Главная страница «Первого сентября»Главная страница журнала «Немецкий язык»Содержание №3/2008

Sonderthema

Idole, Freunde und Weggefährten

Bertolt Brecht hat auf seine Zeit in München gegen Ende des Ers­ten Weltkriegs und während der Revolution 1918/19 in Aufsätzen, Tagebucheinträgen und Gedichten immer wieder Bezug genommen. Gleichzeitig knüpfte er hier Verbindungen mit schreibenden Kollegen und anderen Künstlern, die sich über sein ganzes Leben fortsetzen sollten. Hier eine Auswahl wesentlicher Einflussgeber und Weggefährten Brechts, die er in den Jahren 1918 bis 1924 in München kennenlernte.

Karl Valentin

Der 1882 in München geborene Komiker Karl Valentin muss wie Frank Wedekind als bedeutender Einflussgeber des Dramatikers Brecht angesehen werden. Valentin wirkt 1922 nach der Uraufführung von Trommeln in der Nacht an den Kammerspielen in einem Mitternachts-Theater mit. Die seinerzeit beliebten Mitternachts-Theater sind eine Art Jam Session auf der Bühne, bei denen die aktuelle Premiere parodiert wird. In einem Aufsatz für das Programmheft bezeichnet Brecht Valentin als «eine der eindringlichsten geis­tigen Figuren der Zeit». Tatsache ist, dass Valentins Darstellung der Absurdität des Alltäglichen wesentliche Ansätze für Brechts Ansprüche an episches Schauspiel lieferte. Valentins distanzierte Ausarbeitung seiner Rollen zielte darauf ab, das Absurde am alltäglichen Detail darzustellen. Brecht entwickelt diese Verfremdung mit der Vorgabe weiter, den Widerspruch der jeweiligen Bühnenperson zu begreifen, statt sich mit ihr zu identifizieren. Karl Valentin stirbt 1948 verarmt in Planegg bei München.

Carola Neher

Brecht lernt die 1900 in München geborene Schauspielerin Carola Neher 1922 in der Landeshauptstadt über Lion Feuchtwanger kennen. Neher lebt ab 1924 mit dem expressionistischen Lyriker, Dramatiker und Literaturhistoriker Klabund zusammen. Für die Uraufführung der Dreigroschenoper 1929 ist sie als Polly vorgesehen. Die Rolle wird ihr zuliebe von Brecht sogar erweitert. Neher tritt jedoch zurück, um den schwer lungenkranken Klabund in ein Sanatorium zu begleiten, in dem er später stirbt. Mit ihrem zweiten Mann, dem deutschen Kommunis­ten Anatol Becker, geht Neher 1932 in die Sowjetunion. Becker wird während der Stalin’schen Säuberungen 1937 hingerichtet, Neher zu zehn Jahren Zwangs­arbeit verurteilt. Brecht und Lion Feuchtwanger setzen sich erfolglos für Neher ein. Der ebenfalls emigrierte deutsche Schauspieler Hermann Greid berichtet, die Nachricht von der Verurteilung Nehers habe bei Brecht einen Wutausbruch über den «schändlichen und schamlosen Henkersknecht Stalin» ausgelöst. Neher stirbt 1942 in einem Straflager an Typhus. Brecht versucht zuletzt 1952, über die Ost-Berliner Sow­jetbotschaft Auskunft über das Schicksal Nehers zu erhalten.

Marieluise Fleißer

Marieluise Fleißer wird 1901 in Ingolstadt geboren. Nach dem Abitur studiert die Kaufmannstochter in München Theaterwissenschaften. Sie lernt Brecht und Feuchtwanger kennen, die sie ermuntern, selbst zu schreiben. 1924 entsteht das Stück Die Fußwaschung, in dem Fleißer unter dem Eindruck der Bekanntschaft mit den beiden ihre Erziehung bei den englischen Fräulein beleuchtet. 1929 ruft ihr durch Brechts Inszenierung wesentlich verändertes Stück Die Pioniere von Ingolstadt in Berlin Aufsehen und in Ingolstadt einen Skandal hervor. Das Verhältnis zwischen Fleißer und Brecht leidet daran. Sie geht nach Ingolstadt zurück, Brecht emigriert 1933. Ihre Bücher werden verbrannt, sie selbst mit Schreibverbot belegt. Fleißer heiratet einen Kaufmann und arbeitet in dessen Tabakgeschäft. Erst 1945 beginnt sie wieder zu schreiben. Brecht setzt nach seiner Münchner Courage-Inszenierung 1950 die Aufführung von Fleißers Der starke Stamm an den Kammerspielen durch. Das Stück, das in seiner Kleinbürger-Kritik nicht mit der restaurativen Stimmung in Westdeutschland harmoniert, kommt danach lange nicht mehr auf die Bühne. Den Rat Brechts, nach Ost-Berlin zu kommen, schlägt sie aus. Sie stirbt 1974 in Ingolstadt.

Therese Giehse

Die 1898 in München als Therese Gift geborene jüdische Schauspielerin war neben Brechts Frau Helene Weigel eine der bedeutendsten Interpretinnen weiblicher Hauptrollen in Brecht-Dramen. Giehse, die in den 20er Jahren Freundschaft mit Klaus und Erika Mann schließt, spielt mit Letzterer in dem Anti-Nazi-Kabarett «Die Pfeffermühle». Das Ensemble besteht auch im Schweizer Exil weiter, wo Therese Giehse 1941 in der Uraufführung der Mutter Courage die Titelrolle spielt. Giehse arbeitet nach dem Krieg in Ost-Berlin unter Brechts Regie. Zu einer ihrer Glanzrollen wird die Pelagea Wlassowa in Brechts Gorki-Bearbeitung Die Mutter. Brecht sagt, «sie erregt widersprechende Gefühle beim Zuschauer» und nennt Therese Giehse «die größte Schauspielerin Europas». Giehse hebt rückblickend vor allem Brechts Offenheit für jedwede inhaltliche Diskussion mit Schauspielern und Assistenten hervor. In den 60er Jahren stellt sie sich im Westen an die Seite der Studentenproteste und veranstaltet Brecht-Lesungen. Therese Giehse stirbt 1975 in München. In ihrem Testament setzt sie Brechts Tochter Hanne Hiob als Erbin ein.

Der Text ist entnommen aus:
http://www.br-online.de/kultur-szene/thema/brecht/m_personen.xml