Sonderthema
Fragen zum Text
Aufgabe 1. Welche Ansicht vertrat Dorothea Erxlebens Vater hinsichtlich der Bildung von Frauen?
Aufgabe 2. Wie kam es zu Dorotheas Interesse an der Wissenschaft?
Aufgabe 3. Welches Vorbild hatte Dorothea?
Aufgabe 4. Wie gelang es Dorothea Erxleben, sich Zugang zur Universität zu verschaffen?
Aufgabe 5. Welche Einstellung herrschte Mitte des 18. Jahrhunderts selbst bei Intellektuellen gegenüber gebildeten Frauen vor?
Aufgabe 6. Mit welchen Vorurteilen setzt sich Dorothea Erxleben in ihrer Abhandlung Gründliche Untersuchung der Ursachen, die das weibliche Geschlecht vom Studieren abhalten auseinander?
Aufgabe 7. Was hielt die Quedlinburgerin für viele Jahre von der Promotion ab?
Aufgabe 8. Welchen Vorwürfen musste sich die junge Ärztin aussetzen?
Aufgabe 9. Wie wurde die Promotion vom Dekan der medizinischen Fakultät Professor Juncker aufgenommen?
Aufgabe 10. Wessen jahrelanger Unterstützung konnte sich Dorothea Erxleben hinsichtlich der Verwirklichung ihres Lebenstraumes sicher sein?
Aufgabe 11. Wie endete das Leben der Frau Doktor Erxleben?
Mögliche Antworten
Aufgabe 1. Leporins Meinung war ambivalent. So klagte er zum einen darüber, dass viele begabte Frauen ihr Talent mit Kochen oder Handarbeiten vergeudeten, und bildete deshalb seine Tochter frühzeitig zur Ärztin aus. Zum anderen betonte er aber auch, dass Männer nicht fürchten müssten, von gebildeten Frauen unterdrückt zu werden, denn Ungehorsam sei nicht zwangsläufig die Folge von Bildung.
Aufgabe 2. Dorothea besaß in ihren ersten Lebensjahren eine eher schwächliche Konstitution und war demzufolge häufig krank. Sie litt sehr unter dieser Situation und war oft missgelaunt. Ihr Vater erkannte schnell, dass sie gelassener wurde, wenn sie am Unterricht für seinen ältesten Sohn teilnahm.
Aufgabe 3. Neben ihrem älteren Bruder, den sie um seine wissenschaftlichen Möglichkeiten beneidete, orientierte sich Dorothea Erxleben an der Italienerin Laura Bassi, die 1733 an der Universität Bologna Doktorin der Philosophie wurde und einige Jahre später auch am Lehrstuhl für Physik lehrte.
Aufgabe 4. Selbstbewusst richtete sie 1740 an den eben gekrönten, nur drei Jahre älteren Preußenkönig Friedrich II. eine Petition, in der sie ihn bat, zusammen mit ihrem Bruder an der Universität Halle promovieren zu dürfen. Vom König war bekannt, dass er dem Thema Frauenbildung aufgeschlossen gegenüberstand. So erklärte am 30. März 1741 das Preußische «Departement der Geistlichen Affairen» seine vollste Unterstützung für das Vorhaben der Geschwister Leporin und wies die medizinische Fakultät der Universität Halle an, Dorothea für die Promotion zuzulassen. Möglicherweise mag auch eine Huldigungsschrift, die Dorotheas Vater anlässlich der Krönungsfeierlichkeiten verfasst hatte, die Entscheidung im positiven Sinne beeinflusst haben.
Aufgabe 5. Die breite Masse wollte von den fortschrittlichen Ideen der Aufklärung nichts wissen. Frauenbildung und -emanzipation waren für sie absurd. Die Vorurteile gelehrten Frauen gegenüber saßen tief. Selbst Immanuel Kant, einer der klügsten Köpfe dieser Epoche, war der Ansicht, dass Bildung Frauen ihrer Reize beraube und sie sozusagen entweibliche.
Aufgabe 6. Auf 250 Seiten beschreibt Dorothea Erxleben akribisch genau, mit welchen Vorbehalten gebildete Frauen zu rechnen hatten. Die Bandbreite der von Männern vorgetragenen Argumente reichte vom fehlenden Maß an Verstand über die mangelnde Schicklichkeit koedukativen Unterrichts bis hin zu dem Vorwurf, dass gelehrte Frauen hochmütig seien und den Haushalt vernachlässigen würden. Gerade die Einstellung, dass die «Haushaltskunst» eine echte Frau ausmache, empörte Dorothea besonders. Auch das Vorurteil, dass das instabile weibliche «Temperament» im Grunde genommen einer Ausbildung widerspreche, führt sie auf. Nicht vergessen werden darf auch das Vorurteil, dass eine gebildete Frau einfach keine gute Ehefrau mehr sein könne.
Aufgabe 7. Zunächst hinderten ständig wachsende Geldprobleme der Familie Leporin Dorothea daran, ihr Promotionsvorhaben zu vollenden. Diese Umstände mögen sicher zu ihrem Entschluss beigetragen haben, im August 1742 zu heiraten. Johann Christian Erxleben, ein Quedlinburger Diakon, brachte fünf Kinder mit in die Ehe, um die sich Dorothea jetzt zu kümmern hatte. Innerhalb der nächsten Jahre gebar die Erxleben vier weitere Kinder, die ihrer ganzen Aufmerksamkeit bedurften. Zudem hatte der alte Leporin nach seinem Tode im Jahre 1747 hohe Schulden hinterlassen. Zu allem Unglück erkrankte auch noch Dorotheas Mann. Um das Überleben ihrer Familie zu sichern, sah sich Dorothea Erxleben nun die nächsten sieben Jahre gezwungen, ohne Promotion als Ärztin zu praktizieren.
Aufgabe 8. 1753 bezichtigten sie drei Quedlinburger Kollegen der Kurpfuscherei und des unberechtigten Tragens eines Doktortitels. Aus Unwissenheit und wegen mangelnder Ausbildung, so die Ärzte weiter, sei eine Patientin der Erxleben an Frieselfieber verstorben.
Aufgabe 9. Juncker war sich durchaus der «Unerhörtheit» dieser besonderen Situation bewusst, doch versuchte er Dorothea Erxlebens Auftreten und ihrer Leistung vorurteilsfrei gerecht zu werden. Besonders angetan zeigte er sich von der Art und Weise, wie sein Prüfling die Doppelbelastung als Wissenschaftlerin und Mutter bewältigte, ohne eine ihrer Aufgaben zu vernachlässigen. Das bescheidene Auftreten Dorotheas bestach ihn ebenso wie ihre fundierten medizinischen Kenntnisse und die gekonnte Darstellung fachlicher Zusammenhänge. Über ihr hervorragendes Latein geriet Juncker geradezu ins Schwärmen.
Aufgabe 10. Friedrich II. hatte sich 1741 schon in seinem königlichen Erlass für die Promotion Dorotheas ausgesprochen. 13 Jahre später, im Januar 1754, gab er erneut seine Erlaubnis. Doch damit nicht genug: Einige Mitglieder der Hallenser Prüfungskommission zweifelten daran, ob es rechtens sei, wenn eine Frau ein öffentliches Amt bekleide. Angesichts der außerordentlichen wissenschaftlichen Befähigung Dorotheas stand es für den König fest, dass er nun zum dritten Male für die Quedlinburgerin Recht sprach und sie einem männlichen Arzt gleichstellte.
Aufgabe 11. Nach ihrer Promotion führte Dorothea Erxleben, die 1759 verwitwete, eine gut gehende Praxis in ihrer Geburtsstadt Quedlinburg. Drei Jahre nach dem Tod ihres Mannes Johann Christian starb sie, ruhig und gefasst, am 13. Juni 1762 an einer Blutung. Die vermutliche Todesursache der noch nicht ganz 47-Jährigen war wohl Lungentuberkulose. Dorothea Erxleben hinterließ neun Kinder.