Главная страница «Первого сентября»Главная страница журнала «Немецкий язык»Содержание №12/2008

Landeskunde

Zeit der Proteste – die 68er

Die Erinnerung an die Studentenbewegung ist noch ziemlich frisch, jedenfalls bei vielen, die heute um die Sechzig oder älter sind. Senioren kriegen sich heftig in die Haare, wenn das Gespräch auf ‹1968› kommt, auf die Frage: «Auf welcher Seite standst du damals? Hast du mitdemonstriert oder nur zugeschaut – und hast du am nächsten Tag die Hetztiraden in der Springer-Presse gelesen?»
Auch wenn der Höhepunkt der Studentenbewegung schon Jahrzehnte her ist – für ein abgewogenes historisches Urteil über ihre Ursachen, ihre Bedeutung und Wirkung ist es (fast) noch zu früh. Denn was die Studenten damals umtrieb, war keineswegs nur die politische Auseinandersetzung um den Vietnamkrieg oder um den «Muff unter den Talaren». Es war auch ein Ansturm der jungen Generation gegen die Tabus der Gesellschaft: in puncto Sex, Herrschaft der Männer und Verdrängung der deutschen Vergangenheit.
Kurz gesagt: Die Zeit der Studentenbewegung war auch ein «Kampf der Kulturen».
Was als «Studentenbewegung» bezeichnet wird, war in Wirklichkeit eine Vielzahl von Bewegungen, die aber zwei Dinge gemeinsam hatten: Sie waren allesamt «links» – auch wenn es heftigste Debatten unter den einzelnen Gruppierungen gab, was denn wirklich «links» sei – und sie waren nicht auf Studenten beschränkt, obwohl diese überwogen. Auch Schüler, Lehrlinge und eine nicht unbeträchtliche Zahl von Erwachsenen ordneten sich ihr zu.
Studentenbewegungen hatte es schon früher in Deutschland gegeben; sie waren aber rechts und «vaterländisch» gewesen – bis auf eine, die bereits einhundertfünfzig Jahre zurücklag: die Rebellion der Burschenschaftler, die 1817 aus Enttäuschung darüber, dass ihnen der Staat die Freiheitsrechte der Französischen Revolution verwehrte, auf die Wartburg zogen und die Symbole der alten ständischen und absolutistischen Ordnung verbrannten. Auf Grund der Karlsbader Beschlüsse wurden anschließend die Burschenschaften verboten, alle Universitäten streng bewacht, sympathisierende Professoren bespitzelt und Hunderte Studenten relegiert und verhaftet.
Spätere Studentengenerationen zeigten sich dagegen vor allem staatstragend.
Die Mehrzahl der Studenten verhielt sich unpolitisch. Soweit Studenten überhaupt politisch aktiv wurden, dominierten an den deutschen Universitäten Republikfeinde und Nationalisten. So war es in der Weimarer Zeit. Im März 1933 ging die anti-demokratische Saat auf, als Studenten auf dem Opernplatz in Berlin Bücher von Heinrich Mann, Sigmund Freud, Heinrich Heine und Kurt Tucholsky verbrannten.
Die jungen Männer – und wenigen Frauen –, die nach 1945 ihr Studium begannen oder nach Dienst in der Wehrmacht und Gefangenschaft fortsetzten, zogen vor allem eine Lehre aus der jüngsten Vergangenheit: Sich nicht politisch engagieren! Wie ihre Eltern gerieten sie in den Sog des Wiederaufbaus und des Kalten Krieges. Und wie ihre Eltern ersetzten die meisten die Vergangenheitsbewältigung durch den Blick nach vorn: Man floh aus der Politik, um sich ungestört eine gesicherte private Existenz aufbauen zu können.
An dieser Konformität der überwiegenden Mehrheit der Studenten mit der Gesellschaft änderte sich bis Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre kaum etwas. Zogen sie einmal demonstrierend durch die Straßen, dann hielt das auch ein Großteil der Bevölkerung für notwendig: beim Ungarn-Aufstand oder beim Mauerbau.
Eine von Jürgen Habermas an der Frankfurter Universität durchgeführte Untersuchung ergab noch 1957, dass zwei Drittel der Befragten als weitgehend unpolitisch eingestuft werden mussten, dass auf jeden demokratisch eingestellten Studenten zwei kamen, die deutlich staatsautoritäre Standpunkte vertraten. Rund dreißig Prozent aller männlichen Studenten waren Mitglieder in Verbindungen mit fragwürdiger Tradition.
Einzelne Studentengruppen brachen bereits Ende der fünfziger Jahre aus den «Oasen akademischer Ruhe» aus. Den Anfang machte der SDS – der «Sozialistische Deutsche Studentenbund». Ihm waren schon 1955 auf Betreiben des Bundesinnenministeriums die Mittel aus dem Bundesjugendplan gestrichen worden, weil er sich in Übereinstimmung mit der SPD aktiv am Kampf gegen die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik beteiligt hatte.
Als die SPD sich 1958 von der Anti-Atom-Bewegung lossagte und ein Jahr später das Godesberger Programm verabschiedete, in dem sie dem Sozialismus abschwor und die Westbindung anerkannte, kam es zur Entfremdung zwischen SDS und Partei. Während die Mutterpartei sich von den Vätern des Marxismus lossagte und ihren Wandel zur Volkspartei erklärte, reagierte der SDS mit einer Rückbesinnung auf Marx und Engels und bezog dabei auch neuere linke Theoretiker wie Horkheimer, Habermas, Adorno und Marcuse mit ein – allesamt Autoren, mit denen weder die alte noch die gewandelte SPD viel anzufangen wusste.
Es kam zum Bruch. Im November 1961 beschloss die SPD die Unvereinbarkeit einer Mitgliedschaft in SDS und SPD. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands hatte einen weiteren Beweis ihrer politischen Läuterung erbracht.
Unter dem Druck der öffentlichen Meinung näherte sie sich außen- und innenpolitisch der Adenauer / Erhard-Politik an, um aus der Opposition heraus zu kommen. Der Sozialistische Deutsche Studentenbund – SDS – richtete seine Fundamentalkritik von da an gegen die Politik aller herrschenden Parteien, auch gegen die einstige Mutterpartei.
Rudi Dutschke war bis zum Attentat auf ihn im April 1968 der vielleicht wichtigste, sicher aber der bekannteste Wortführer von SDS und Studentenbewegung. Auf Grund seiner langen Haaren, der dunklen Augen und der fast atemlosen Sprechweise war es – vor allem den Zeitungen des Axel-Springer-Verlags – ein Leichtes, ihn als Fanatiker zu brandmarken und ein Bild von ihm zu zeichnen, das diesen politischen Denker in die Nähe eines Rasputin rückte. Manchen Bürgern galt er als «Volksfeind Nr. 1».
Anfangs stand der Protest gegen die Studienbedingungen im Mittelpunkt der Bewegung. Durch Straffung der Studienpläne war die Durchlaufgeschwindigkeit an den Universitäten und an den neu gegründeten Fachhochschulen erhöht worden, um den steigenden Bedarf der Wirtschaft an technisch hoch qualifiziertem Personal decken. Diese Unterwerfung unter ökonomische Zielsetzungen verstärkte bei vielen Studenten den Eindruck, nicht ernst genommen zu werden. Weder Universität noch Gesellschaft waren offenbar bereit, sie als politisch Erwachsene zu akzeptieren. Um sich Gehör zu verschaffen, mussten sie zu anderen Mitteln greifen.
Sie begannen, hochtönende Ideale mit der Wirklichkeit zu vergleichen. Waren nicht unter den Professoren viele, die ihre Nazi-Vergangenheit erfolgreich unter den Teppich gekehrt hatten? Und noch viel mehr, die «mit geschwommen» waren, ohne Widerstand zu leisten? Ergo forderten die Studenten eine kritische Reflexion der Rolle von Universität und Wissenschaft in Gesellschaft und Demokratie. Die Universitäten waren nach ihrer Auffassung keine «Inseln der Seligen», sondern mussten sich der Wirklichkeit stellen, die allenthalben Züge von Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Unfreiheit aufwies.
Ausgestattet mit dem Rüstzeug, das ihnen Soziologie und politische Wissenschaften an die Hand gaben, stellten die Studenten vor allem eine Frage: Wo wird Macht ausgeübt, die nicht gerechtfertigt ist?
«Welchen Herrschaftsverhältnissen ist ein Arbeiter am Fließband unterworfen?»
«Was legitimiert die Macht des Arztes über seine Patienten in der Psychiatrie?»
«Wo wird der Einfluss großer Zeitungsverlage zur Gefahr für die Demokratie?»
«Welche Gruppierungen und Verbände beherrschen – jenseits parlamentarischer Kontrolle – den Staat?»
«Was berechtigt die Bundesrepublik, die dem Militarismus und Nationalsozialismus abgeschworen hat, eng mit Unterdrückungssystemen zusammenzuarbeiten?»
Griechenland, Spanien und Portugal, heute Mitglieder der Europäischen Union, waren damals Diktaturen; Frank­reich stand in den sechziger Jahren unter der staatsautoritären Führung von General de Gaulle. In Südafrika hielten weiße Rassisten die schwarze Bevölkerungsmehrheit mit Apartheidpolitik nieder. Auch in den USA wurde Rassentrennung praktiziert: bis Mitte der sechziger Jahre war es jedem Afroamerikaner verboten, sich neben einen Weißen zu setzen – ob in der Schule, im Bus oder auf eine Bank im Park. Die «demokratischen Staaten» des Westens machten gemeinsame Sache mit Diktatoren – sofern diese nur eines unterließen: sich auf die Seite der «Kommunisten» zu schlagen. In Vietnam führten die USA deshalb im Namen der Freiheit einen erbitterten Krieg.
Bei der deutschen Studentenbewegung handelte es sich keinesfalls um eine isolierte – quasi nationale – Erscheinung. Der Protest flammte an weit voneinander entfernten Orten fast zugleich auf: von Berkeley aus erfasste er die Sorbonne, Rom, Berlin und Dutzende anderer Universitätsstädte des Westens, erreichte auch Warschau und Prag. Doch dort erstickte der Polizeiapparat den Aufruhr schnell.
Mit der Bildung der Großen Koalition aus SPD und CDU/CSU im Dezember 1966 brachen die Hoffnungen der westdeutschen Studenten auf eine Neuorientierung der seit Kriegsende weitgehend restaurativen Innen- und Außenpolitik zusammen. Die Bereitschaft der SPD, zugunsten der Mitgestaltung der Politik auf ihre Oppositionsrolle zu verzichten, zerstörte den letzten Rest des Vertrauens, das selbst radikalisierte Studenten in die repräsentative Demokratie gesetzt hatten. Rudi Dutschke rief zum Aufbau einer «Außerparlamentarischen Opposition» auf. Statt sich mit deren Kritik und Forderungen inhaltlich zu befassen, rief die deutsche Mehrheitsgesellschaft nach dem Staat und übertrug die Auseinandersetzung mit dieser «APO» der Polizei.
Mit Hilfe von Demonstrationsverboten und Verhaftungen so genannter Rädelsführer, die sich nicht daran hielten, versuchte die Polizei den Protest «in den Griff» zu bekommen – und bewirkte das Gegenteil. Die APO gewann an Zulauf.
Das Handeln der Staatsgewalt schien ihrer Analyse von den Bütteln des Unterdrückungsapparats Recht zu geben. Dann der 2. Juni 1967: «Wenige Minuten, nachdem der Schah von Persien als Staatsbesucher seinen Platz in der Berliner Oper eingenommen hatte, um Mozarts Zauberflöte zu genießen, begann die Polizei eine generalstabsmäßige Jagd auf Demonstranten. Der Student Benno Ohnesorg wurde von einem Polizisten erschossen. Die Staatsmacht hatte damit das Gewalt-Tabu durchbrochen.»
Statt innezuhalten, heizten die Boulevard-Zeitungen des Springer-Konzerns überall in der Bundesrepublik und in Westberlin die Stimmung gegen protestierende Studenten an. Die Gewalt eskalierte. Die nach dem 2. Juni ins Auge gefasste Zusammenarbeit zwischen Sozialisten, Sozialdemokraten, Liberalen, Gewerkschaften, Christen und der liberalen Presse zerfiel, bevor sie sich vertiefen konnte. Viele wollten den Weg gewaltsamer Aktionen nicht mitgehen, den einzelne studentische Gruppen vorschlugen.
Die Militanz studentischer Aktionen garantierte diesen zwar Schlagzeilen in der Presse, verdrängte aber deren Ziele aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit.
Selbstkritische Diskussionen, differenzierende Analysen verloren sich im Getümmel mit Polizei und Gerichten.
Im Februar 1968 versuchten Studenten in Freiburg ein Gefängnis zu stürmen, um Kommilitonen zu befreien, und wurden selbst verhaftet. Verhaftungen nach Demos in Frankfurt, Kiel, Bonn, Tübingen, Göttingen, Saarbrücken und Berlin.
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Schütz gab die Linie des staatlichen Handels vor: «Wir sind entschlossen, nicht zuzusehen, dass an Universitäten kriminelle Handlungen zumindest angeregt, wenn nicht sogar gefördert und eingeleitet werden.»
Nach einer weitgehend friedlichen Demonstration im Anschluss an den «Vietnam-Kongress» forderte Bürgermeister Schütz im Verein mit CDU, SPD und Gewerkschaftern zu einer pro-amerikanischen Gegendemonstration auf, bei der fünfundzwanzig Menschen verletzt wurden.
Sowohl auf Seiten der Mehrheitsgesellschaft wie auf Seiten der protestierenden Studenten mahnten einige zur Besonnenheit, warnten davor, es auf einen offenen Machtkampf ankommen zu lassen. Doch die Scharfmacher ließen sich nicht beirren.
Anfang April 1968 setzten vier radikalisierte Anhänger der APO zwei Frankfurter Kaufhäuser in Brand. Zwei Tage später wurden sie gefasst, unter ihnen Andreas Baader und Gudrun Ensslin. Wie sie später vor Gericht erklärten, wollten sie mit der Brandstiftung «gegen die Gleichgültigkeit der Gesellschaft gegenüber dem Morden in Vietnam protestieren».
Unfähig, die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse realistisch zu bewerten, und die eigene Rolle als Avantgarde maßlos und rücksichtslos überschätzend ging eine Splittergruppe radikaler Studenten den ersten Schritt in den terroristischen Untergrund. Die ganz große Mehrheit der politisch aktiven Studenten jedoch war dazu nicht bereit. Über der Frage, wieweit sie selbst zur Macht und Anwendung von Gewalt legitimiert waren, zerbrach das Bündnis der Studentenbewegung. Die unterschiedlichen Fraktionen waren ohnehin nur durch einen gemeinsamen Gegner zusammengehalten worden. Die Niederlagen erfolgten nun Schlag um Schlag und zerstörten viele Hoffnungen.
Am 4. April 68 wird der schwarze Bürgerrechtler und Friedensnobelpreisträger Martin Luther King in Memphis, USA, von einem weißen Rassisten ermordet.
Eine Woche später schießt ein aufgehetzter Arbeiter Rudi Dutschke nieder und verwundet ihn schwer.
Im Mai rufen in Frankreich die Gewerkschaften aus Solidarität mit rebellierenden Studenten zum Generalstreik auf, der das Land lahmlegt und zeitweise ins Chaos stürzt, dann aber mit einer Niederlage der Studenten endet.
Im Juni erliegt Robert Kennedy, der Bruder des früheren US-Präsidenten, einem Attentat.
Im August besetzen Einheiten aus fünf Warschauer-Pakt-Staaten – unter Einschluss der DDR – die Tschechoslowakei und beenden den «Prager Frühling».
Die Studentenbewegungen – hier wie andernorts – mussten erkennen, dass der Lauf der Geschichte sich nicht an Proklamationen orientiert und der Fortschritt – wie Günter Grass später sagte – eine Schnecke ist. An die Stelle der Auseinandersetzungen um «politische Aktionen» – vor allem um die Frage der Gewalt, an der die APO zerbrach – trat der Streit um die «richtige» Theorie.
Mit geradezu sektiererischem Eifer widmeten sich die Fraktionen der Auslegung politischer Kirchenväter von Marx und Engels bis Kautsky, Bernstein und Marcuse. Je nach Standort belegten die großenteils dogmatisch ausgerichteten Gruppierungen Andersdenkende mit Ausdrücken wie «schein-revolutionäre Chaoten», «kleinbürgerliche Privatisten», «autoritätsfixierte Traditionalisten», «unpolitische Anhänger bürgerlicher Wahnvorstellungen von individueller Befreiung».
Die meisten dieser Gruppierungen – ob leninistisch, maoistisch, anarchistisch oder für die Einführung einer Räterepublik – gingen mehr oder weniger schnell in ihren theoretischen Glasperlenspielen auf und politisch unter. Reale Bedeutung für die Weiterentwicklung der Bundesrepublik erlangten vor allem die, welche sich – vorzugsweise – in der SPD auf den «langen Marsch durch die Institutionen» machten. Sie leisteten einen wesentlichen Beitrag dazu, dass Willy Brandt einen politischen Kurs einschlagen konnte unter dem Motto: «Mehr Demokratie wagen!»
Dann war da noch jenes Grüppchen, das anfangs eher belächelt wurde und vielleicht die nachhaltigste Wirkung erzielte: Die Studentinnen, die Kinderläden einrichteten und es nicht länger hinnehmen wollten, dass nur über die Befreiung von Völkern und Klassen geredet wurde, nicht aber über die Gleichberechtigung der Frauen. Der «Aktionsrat zur Befreiung der Frauen» hatte erheblichen Anteil daran, dass die Frauenbewegung entstehen konnte und dass sich das Gesicht der Bundesrepublik, was die Rechte der Frauen angeht, stark verändert hat.
Und schließlich sind da die Grünen und Alternativen, die ihre Wurzeln ebenfalls in der Studentenbewegung haben, auch wenn diese – wie bei der Frauenbewegung – tie­fer und weiter zurückreichen. Wenn heute auch parteipolitisch sehr konservativ eingestellte Bürger Initiativen gegen Planungen gründen und betreiben, weil sie den Wünschen der Bürger zuwiderlaufen, dann folgen sie dem Vorbild der Studenten – vermutlich ohne es zu wissen oder zu wollen.

Autor: Ulrich Mayer
Redaktion: Brigitte Reimer
© Bayerischer Rundfunk

Fragen zum Text

Aufgabe 1. Was trieb die Studentengeneration von 1968 auf die Barrikaden?

Aufgabe 2. Welche Bevölkerungsgruppen engagierten sich in der Studentenbewegung?

Aufgabe 3. Welche politische Einstellung hatten sie?

Aufgabe 4. Woran entzündete sich die Studentenbewegung von 1817?

Aufgabe 5. Wie endete die Studentenbewegung von 1817?

Aufgabe 6. Welches politische Klima prägte die Studentenschaft danach bis weit ins 20. Jahrhundert?

Aufgabe 7. Welche Haltung prägte die Studenten unmittelbar nach 1945?

Aufgabe 8. Wie hieß die studentische Organisation, die die Proteste initiierte und maßgeblich gestaltete?

Aufgabe 9. Warum kam es zum Bruch zwischen SPD und SDS?

Aufgabe 10. Wie hieß der bekannteste Wortführer von SDS und Studentenbewegung?

 

Mögliche Antworten

Aufgabe 1.
Der Protest gegen den Vietnamkrieg, gegen die Verdrängung der nationalsozialistischen Vergangenheit, die Allmacht der Springer-Presse – aber darüber hinaus auch alle Tabus der bürgerlichen Gesellschaft, alle Formen gesellschaftlich legitimierter Gewalt: repressive Sexualmoral, Unterdrückung der Frauen, ökonomische Ausbeutung.

Aufgabe 2.
Hauptsächlich Studenten, aber auch viele Schüler, Lehrlinge und Erwachsene.

Aufgabe 3.
Sie waren links, allerdings häufig zerstritten und uneins.

Aufgabe 4.
Am Protest gegen die ständische und absolutistische Ordnung, die sich, trotz Französischer Revolution, in Deutschland starr und überlebensfähig zeigte.

Aufgabe 5.
Sie wurde niedergeschlagen. Die «Karlsbader Beschlüsse» verfügten ein Verbot der Burschenschaften und die Verfolgung der Studenten und Sympathisanten.

Aufgabe 6.
Sie waren mehrheitlich reaktionär und unterstützten sogar das nationalsozialistische Gewaltregime.

Aufgabe 7.
Politikfeindlichkeit, Tendenz zur Verdrängung der Vergangenheit, Rückzug ins Private, staatsautoritäre Einstellungen waren weit verbreitet.

Aufgabe 8.
SDS – Sozialistischer Deutscher Studentenbund.

Aufgabe 9.
Weil sich die SPD 1958 von der Anti-Atomtod-Bewegung lossagte, mit dem Godesberger Programm von 1959 dem Sozialismus abschwor und zur Volkspartei mutierte.

Aufgabe 10.
Rudi Dutschke.

 

Glossar

Anti-Atomtod-Bewegung
Ende der 1950er Jahre wollten Adenauer und Strauß die Bundeswehr atomar aufrüsten. Dagegen formierte sich diese Bewegung.

Außerparlamentarische Opposition
Oppositionelle Bewegung, die kein Sprachrohr im Parlament hat (und auch keins haben will), sondern sich außerhalb des Parlaments formiert. Die studentische außerparlamentarische Opposition (APO) war die erste Bewegung dieser Art in der Bundesrepublik und formierte sich gegen die Große Koalition von 1966.

Bildungskommission
Gremium des Deutschen Bildungsrates, einer politisch-nationalen Körperschaft für die Planung des gesamten Bildungswesens, gegründet von Bund und Ländern, bestand zw. 1966 und 1975.

Burschenschaft
Sonderform der Studentenverbindung, gegründet von vaterländisch-demokratisch gesinnten Studenten in Deutschland 1815 nach den Befreiungskriegen gegen Napoleon. Die Mitglieder unterstützen sich bei der beruflichen Karriere und sind heute bürgerlich-konservativ eingestellt, oft mit einer deutlichen Tendenz nach rechts, auch Kontakte zu Rechtsextremisten kommen vor.

Godesberger Programm
Parteiprogramm der SPD von 1959 bis 1983, verabschiedet von einem außerordentlichen SPD-Parteitag in Bad Godesberg, markiert die Wende zur pragmatischen Volkspartei weg vom sozialistischen Klassenkampf.

Große Koalition
Koalition der größten Parlamentsparteien, in der Bundesrepublik faktisch zwischen SPD und CDU/CSU (1966–1969 und seit 2005).

Grüne
Politische Partei (seit der deutschen Wiedervereinigung Bündnis 90/Die Grünen) mit Schwerpunkt auf Ökologie, formierte sich Mitte bis Ende der 1970er Jahre, als Bundespartei gegründet am 13. Januar 1980.

Karlsbader Beschlüsse
Am Ende der Karlsbader Konferenz 1819 unter Federführung von Klemens Metternich ergangene Beschlüsse zur Bekämpfung liberaler und nationaler Tendenzen in Deutschland. Maßnahmen u. a. Überwachung der Universitäten, Pressezensur.

Rädelsführer
(Frühneuhochdeutsch rädlein «Zusammenrottung, Schar von Landsknechten») Anführer einer Verschwörung, eines Aufstands oder einer Rebellion.

Räterepublik
Regierungssystem, in dem das Volk die Herrschaft über direkt gewählte Räte ausübt, ohne Gewaltenteilung und Parteien. Räte sind Gesetzgeber, Regierung und Gerichte in einem, werden von in Basiseinheiten organisierten Bürgern gewählt (Arbeiter eines Betriebes, Bewohner eines Bezirks).

relegieren
(Lat. relegare – fortschicken, verbannen, entfernen): von einer Schule oder einer Hochschule entfernen.

Sozialistischer Deutscher Studentenbund (SDS)
1946 in Hamburg als parteiunabhängiger, aber der SPD nahe stehender Studentenverband gegründet. Ab Mitte der 50er Jahre vermehrte Spannungen zwischen SPD und SDS, 1961 Unvereinbarkeitsbeschluss der SPD. Daraufhin entwickelte sich der SDS zum Sammelbecken für Neue Linke. 1970 Selbstauflösung aufgrund von Richtungskämpfen.

Springer-Presse
Druckerzeugnisse der Axel Springer AG, vor allem die Boulevardzeitungen «Bild» und «Die Welt».

Verbindungen
Studentenverbindungen bieten Studenten organisierte Gemeinschaften mit starkem Traditionsbewusstsein von unterschiedlicher Prägung und konservativer Grundhaltung; eine Sonderform ist die Burschenschaft.

Warschauer-Pakt-Staaten
Militärischer Beistandspakt des Ostblocks (1955–1991) unter der Führung der Sowjetunion. Mitglieder: Albanien, Bulgarien, DDR, Polen, Rumänien, Tschechoslowakei, UdSSR, Ungarn. Gegenspieler der NATO im Kalten Krieg zwischen Ost und West.

 

Personen

Adenauer, Konrad (1876–1967)
Erster Bundeskanzler der Bundesrepublik von 1949–1963, CDU.

Adorno, Theodor (1903–1969)
Deutscher Philosoph, Soziologe, Musiktheoretiker, Komponist, führender Kopf des gesellschaftskritischen Frankfurter Instituts für Sozialforschung (Frankfurter Schule), Kritik an und Aufdeckung von Herrschaftsansprüchen stand im Zentrum seiner Philosophie.

Bernstein, Eduard (1850–1932)
Politiker und Theoretiker (SPD), wollte Fortschritt durch einen stetigen Reformprozess (und nicht durch radikale Forderungen) erreichen, was ihm die Gegnerschaft einiger Linkspolitiker einbrachte.

Brandt, Willy (1913–1992)
Sozialdemokratischer Politiker, 1969–1974 Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland.

Dutschke, Rudi (1940–1979)
Soziologe, Studentenführer, Sozialist mit christlichen Wurzeln, markantester Kopf der 68er-Bewegung, später Gründungsmitglied der Grünen.

Engels, Friedrich (1820–1895)
Politiker und Philosoph, entwickelte gemeinsam mit Karl Marx die marxistische Gesellschaftstheorie.

Erhard, Ludwig (1897–1977)
Bundesminister für Wirtschaft (1949–1963), Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland (1963–1969), CDU. Gilt als Mitbegründer des Konzepts der Sozialen Marktwirtschaft.

Grass, Günter (* 1927)
Deutscher Schriftsteller (Die Blechtrommel), Maler und Graphiker, Mitglied der Gruppe 47, Nobelpreisträger (1999).

Habermas, Jürgen (* 1929)
Deutscher Philosoph. 1964–1971 Professor für Philosophie und Soziologie in Frankfurt. Bekannt für seine Diskursethik (Regeln für einen herrschaftsfreien Diskurs).

Horkheimer, Max (1894–1973)
Deutscher Philosoph und Soziologe, zusammen mit Adorno Hauptvertreter der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule.

Kautsky, Karl (1854–1938)
Führender Theoretiker der Sozialdemokratie, vermittelte zwischen der reformorientierten Parteiführung und der radikalen Linken.

Kennedy, Robert (1925–1968)
Amerikanischer Politiker, Gegner der Rassendiskriminierung und der Vietnampolitik, wollte Präsident werden wie sein Bruder John F., fiel wie er einem Attentat zum Opfer.

King, Martin Luther (1929–1968)
Baptistenpastor, Bürgerrechtler, Kämpfer gegen die Unterdrückung der Schwarzen, fiel einem Attentat zum Opfer.

Marcuse, Helmut (1898–1973)
Deutsch-amerikanischer Soziologe und Philosoph (Triebstruktur und Gesellschaft, Der eindimensionale Mensch). Versuchte, eine befreite Gesellschaft nicht nur vernunfttheoretisch, sondern auch triebtheoretisch zu begründen.

Marx, Karl (1818–1883)
Philosoph und Kritiker der bürgerlichen Ökonomie (Das Kapital), Begründer der später «marxistisch» genannten, auf revolutionäre soziale Veränderung zielenden Gesellschaftstheorie.

Ohnesorg, Benno (1940–1967)
Student der Romanistik und Germanistik, am 2. Juni 1967 von einem Polizisten während einer vom SDS organisierten Demonstration gegen den Schah von Persien erschossen. Sein Tod radikalisierte die rebellischen Studenten.

Schütz, Klaus (*1926)
Deutscher Politiker der SPD, 1967–1977 regierender Bürgermeister von Berlin.

Der Text ist entnommen aus: http://www.br-online.de/wissen-bildung/collegeradio/medien/geschichte/proteste/manuskript