, den Wolff 1912 zum ersten Mal traf.

Aufgabe 3
Welche weiteren Autoren, die von Kurt Wolff verlegt wurden, sind noch heute bekannt?
Lösungshinweis:
Georg Trakl, Franz Werfel, Hermann Bahr, Georg Heym, Franz Blei, Robert Walser, Jakob Wassermann, Else Lasker-Schüler, Heinrich Mann.

Aufgabe 4
Wie nennt man die literarische Richtung der meisten der von Wolff zu Beginn seiner Laufbahn vertretenen Autoren?
Lösungshinweis:
Expressionismus.

Aufgabe 5
Wie sah Kurt Wolff eine Beschränkung auf eine bestimmte Stilrichtung?
Lösungshinweis:
Wolff wurde wegen seiner Vorliebe für moderne Schriftsteller der «Verleger des Expressionismus» genannt. Gegen eine derartige einseitige Festlegung hegte er aber eine tiefe Abneigung, da er meinte, die Individualität seiner Autoren sei dadurch in Frage gestellt.

Aufgabe 6
Mit der Gründung des Verlages «Pantheon Casa Editrice» in Florenz erweiterte Kurt Wolff seine Tätigkeit in eine völlig neue Richtung, in welche?
Lösungshinweis:
Er brachte kunstwissenschaftliche Monumentalausgaben von höchster Qualität heraus. Bis 1930 veröffentlichte er 20 vorbildlich gedruckte wissenschaftliche Werke und schuf damit eine neue Bibliothek der Kunstgeschichte.

Aufgabe 7
Das Jahr 1930 bringt für Kurt Wolff schwere Schicksalsschläge, was ist geschehen?
Lösungshinweis:
Der Verlag in München muss auf Grund der katastrophalen Finanzsituation aufgegeben werden, die Ehe mit seiner Frau Elisabeth wird geschieden.

Aufgabe 8
Welchen Weg schlug Wolff in Amerika ein?
Lösungshinweis:
Wolff fing nach seiner Emigration ganz von vorne an, gründete in New York den Verlag «Pantheon Books» und hatte auch hier schon bald großen Erfolg: Er verlegte Stefan George, André Gide, Gustav Schwab, die Märchen der Brüder Grimm u. v. m. Der größte Erfolg aber war der Roman des Nobelpreisträgers Boris Pasternak Doktor Schiwago.

Der Text ist entnommen aus:
http://www.br-online.de/wissen-bildung/collegeradio/medien/deutsch/wolff/fragen_antworten/