Sonderthema
Stimmen über Oswald von Wolkenstein
Ein Leben für drei Leben: Fahrender Ritter und bäuerlicher Edelmann, Politiker und Diplomat. Und
Dichter, Komponist, Sänger, so virtuos und reich und vielseitig wie kein anderer in seinem Land und
seiner Zeit. Ein sperriger, ichbewusster, fast barock-pompöser Mensch in einer zerfallenden
spätmittelalterlichen Welt. Oft äußerlich, lärmend, brutal in seinen Liedern wie in seiner
Existenz, und zugleich überempfindlich, verwundbar, von einer bis dahin unbekannten Intensität des
Fühlens. ... Ein Renaissance-Mensch: Kaum ein Dichter deutscher Zunge hat so bewusst und ausdauernd
Ich gesagt, so ungehemmt sich selbst, den eigenen Namen ins Werk einbezogen.
Klaus J. Schönmetzler: Oswald von Wolkenstein. Die Lieder in Text und Melodien neu
übertragen und kommentiert
«... ein intensiv gelebtes Leben: exzessiv, exzentrisch, egoistisch, widersprüchlich,
sinnlich, streitlustig, zynisch, fromm, kreativ, produktiv bis zur Triebhaftigkeit, stolz,
rechthaberisch, anlehnungsbedürftig, neugierig und angefochten.»
Jens Voskamp: Des Minnesängers Jagd nach dem Glück
«Man hat eingesehen, dass mit Schlagwörtern
wie ‹der letzte Minnesänger›, ‹Renaissancelyriker›, ‹Erlebnisdichter› oder gar ‹der Hemingway
seiner Zeit› bestenfalls einzelne Züge dieser komplexen Erscheinung bezeichnet sind. ... Oswald,
Kind des vielgesichtigen Spätmittelalters, dichtend in einer Zeit, in der vielfältige
Literaturtraditionen bunt durcheinander lebten, aber nur wenige Einzelwerke sich über die
allgemeine Mittelmäßigkeit erhoben, in einer Zeit, in der die alten Bindungen, Schemata, Formeln
schon frei verfügbar und beliebig umkehrbar schienen und doch noch immer die einzige Möglichkeit
der Orientierung darstellten. ... Die Formelsprache hat Oswald variiert und ganz erheblich
erweitert. Durch Reihung und Häufung von Wortmaterial, durch Aufnahme von Sprachgut aus anderen
literarischen Traditionen, aus dem Dialekt und aus Fachsprachen und durch manche eigenwillige
Neubildungen ist der Ausdruck reicher und bunter geworden, oft konkreter, sinnlicher, gesteigert
manchmal ins Derbe, manchmal ins Ironische, manchmal ins Verspielte bis an die Grenze manirierter
Künstlichkeit.»
Burghart Wachinger: Oswald von Wolkenstein. Eine Auswahl aus seinen
Liedern