Bildung und Erziehung
EU garantiert Hilfe für Schulschwänzer
In Deutschland beenden jährlich etwa 80 000 junge Menschen ihre Schullaufbahn vorzeitig und etwa zehn Prozent der zwölf Millionen schulpflichtigen Jugendlichen bleiben wochen- oder gar monatelang dem Unterricht fern1. Meist handelt es sich um junge Menschen im Alter von 13 bis 16 Jahren. Sie fühlen sich überfordert2 und von Klassenkameraden oder Lehrern missverstanden. Oftmals lassen aber auch familiäre Probleme und Belastungen die Kinder zu Schulschwänzern3 werden. Sie leben dann in ihrer ganz eigenen Welt und verbringen ihre Zeit in Kaufhäusern oder treiben sich in Parkanlagen herum. Die Dauer des schulischen Bildungsgangs ist in Deutschland dennoch rechtlich festgelegt. Es besteht eine Schulpflicht, die neun Jahre umfasst und somit einen Hauptschulabschluss gewährleistet.
Bisher drohten Schulschwänzern und -verweigerern meist Sanktionen. Jetzt sollen sie mit Hilfe der Europäischen Union eine neue Chance erhalten. Mit dem Projekt «School Inclusion» soll präventiv gegen Schulabgänger und Schulverweigerer vorgegangen werden. An dem Projekt beteiligen sich gleich mehrere Länder, da die Basis der Probleme in allen EU-Staaten gleich ist. Neben Deutschland sind das Griechenland, England und Italien. Mit dem Ziel, die Schulabgängerquote zu reduzieren, wurde ein Online-Trainingsprogramm für Lehrer entwickelt. Lehrkräften wird damit die Möglichkeit gegeben, sich mit ihren eigenen Ideen und Lösungsvorschlägen an dem Projekt zu beteiligen. Warum bleiben Jugendliche der Schule fern? Wie begegnen Lehrkräfte dem Schwänzen? Was ist zu tun bei Schulverweigerung? Auf diese und andere Fragen gilt es Antworten zu finden.
Gelingen soll das mit einem e-Learning-Handbuch, welches fünf Module enthält. e-Learning steht für elektronisch unterstütztes Lernen, unter Benutzung digitaler Medien. Eines der Module kann Lehrern dabei nützlich sein, Risikofaktoren zu identifizieren und gefährdete Schüler frühzeitig zu erkennen. Des Weiteren soll die Kommunikation zwischen Eltern, Schülern und Lehrern verbessert werden. In einem weiteren Modul werden multimediale Lernmethoden individuell auf Risikoschüler zugeschnitten. Wichtig ist es auch, dass die Kompetenzbereiche der Schüler besser erfasst werden. Was kann ein Schüler besonders gut und was mag er gar nicht? So wird es den Lehrern leichter gemacht, den Schülern mehr Freude am Unterricht zu vermitteln. Beispielsweise erhält ein Jugendlicher, der handwerklich begabt ist, die Möglichkeit, positive Erfahrungen in diesem Bereich zu sammeln. Durch Kooperationen mit anderen Instituten wie berufsbildenden Schulen, Erziehungsberatungsstellen und Unternehmen werden Lehrer unterstützt.
Das Projekt wird voraussichtlich bis 2009 eingehend geprüft, optimiert und fertiggestellt. Die einzelnen Module sollen für die Lehrer eine Anleitung sein, an der sie sich orientieren können. Das Handbuch wird nach Fertigstellung in deutscher und englischer Fassung im Internet abrufbar sein.
1 fern|blei|ben <st. V.; ist> (geh.): (an etw.) nicht teilnehmen: dem Unterricht [unentschuldigt] f.; <subst.:> er wurde wegen unentschuldigten Fernbleibens von der Arbeit abgemahnt.
2 über|for|dern <sw. V.; hat>: zu hohe Anforderungen an jmdn., sich, etw. stellen: ein Kind mit Aufgaben ü.; das Herz, den Kreislauf ü.; das überfordert die Vorstellungskraft; <oft im 2. Part.:> sich überfordert fühlen; die Feuerwehr war überfordert.
3 schwän|zen <sw. V.; hat> (ugs.): an etw. planmäßig Stattfindendem, bes. am Unterricht o. Ä. nicht teilnehmen; dem Unterricht o. Ä. fernbleiben, weil man gerade keine Lust dazu hat: die Schule, eine [Unterrichts]stunde, Biologie, eine Klassenarbeit, eine Vorlesung, den Dienst s.; <auch o. Akk.-Obj.:> er hat neulich wieder geschwänzt.