Bildung und Erziehung
Wie beeinflusst die Schule die psychische Gesundheit von Schülern?
Mit dieser Frage beschäftigt sich eine Studie der Forschungsgruppe Schulevaluation an der TU Dresden, die vor Kurzem unter dem Titel «Schule und psychische Gesundheit» im VS Verlag Wiesbaden erschienen ist. Die Untersuchung des Psychologen Ludwig Bilz kommt zu dem Ergebnis, dass besonders jene Schüler gefährdet1 für Ängste, depressive Symptome und psychosomatische Beschwerden sind, die Opfer von Mitschüler-Mobbing2 geworden sind.
Aber nicht nur das Klima zwischen den Schülern ist von Bedeutung, auch vom Lernklima gehen Einflüsse aus. So erhöht sich das Risiko für psychische Beeinträchtigungen3 dann, wenn sich Schüler durch die Lernbedingungen überfordert4 fühlen. Der Autor zeigt, dass diese Risikofaktoren auch über einen Zeitraum von vier Jahren hinweg ihre Spuren hinterlassen.
Aus diesen Befunden können Schlussfolgerungen für die Gestaltung von Schule und Unterricht gezogen werden, die im Rahmen der Studie breit diskutiert werden. Auch für die Optimierung der in diesem Bereich noch in den Anfängen befindlichen Prävention kann sie wichtige Impulse liefern. Die Untersuchung ergibt weiterhin, dass auf der Prozessebene das Selbstkonzept der Jugendlichen eine wichtige Rolle spielt. Hier führen negative schulische Erfahrungen unter Umständen dazu, dass Schüler sich selbst und ihre schulischen sowie sozialen Kompetenzen in einem immer schlechteren Licht sehen. Eine derart verzerrte Selbstsicht bildet offenbar die Grundlage für die vor allem bei Mädchen verbreiteten emotionalen Auffälligkeiten.
Obwohl die Schule eine zentrale Entwicklungsumwelt für Jugendliche ist, liegen nur wenige wissenschaftliche Erkenntnisse zu ihren Einflüssen auf die psychische Gesundheit vor. Hier setzt die Untersuchung an. Sie geht der Frage nach, welche schulischen Risikofaktoren es für emotionale Auffälligkeiten gibt und über welche Prozesse sie die Entwicklung der Jugendlichen beeinflussen. Die Grundlage der Analysen bildet eine Befragung von über 4000 Mädchen und Jungen im Alter von 11 bis 16 Jahren. In dieser Altersphase treten emotionale Auffälligkeiten häufig zum ersten Mal auf und erhöhen das Risiko für psychische Erkrankungen bis ins Erwachsenenalter. Die Studie steht im Kontext der internationalen HBSC-Studie (Health Behaviour in School-aged Children) zur Gesundheit und zum Gesundheitsverhalten von Schülern. Die HBSC-Studie wird im Auftrag der WHO parallel in über 40 Ländern durchgeführt.
1 ge|fähr|den <sw. V.; hat> [spätmhd. geverden, zu Gefahr]: in eine bestimmte Gefahr bringen; einer bestimmten Gefahr aussetzen: jmdn., jmds. Leben, Gesundheit g.; den Erfolg einer Sache g.; <häufig im 2. Part.:> [sittlich, sozial] gefährdete (sittlich, sozial bedrohte) Jugendliche; bei zwei Schülern ist die Versetzung gefährdet (sie werden möglicherweise nicht versetzt werden); sein Sieg schien gefährdet (in Gefahr).
2 mob|ben <sw. V.; hat> [engl. to mob = über jmdn. herfallen, sich auf jmdn. stürzen, zu: mob, Mob] (Jargon): eine Arbeitskollegin, einen Arbeitskollegen ständig schikanieren, quälen, verletzen [mit der Absicht, ihn bzw. sie aus der Firma o. Ä. zu vertreiben]: jmdn. [aus dem Amt] m.
3 be|ein|träch|ti|gen <sw. V.; hat> [zu ostmd. Eintracht = Eintrag]: a) auf jmdn., etw. eine behindernde, hemmende, negative Wirkung ausüben: jmdn. in seiner Freiheit b.; das schlechte Wetter hat die Veranstaltung beeinträchtigt; sich [durch etw.] beeinträchtigt fühlen; b) verschlechtern, [in seinem Wert] mindern: seine Leistungsfähigkeit wird durch die Krankheit beeinträchtigt; Alkohol beeinträchtigt das Reaktionsvermögen.
4 über|for|dern <sw. V.; hat>: zu hohe Anforderungen an jmdn., sich, etw. stellen: ein Kind mit Aufgaben ü.; das Herz, den Kreislauf ü.; das überfordert die Vorstellungskraft; <oft im 2. Part.:> sich überfordert fühlen; die Feuerwehr war überfordert.