Главная страница «Первого сентября»Главная страница журнала «Немецкий язык»Содержание №22/2007

Fortbildungskurs

Interkulturelle Kommunikation

Erstellt von Dr. Natalia Wassiljewa

Lektion 6. Verbale Kommunikation.
Verhaltensnormen und -muster

Fortsetzung aus Nr. 17, 18, 19, 20, 21/2007

PLAN

Zeitung
Nr.
Lektion
17
Лекция 1. Межкультурная компетентность и этноцентризм
18
Лекция 2. Национальный характер как базовая категория культуры
19
Лекция 3. Ключевые категории культуры и их влияние на межкультурную коммуникацию
Контрольная работа 1
20
Лекция 4. Динамика восприятия немцев в России и русских в Германии
21
Лекция 5. Русское и немецкое коммуникативное поведение в сравнении
22
Лекция 6. Вербальная коммуникация, нормы и правила общения, обусловленные русской и немецкой культурами
Контрольная работа 2
23
Лекция 7. Компоненты межкультурного воспитания и обучения
24
Лекция 8. Компетенции и правила конструктивного разрешения конфликтов
Итоговая работа

«Verständnisvolle Kommunikation ist eine Kunst, die den sozialen Zusammenhalt begünstigt und demokratisches Handeln fördert, im Klassenraum und anderswo. Wer daher die Schüler das Sprechen und Zuhören lehrt, wer sie zum Argumentieren und Diskutieren befähigt, der ist im besten Sinne des Wortes ein Förderer des demokratischen Gemeinwesens.»
Heinz Klippert

1. Modell der Kommunikationsschulung
Auch die Kommunikation kann und muss gelehrt und gelernt werden. In der Methodik gibt es schon ein 5-Stufen-Modell, das «Modell der Kommunikationsschulung» genannt wird. Es sieht so aus:

Die erste Stufe heißt: Nachdenken über Kommunikation – propädeutische (d. h. einführende) Übungen.

Die zweite Stufe heißt: Übungen zur Förderung des freien Sprechens und Erzählens.

Die dritte Stufe heißt: Miteinander reden. Gesprächsführung.

Die vierte Stufe heißt: Überzeugend argumentieren und vortragen (rhetorische Übungen).

Die fünfte Stufe heißt: Komplexe Kommunikations- und Interaktionsspiele.

Dieses 5-Stufen-Modell sorgt sowohl für eine progressive Trainingsarbeit als auch dafür, dass interessierte Lehrkräfte ein Raster haben, um fachbezogene Übungen zu suchen und zu entwickeln.

2. «Grüßen» und «Sich-Verabschieden» als Bestandteil der verbalen Kommunikation
«Gruß» und «Abschied» sind zwei Sprechakte, die für die soziale Interaktion von großer Bedeutung sind. Es handelt sich um sprachliche Phänomene, die sich auf die außersprachliche Wirklichkeit beziehen, denn sie markieren soziale Beziehungen in der Gesellschaft und sind Ausdruck kultureller Werte. Die Sprachhandlungen «Grüßen» und «Sich-Verabschieden» begleiten in der Regel andere Sprachhandlungen und werden bestimmt:
– von ihren Funktionen;
– von verbalen und nonverbalen Mitteln;
– von Zeit und Raum;
– von sozialen Faktoren.

In der Regel bilden diese Formeln kommunikative Rahmenkonstruktionen, wobei die Grußformel Kontaktanfang bedeutet und die Abschiedsformel den Kontaktabschluss. Dabei ist der Sprechende an zahlreiche Routinen gebunden: Es sind rituelle Handlungen, die in ihrer jeweiligen spezifischen Form und Abfolge festgelegt sind, denen der Einzelne folgt. Es handelt sich bei dieser Art von Ritual um mechanische, in der Gesellschaft übliche Handlungen, die sowohl sprachlich als auch körperlich ausgedrückt werden können.

Gruß- und Abschiedsformeln gehören zu den sozialen Handlungen, die der Kontaktpflege oder der Steuerung der Beziehungen dienen. Es geht dabei um sprachliches Verhalten in der direkten Kommunikation, sodass die sozialen Beziehungen zwischen dem Sprecher und dem Angesprochenen berücksichtigt werden müssen. Die Verwendung dieser Formeln wird in der Kommunikation erwartet und das Fehlen dieser Komponenten kann als Unhöflichkeit wahrgenommen werden. (Vergleichen wir folgende Urteilsaussagen: «Какая хорошая девочка, всегда и <здравствуйте> и <до свидания>...» und «Ишь ты, франт какой, никогда не поздоровается!»)

Da es bei diesen Sprechakten um die Steuerung der Beziehungsebene handelt, die auch die soziale Bindung der Partner zum Ausdruck bringt, sind soziale Kriterien bei der Auswahl der Gruß- und Abschiedsformeln zu berücksichtigen. Relevant sind hierbei:
– Alter (Kind, Jugendlicher, Erwachsener);
– Vertrautheitsgrad/Distanz (Fremder, Bekannter, Freund, Verwandter);
– Situation oder Kontakttyp (offiziell/inoffiziell, familiär-häuslich, neutral-öffentlich, speziell-beruflich);
– Status/Rang/Hierarchie (symmetrische/asymmetrische Relation bezüglich Stellung in der Gesellschaft, z. B.: Professor–Professor = symmetrisch; Professor–Student = asymmetrisch);
– Geschlecht (weiblich/männlich);
– sprachliche Ebene (hochsprachlich, umgangssprachlich, dialektal);
– Kommunikationsform (mündlich/schriftlich).

Die Wahl der sprachlichen Formeln wird in der Sprachhandlung durch die sozialen Kriterien bedingt, wobei die individuelle Handlung des Sprechenden dem Angesprochenen gegenüber, die auch emotional gefärbt sein kann, bei dieser Wahl auch eine gewisse Rolle spielt.

3. Vergleich der Umgangsregeln und -normen im Deutschen und Russischen am Beispiel von «Grüßen»
3.1. Allgemeines

Grüße werden in der Regel durch stark standardisierte, formalisierte und vorgeschriebene Handlungsformeln realisiert. Die meisten Grußformeln sind semantisch entleert, ihre pragmatische Funktion besteht darin, dass sie in bestimmten sozialen Kontexten als Signal und Zeichen wirken: Der Gegrüßte erkennt, dass er gegrüßt wurde, und reagiert mit dem Gegengruß. Als einzige Voraussetzung für die Äußerung einer Grußformel gilt, dass sich die Grußpartner begegnet sind.

Die Reduzierung der Grußhandlungen auf bloße Höflichkeitsfloskeln hat durch gewohnheitsmäßige Anwendungen z. B. dazu geführt, dass die ursprünglichen Inhalte der Grüße verloren gingen. Der Vollzug des Sprechaktes «Grüßen» ist gelungen, wenn der Hörer die Grußformel zur Kenntnis nimmt und als Begrüßung ihm gegenüber interpretiert. Der Sprechakt «Grüßen» markiert den Anfang des kommunikativen Aktes. Es ist partnerbezogen, der Sprechende signalisiert dem Partner, dass der Kontakt eröffnet ist.

Gruß ist eine zweigliedrige rituelle Handlung: dem Gruß muss ein Gegengruß folgen, denn Grüße sind symmetrisch aufeinander bezogen. Die Erwiderung gleicht in der Regel der Eingangsformel, d. h. der Gegengruß ist eine wörtliche Wiederholung des Initialgrußes (A: «Guten Morgen!» – B: «Guten Morgen!»).

3.2. Funktionen der Grußformeln
Die wesentliche Funktion der Begrüßung ist, Höflichkeit zum Ausdruck zu bringen. Die Regeln verpflichten die Grußpartner zum Austausch solcher Formeln. In der direkten Kommunikation sind Begegnungsgrüße nahezu obligatorisch. Ausnahmen bilden bestimmte öffentliche Einrichtungen (Bahn, Kaufhäuser usw.). Grüße sind als wesentlicher Teil der kommunikativen Etikette in allen Kulturen üblich. Unterbleibt der Initialgruß, werden feste äußere Anstandsregeln verletzt, das zeigt Lieblosigkeit, keine Anteilnahme usw.

Grüße bringen auch die soziale Bindung der Grußpartner zum Ausdruck (z. B. A: «Guten Morgen, Herr Direktor!» – B: «Morgen, Morgen!»). Grußformeln weisen auf die Beziehungen und den Kontakttyp zwischen den Grußpartnern hin bezüglich Vertrautheit, sozialer Bindung, Distanz usw. Einige Grußformeln sind stark von der Umgebung geprägt und dienen als Identifikationsmittel. So gebrauchen z. B. Sondersprachen ihre eigenen Begrüßungsformeln (Jugendsprache, Berufssprache). Durch die Anwendung dieser Grußformeln können sich die Kommunikationspartner als der bestimmten Gruppe zugehörig ausweisen und das Zusammengehörigkeitsgefühl bekräftigen (z. B. A: «Hi!» –
B: «Hi!»; A: «Petri Heil!» – B: «Petri Dank!»).

Grüße besitzen häufig expressive Funktion. Der Grad der Expressivität wird mit Hilfe von Intonation und Interjektionen realisiert. Zum Beispiel: «Ah, guten Morgen!» (ich habe Sie nicht bemerkt!), «Oh, hallo!» (unerwartete Begegnung).

3.3. Grußarten
Bei einer verbalen Grußformel, wo im Deutschen und im Russischen Blickkontakt üblich ist, ist der Augengruß häufig mit einer Kopfbewegung nach unten verbunden.

Das Lächeln ist eine Bestätigung, dass man den Grußpartner erkannt hat. Das freundliche Lächeln wird in den meisten Fällen auch durch ein Lächeln erwidert.

Bei dem Gruß tritt eventuell das Lächeln allein oder in Verbindung mit dem Augengruß oder einer leichten Verbeugung auf. Unbekannten gegenüber ist das Lächeln als Gruß meistens festgelegt, es wird nur in der direkten Kommunikation angewendet. Der Grad der Verbeugung, deren Ursprung in der Unterwerfungsgeste liegt und im Laufe der Zeit ritualisiert wurde, zeigte (und zeigt manchmal noch) den sozialen Rangunterschied an. Je tiefer die Körperbewegung ist, desto asymmetrischer ist die Relation der Grußpartner; der Statusniedrigere vollzieht in der Regel eine tiefere Verbeugung als der Statushöhere, der die Geste erwidert. Der Grüßende verbeugt immer als Erster. Heute wird diese Begrüßungsform wie in der deutschen, so auch in der russischen Kultur sehr selten verwendet. Üblicher ist das minimalisierte Kopfnicken. Die Verbeugung gehört zum männlichen Sozialverhalten, Frauen nicken nur mit dem Kopf. Das Nicken gilt als am weitesten verbreitet, es signalisiert eine positive Bestätigung der Kontaktaufnahme.

Mit der Verbeugung verwandt ist der sogenannte Bückling (Verbeugung) bei Jungen und Knicks (leichte Kniebeuge) bei Mädchen als Grußgeste Erwachsenen gegenüber.

Als generationsspezifisch und geschlechtsasymmetrisch (Mann gegenüber Frau) gilt im Deutschen und im Russischen das Hutlüften. Ursprünglich war das eine Geste der Ehrerbietung. Das Abnehmen des Hutes zum Gruß, dem eine leichte Verbeugung folgt, wird heute fast ausschließlich von älteren Männern aus konservativen Kreisen als Grußformel ausgewählt.

Zur Gruppe Handgrüße auf Distanz gehören das Handheben, das Heranwinken und das einfache Handwinken.

Das Handheben als Gruß findet sich in vielen Kulturen und gilt als Gruß sowohl Fremden als auch Bekannten gegenüber. Das Handheben wird in Deutschland und in Russland als Gruß verwendet, wenn sich die Grußpartner über eine größere Entfernung grüßen und ein verbaler Gruß nicht möglich ist. Die offene Handfläche wird dabei immer dem Grußpartner zugekehrt.

Das Heranwinken gilt als Gruß und Signal, um die Aufmerksamkeit des Gegrüßten auf sich zu lenken. Damit werden vor allem gute Freunde gegrüßt. Das Winken mit der Hand setzt eine gewisse räumliche Distanz voraus und wird angewendet, wenn ein verbaler Gruß nicht geäußert werden kann.

Im Handwinken kann man aber kulturspezifische Merkmale im Deutschen und im Russischen finden. In Deutschland: der Arm ist im Ellenbogen gebeugt, die Hand winkelt sich von einer Seite in die andere, oder werden dieselben Bewegungen mit dem ganzen Arm gemacht. Bei den Russen bewegt sich der Arm (bzw. die Hand) von oben nach unten.

Bei deutschen Studenten war es üblich, bei der Begrüßung der Professoren an den Universitäten mit den Knöcheln auf den Tisch zu klopfen. In der letzten Zeit wird diese Grußformel an den Hochschulen weniger verwendet. In den russischen Mittelschulen stehen die Kinder immer auf; an den Hochschulen ist diese Begrüßungsformel nicht üblich, manchmal klatschen aber die Studenten Beifall. Als Begrüßung oder Ausdruck des Beifalles dient in der deutschen Kultur im Zirkus oder im Varieté (aber nicht im Konzert) das Trampeln. In Russland klatschen die Zuschauer Beifall.

3.4. Nonverbale Kontaktgrüße
Als nonverbaler Kontaktgruß gelten Grüße mit festgelegten Formen körperlicher Berührung wie Handgeben, Umarmung, Handkuss, Wangenkuss und Schulterklopfen.

Diese Formen sind für Fremdsprachenlerner besonders relevant, weil hier in der Regel größere Unterschiede zwischen den Kulturen anzutreffen sind. Verhält man sich hier falsch, so kann die Intimzone, der Intimbereich des Partners berührt und vielleicht auch verletzt und auch die Regeln der Höflichkeit missachtet werden. Der Kontaktgruß ist gesellschaftlich und kulturell geprägt und gilt als Ausdruck besonderer Verbundenheit. In der russischen Kultur ist der körperliche Kontakt üblicher als in der deutschen. Einen wichtigen Aspekt bildet aber in den beiden Kulturen das individuelle Grußverhalten der Kommunikationspartner, das durch eigene Erfahrungen und die seelische Stimmung bedingt ist.

Das Handgeben hat eine lange Tradition, jedoch ist die ursprüngliche Bedeutung dieser Gebärde, nämlich durch das Hinstrecken der Schwerthand sich in die Hand des Gegners zu begeben, heutzutage nicht mehr bewusst. Heute ist das Handgeben die neutralste Kontaktform der Begrüßung, die sowohl zwischen guten Freunden als auch in der offiziellen Situation verwendet werden kann, weil man mit ihrer Hilfe eine höfliche Distanz halten kann.

In der Regel ist der Handdruck energisch mit zupackender Handfläche. Wenn man nicht die ganze Handfläche zugreift, wird der Gruß als flüchtig empfunden. Je herzlicher ein Verhältnis ist, umso kräftiger und länger schüttelt man die Hände. Beim Händeschütteln spielt der gesellschaftliche Status der Grußpartner eine Rolle. Bei Ungleichheit des Status sind folgende Etikettenregeln zu berücksichtigen (sowohl in der deutschen als auch in der russischen Kultur):
– der Untergebene wartet, bis ihm der Statushöhere die Hand zum Gruß reicht;
– der Jüngere wartet, bis ihm der Ältere die Hand gibt;
– die Frau entscheidet, ob sie dem Mann die Hand zum Gruß reicht.

Bei gleichem sozialem Status ist es meistens unwichtig, wer zuerst die Hand gibt. Trotzdem gilt es in Russland als ungeschriebenes Gesetz, dass weder ein Jüngerer einem Älteren noch ein Mann einer Frau von sich aus die Hand entgegenstrecken soll. Will eine Frau mit Handdruck begrüßen oder begrüßt werden, muss sie selbst die Initiative ergreifen. In der deutschen Kultur ist es nicht so streng geregelt, und es ist ganz normal, wenn ein Mann einer Frau die Hand reicht.

In der russisch- und deutschsprachigen Kultur wird die Hand zur Initialbegrüßung und zum Abschied gereicht, aber im Unterschied zur russischen Kultur ist in Deutschland der Handgruß sowohl unter Männern als auch unter Frauen üblich (also Mann–Mann, Frau–Frau, Mann–Frau, Erwachsener–Kind) und auch innerhalb der Familie. In Russland grüßen so einander in der Regel Männer, seltener tritt diese Form im Kontakt zwischen Mann und Frau auf. In der russischen Kultur wird der Handgruß unter Frauen (Frau–Frau) fast nie verwendet, wenn schon, dann nur in offiziellen Situationen.

Es muss auch betont werden, dass in Russland die Hände bei der Begrüßung und zum Abschied viel seltener geschüttelt werden als in der deutschen Kultur, besonders, wie schon gesagt wurde, bei der Begrüßung von Frauen. In der deutschen Kultur ist es üblich, dass man bei jedem Treffen bei der Begrüßung und zum Abschied dem Kommunikationspartner die Hand gibt. Unter Russen ist es hauptsächlich bei der Bekanntmachung oder bei der Verabschiedung und Begrüßung vor oder nach einer langen Abwesenheit eines der Kommunikationspartner üblich.

Es ist interessant zu beobachten, dass in der deutschsprachigen Kultur den unbekannten Menschen in der Regel nur die Finger zum Druck gegeben werden, weil Kontakt mit der Handfläche das Eindringen in die Intimzone des Menschen bedeutet (das kann man z. B. während der katholischen Messe beobachten, wenn die Gläubigen einander als Zeichen des Friedens Hände schütteln und dabei nur die Finger zum Druck geben). In Russland könnte diese Geste als Verweigerung des Kontaktes interpretiert werden, und deshalb ist es in Russland üblich, die ganze Handfläche zum Druck zu geben (als Zeichen der Offenheit und der Bereitschaft, Kontakt aufzunehmen). Diese Regel wird am meisten von den Männern akzeptiert.

Die Umarmung oder nur ihre Andeutung ist in Russland und in Deutschland ein üblicher Gruß unter guten Freunden, Bekannten oder Verwandten, denn diese Geste ist ein Zeichen der Gruppenzugehörigkeit, entspricht dem Ausdruck der inneren Verbundenheit. Sie ist ein Zeichen der Sympathie und der Aufnahme in einen speziellen Kreis.

Die Umarmung signalisiert also eine emotionale Nähe der Grußpartner. Sie kann am Anfang und am Ende der Kommunikationssituation auftreten. Die Umarmung hängt eng mit dem allgemeinen Umgang zwischen den Grußpartnern zusammen, wobei das Geschlecht der Grußpartner bei der Umarmung zu berücksichtigen ist. In Deutschland und in Russland wird die Umarmung zwischen einem Mann und einer Frau als Zeichen einer speziellen, vor allem familiären, freundschaftlichen und intimen Verbundenheit interpretiert.

Das Schulterklopfen, das Klopfen auf Schulter oder Oberarm kann ebenfalls als angedeutete Umarmung interpretiert werden. Diese Grußform wirkt eher burschikos und hat einen dynamischen Charakter. Sie ist in symmetrischer Partnerrelation üblich, unter guten Freunden und Kollegen. Sie ist sowohl zur Begrüßung als auch zum Abschied anzutreffen. Das Schulterklopfen ist hauptsächlich unter Männern üblich, Frauen berühren sich nur leicht am Oberarm. Das Schulterklopfen ist im Vergleich zu der Umarmung ein viel distanzierterer Gruß, weist jedoch auf einen recht hohen Grad an Vertrautheit zwischen den Grußpartnern hin.

Was den Handkuss angeht, so ist diese Form in Deutschland kaum noch anzutreffen. Es wird als altmodisch, konservativ und sehr förmlich angesehen und wird eher noch unter der älteren Generation – weniger zur Begrüßung und mehr zum Abschied als Dankesbezeigung, oft bei offiziellen Gelegenheiten gebraucht. In Österreich kann man den Handkuss ebenfalls in konservativen Kreisen beobachten, allerdings wesentlich häufiger als in Deutschland, verbunden mit der von der Handlung abgeleiteten verbalen Grußform «Küss die Hand», die auch gebraucht wird, wenn der Handkuss nicht erfolgt. Früher waren aber die Gebrauchsmöglichkeiten dieser Form auch begrenzt: Vor dem Zweiten Weltkrieg küsste man die Hand nur den verheirateten Frauen. In Russland ist diese Form selten bei den Jugendlichen zu treffen, aber ist bei den Erwachsenen und der älteren Generation zu beobachten. Sie zeigt besondere Sympathie und Zuneigung.

(Kulturell oder individuell bedingte Verhaltensunterschiede werden in der Aufgabe «Küss die Hand» auf der nächsten Seite veranschaulicht. Sie umfasst Stufen 2–4 aus dem Modell der Kommunikationsschulung.)

4. Anredepronomen im Deutschen und Russischen
In beiden Sprachen – Deutsch und Russisch – werden die Personalpronomina «du», «ihr» und «Sie» als Anrede eingesetzt. Anders als das Deutsche unterscheidet das Russische formal nicht zwischen der Höflichkeitsform «Sie» und dem Plural «ihr», sodass hier häufig Fehler gemacht werden («Ich gebe Euch Euer Buch zurück» statt «Ich gebe Ihnen Ihr Buch zurück»). Die Hauptkriterien für den Einsatz von «du»/«Sie»/ «ihr» sind in beiden Sprachen Alter, Vertrautheit und Distanz. Kinder werden in beiden Kulturen geduzt. Die Grenze für die Verwendung von «du» ist in Deutschland etwa das Alter bei Verlassen der Schule und damit der Eintritt ins Erwachsenenalter (16–18 Jahre), wobei es nach dem 15.–16. Lebensjahr häufig schon Absprachen gibt, ob Lehrer ihre Schüler noch duzen oder mit Vornamen und «Sie» anreden. Ist der Angesprochene älter als 15–16 Jahre, sind die wesentlichen Kriterien für den Einsatz des symmetrischen «du»/«ihr»: Vertrautheit, aufgehobene Distanz, Bekanntschaft, Intimität, Solidarität. Sowie beim asymmetrischen Gebrauch: Geringschätzung, Verachtung, Unhöflichkeit.

Aufgaben und Fragen zu Lektion 6

1. Aus welchen Stufen besteht das Modell der Kommunikationsschulung?

2. Warum sind «Grüßen» und «Sich-Verabschieden» ein unentbehrlicher Teil der verbalen Kommunikation?

3. Wovon werden «Grüßen» und «Sich-Verabschieden» bestimmt?

4. Warum müssen beim «Grüßen» und «Sich-Verabschieden» soziale Beziehungen berücksichtigt werden?

5. Welche sozialen Kriterien und soziokulturellen Faktoren sind bei der Auswahl der Grußformeln zu berücksichtigen?

6. Was ist die Grundfunktion des Grüßens?

7. Erklären Sie die pragmatische Funktion des Grüßens.

8. Zählen Sie Hauptkriterien für den Einsatz der «Du»- bzw. der «Sie»-Form im Deutschen und im Russischen.

Verwendete Literatur
Altemöller E.-M.: Fragespiele für den Unterricht zur Förderung der spontanen mündlichen Ausdrucksfähigkeit. Ernst Klett Verlag, Stuttgart 1997.
Hansen M., Zuber B.: Zwischen den Kulturen. Strategien und Aktivitäten für landeskundliches Lehren und Lernen. Langenscheidt, Berlin, München, Wien, Zürich, New York 2000.
Klippert H.: Kommunikationstraining. Übungsbausteine für den Unterricht. Beltz Verlag, Weinheim und Basel 1996.
Losche H.: Interkulturelle Kommunikation. Sammlung praktischer Spiele und Übungen. Ziel, Augsburg 2000.
Улиш Г., Гюгольд Д., Уварова И., Гапонова М.: Приветствие и обращение в немецком языке. М.: НВИ-ТЕЗАУРУС, 2001.


Küss die Hand

Lesen Sie folgende Aussagen und beantworten Sie in der Gruppe folgende Fragen. Entscheiden Sie:

– Welche Verhaltensweisen finden Sie angenehm, positiv?
– Welche mögen Sie nicht?
– Welche sind Ihnen fremd?
– Welche sind Ihrer Meinung nach in Deutschland, Österreich oder der Schweiz üblich?

1. Zu jeder richtigen Begrüßung gehört ein Handschlag/Händedruck.
2. Der Händedruck muss fest sein.
3. Es gibt Begrüßungsformulierungen mit religiöser Bedeutung.
4. Nur sozial Gleichgestellte geben sich die Hand.
5. Männer, die sich z. B. aus Kneipen, Sportvereinen und Ähnlichem kennen, klopfen sich oft auf die Schulter.
6. Die Menschen vermeiden jeden Körperkontakt.
7. Gute Bekannte oder Freunde begrüßen sich auch mit einem Kuss oder einer Umarmung.
8. Nach der Bekanntmachung oder Begrüßung ist es höflich, sich nach Beruf, Ausbildung, Kinderzahl und Einkommen zu erkundigen.
9. Beim Betreten von kleineren Läden, öffentlichen Büros und Ähnlichem sagt man einen kurzen Gruß und verabschiedet sich auch.
10. Der Mann gibt der Frau einen Handkuss bei Begrüßung und Abschied.
11. Sozial Niedrigstehende begrüßen sozial Höherstehende zuerst.
12. Eine lange Begrüßung und viele Fragen nach dem Wohlbefinden sind eine gute Voraussetzung für ein geschäftliches Gespräch.
13. Beim Betreten eines Zugabteils oder einer Arztpraxis ist es üblich, jeden Einzelnen zu begrüßen.
14. Zur Begrüßung reicht es, die Augenbrauen hochzuziehen und zu lächeln.
15. Es ist höflich, dass man sich bei der Begrüßung direkt in die Augen sieht.
16. Es ist höflich, Angestellte/Beamte im Amt bei der ersten Begegnung zu fragen: «Wie geht es Ihnen?»
17. Hundebesitzer freuen sich immer sehr, wenn man auch ihren Hund begrüßt.
18. Zur Begrüßung gehört, dass man den Hut abnimmt.
19. Eine sitzende Person steht zur Begrüßung auf.
20. Die Nennung des Titels oder des Berufs gehört unbedingt zur Begrüßung, z. B. «Guten Morgen, Herr Doktor», «Guten Tag, Frau Kommerzienrat».