Bildung und Erziehung
Auch wer den Taschenrechner benutzt, lernt Kopfrechnen
Wissenschafter führten Studie an vier Wiener Hauptschulen – Rechenleistungen mit und ohne technische Hilfe ohne Unterschied
Wien – Dass sich das Benutzen eines Taschenrechners im Mathematik-Unterricht negativ auf die Kopfrechen1-Fähigkeiten von Schulkindern auswirken2 könnte, dürfte offenbar nicht stimmen. Eine Studie des Erziehungswissenschafters Rudolf Beer und von Susanne Martinuzzi (Pädagogische Hochschule Wien) konnte diesbezüglich keinen Zusammenhang feststellen.
Bei der Untersuchung zeigte sich, dass sich innerhalb eines Jahres die Rechenleistungen von Schülern, die im Unterricht mit Taschenrechnern arbeiteten, praktisch im gleichen Ausmaß3 steigerten wie jene einer Kontrollgruppe ohne Taschenrechner.
Für die in ersten Klassen an vier Wiener Hauptschulen durchgeführte Untersuchung wurden zwei Gruppen gebildet: Je eine Klasse pro Standort fungierte4 als Interventionsgruppe5, die mit einem Taschenrechner ausgestattet wurde, und als Kontrollgruppe (ohne Taschenrechner). Beide Gruppen erhielten außerdem ein computergestütztes Trainingsprogramm zum Üben des Kopfrechnens zur Verfügung gestellt.
Für die Längsschnittstudie wurde die Entwicklung der Rechenfertigkeit in den vier Grundrechnungsarten per Testsoftware zu drei Zeitpunkten erhoben: Zu Beginn des Schuljahrs, in der Mitte und am Ende. Dabei mussten die Schüler innerhalb von je drei Minuten ohne Taschenrechner möglichst viele Additionen, Subtraktionen, Multiplikationen und Divisionen richtig lösen.
Kaum Unterschiede
Ergebnis: Am Ende des Schuljahrs hatte sich die Leistung beider Gruppen, die sich zu Projektbeginn praktisch nicht unterschieden, ungefähr im gleichen Ausmaß gesteigert: Beim Addieren und Subtrahieren erzielten die Schüler mit Taschenrechner-Einsatz im Unterricht etwas höhere Steigerungsraten als die Kontrollgruppe, beim Multiplizieren und Dividieren steigerten sich die Schüler der Kontrollgruppe etwas stärker, allerdings nicht signifikant6. Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift «Erziehung und Unterricht» publiziert.
1Kopf|rech|nen, das; -s: Rechnen im Kopf: im K. bin ich schwach.
2aus|wir|ken <sw. V.; hat>: 1. <a. + sich> eine Wirkung ausüben, sich geltend machen: der Streik wirkte sich verhängnisvoll auf die Wirtschaft aus; die Skandale wirken sich in den Wahlergebnissen aus. 2. (veraltet) erwirken, verschaffen: er hat ihm eine Vergünstigung ausgewirkt. 3. (Bäckerei) (Teig) kneten, durcharbeiten: den Brotteig a.
3Aus|maß, das; -es, -e: 1. Größe, Ausdehnung, Dimension: ein Bergmassiv von gewaltigen -en. 2. Umfang, Grad, Maß: das A. der Zerstörung war furchtbar; ein Betrug größten -es, von größtem A.; bis zu einem gewissen A.
4fun|gie|ren <sw. V.; hat> [lat. fungi (2. Part.: functum) = verrichten, vollbringen; verwalten]: eine bestimmte Funktion ausüben, eine bestimmte Aufgabe haben, zu etw. da sein: die Köchin fungierte als Trauzeugin.
5in|ter|ve|nie|ren <sw. V.; hat> [frz. intervenir < lat. intervenire]: 1. (bildungsspr.) [vermittelnd] in ein Geschehen, einen Streit o. Ä. eingreifen, sich [als Mittler] einschalten: in einem Streit i.; bei jmdm., für jmdn., gegen etw. i. 2. (Politik) sich protestierend in bestimmte Vorgänge einschalten; Protest gegen etw. anmelden: der Botschafter intervenierte bei der Regierung, im Kreml. 3. (Politik) (von einer Regierung, einem Land) sich aktiv in die Angelegenheiten eines anderen Staates einmischen: die Amerikaner intervenierten mit Waffengewalt in Vietnam.
6si|gni|fi|kant <Adj.> [lat. significans (Gen.: significantis) = bezeichnend; anschaulich, adj. 1. Part. von: significare, signifizieren]:
a) (bildungsspr.) in deutlicher Weise als wesentlich, wichtig, erheblich erkennbar: ein -er Unterschied; das wohl -este politische Ereignis des Jahres; b) (Statistik) zu groß, um noch als zufällig gelten zu können: ein -er Anstieg der Leukämierate; c) (bildungsspr.) in deutlicher Weise als kennzeichnend, bezeichnend, charakteristisch, typisch erkennbar: -e Merkmale.
Der Text ist entnommen aus: http://derstandard.at/?url=/?id=3277062