Главная страница «Первого сентября»Главная страница журнала «Немецкий язык»Содержание №6/2009

Aktuelles

Wirtschaft, Studium und Seele

Liebe Leserinnen, liebe Leser,
über aktuelle Arbeit und Projekte des Goethe-Instituts Moskau erzählt Dr. Johannes Dahl, Leiter der Spracharbeit und stellvertretender Institutsleiter.

Frage: Herr Dahl, könnten Sie bitte sagen, was ist das Goethe-Institut heute?
Dr. Johannes Dahl: Das Goethe-Institut ist das größte Kulturinstitut der Bundesrepublik Deutschland, welches in den Bereichen Information, Bibliothek, Programmarbeit, kultureller Austausch und Sprache tätig ist. Sprache heißt hier die eigenen Sprachkurse am Goethe-Institut und natürlich auch die Förderung der deutschen Sprache an Schulen, Universitäten, was wir Bildungskooperation Deutsch nennen.

Was heißt «das größte» Kulturinstitut?
Es gibt 13 Institute in Deutschland und 173 Goethe-Institute und -Zentren in 93 Ländern.

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Dr. Johannes Dahl

Allein in Russland sind zwei Goethe-Institute, in Moskau und in Sankt Petersburg...
Hier sollte ich ergänzen: Wir sind bald drei Goethe-Institute in Russland. Wir werden am 13. März ein neues Institut in Nowosibirsk eröffnen, was uns sehr freut. Dieses Institut in Nowosibirsk wird sich dann vor allem auf die Arbeit in Sibirien konzentrieren.

Die Zahlen sind beeindruckend. Soll es bedeuten, dass ein lebhaftes Interesse für die deutsche Kultur und die deutsche Sprache weltweit immer noch besteht? Obwohl Englisch zur Lingua franca geworden ist und andere Fremdsprachen verdrängt. Wie soll sich das Goethe-Institut dieser Tendenz anpassen?
Das ist eine sehr gute Frage. In der Tat sind wir hier zurzeit, was Deutsch an den Schulen betrifft, in einer schwierigen Situation, jedoch immer noch auf einem sehr hohen Niveau. Wir haben in Russland ungefähr 2 000 000 Schüler, die Deutsch als erste Fremdsprache lernen. Weltweit gesehen ist das einzigartig. Wir haben ungefähr 28 000 Deutschlehrerinnen und -lehrer. Es gibt in Russland ein sehr großes und starkes Interesse an der deutschen Sprache.
Andererseits ist natürlich die Konkurrenz zu Englisch sehr stark. Und wenn die russische Regierung und die Schulbehörden weiterhin nur eine Fremdsprache für die Schüler verpflichtend machen, wird Deutsch weiter verlieren. Daran arbeiten wir sehr intensiv: Wir legen verschiedene Projekte zur Werbung für Deutsch auf, wir versuchen deutsche Firmen in Russland für die Unterstützung der deutschen Sprache zu gewinnen, wir gehen auch immer wieder in das Ministerium und wir arbeiten mit regionalen Bildungsbehörden eng zusammen, damit Deutsch in Russland weiterhin eine starke Stellung haben wird.

Warum ist das von Bedeutung?
Es gibt immer noch zwei, drei sehr große oder starke Gründe, warum man in Russland Deutsch lernen sollte. Zum einen sind es die engen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Russland und Deutschland, die es jungen Menschen ermöglichen, mit Sprachkenntnissen eine gute berufliche Anstellung zu finden. Zum anderen sind es die akademischen Chancen, Stichwort «Studium in Deutschland – Bologna-Abkommen». Und diese zwei Perspektiven sind gute Gründe zum Deutschlernen. Zum dritten gibt es eine Art sentimentale Bindung an die deutsche Sprache und Kultur, die auch nicht ganz unwichtig ist.

Sie machen ja Werbeprojekte für Deutsch. Worauf zielen diese Projekte? Welche sind es?
In erster Linie wollen wir zeigen, Deutsch ist cool, Deutsch ist gut für deine Ausbildung und für deine Karriere.
Ein Projekt heißt «Sprache – Bildung – Wirtschaft». Das sind Workshops oder Treffen der Vertreter der deutsch-russischen Industrie mit Leitern von Bildungsbehörden oder Universitäten, wo wir einfach über die Chancen, die das Lernen von Deutsch bietet, sprechen.
Ein anderes Projekt ist «Schulen: Partner der Zukunft» (PASCH). Das ist eine Initiative der Bundesrepublik Deutschland. Das Ziel dieser Initiative ist, ein weltweites Netz von 1000 Partnerschulen aufzubauen und so bei jungen Menschen Interesse für die deutsche Sprache und die deutsche Kultur zu fördern.
In Russland werden 14 Schulen ausgewählt und vom Goethe-Institut unterstützt. Außerdem wird das Goethe-Institut den Kontakt dieser Schulen mit Deutschland und mit Partnerschulen weltweit koordinieren. Wir hoffen, dass dieses PASCH-Projekt einen neuen Impuls für Deutsch an russischen Schulen gibt.

Welche Schulen können an diesem Projekt teilnehmen?
Wir haben ein langes Bewerbungsverfahren aufgrund der Empfehlungen der Schulbehörden dort durchgeführt, wo Deutsch noch eine wichtige Rolle spielt. Wir haben uns die Kriterien der Schulen angeschaut: Waren sie schon mal erfolgreich bei Olympiaden oder sind sie im Nationalprojekt des Präsidenten, erhalten sie dort Förderung? Wir wollen sehr sehr gute Schulen für dieses Projekt gewinnen. Es können auch durchaus Schulen mit einem naturwissenschaftlich-mathematischen Profil sein, wo Deutsch nicht die zentrale Rolle spielt. Wir wollen damit neue Freunde für Deutschland und für die deutsche Sprache gewinnen. Bisher waren wir an diesen Schulen relativ schwach vertreten.

Gibt es weitere Projekte?
Wir machen noch einen weiteren großen Wettbewerb für Schulen unter dem Slogan «Deutsch lernen – die Zukunft gestalten», durch den wir ungefähr 30 Schulen finden wollen, die bereit sind, sich in besonderer Weise für die Förderung von Deutsch zu engagieren. Wir machen auch ein Parallelprojekt mit 30 Universitäten zur Förderung von Deutsch im studienbegleitenden Deutschunterricht. Wir möchten damit Deutsch auch im studienbegleitenden Deutschunterricht fördern, weil hier die deutsche Sprache eine bedeutende Rolle spielt bei den Studenten anderer Fächer und ihnen eine Perspektive zur Fortsetzung der Studien in Deutschland bieten kann.
Wir machen ein Projekt mit dem DAAD und der Universität Jaroslawl, der Internationalen Universität für Business und neue Technologien (MUBINT), wo wir den deutschsprachigen Studiengang im Bereich Wirtschaft fördern. Die Studenten können ein russisches Diplom oder Bachelor machen, und wenn sie weiterstudieren wollen, können sie später dann ihr Studium in Deutschland fortsetzen.

Die Schulen und Universitäten sollen sich für die Förderung von Deutsch engagieren. Auf welche Weise? Was werden sie machen sollen?
Sie werden ein Konzept ausarbeiten, wie Deutsch bei ihnen gestärkt werden kann. Dabei werden sie Ideen formulieren, wie man Schüler und Studenten für Deutsch gewinnt, wie man Deutschunterricht verbessert u. a.

Das Goethe-Institut fördert begabte Deutschlerner, aber es unterstützt ganz intensiv auch Deutschlehrer. Mit Lehrwerken oder auch dadurch, dass Fortbildungsseminare durchgeführt werden. Welche Rolle spielen solche Seminare Ihrer Meinung nach?
Die wichtigsten Werber für die deutsche Sprache sind die Lehrer selber, indem sie – wenn ich so sagen kann – ein gutes Produkt verkaufen. Wir helfen ihnen dabei, dass sie einen Unterricht nach modernen kommunikativen Methoden machen. Wir können über Lehrmittelspenden auch moderne Lehrwerke an Schulen und Universitäten liefern.
In Russland gibt es auch ein Netz von 70 Multiplikatoren, die die Fortbildung für Deutschlehrer durchführen. Wir haben gerade ein Curriculum für die Ausbildung von neuen Multiplikatoren fertiggestellt und haben eine neue Generation von Multiplikatoren ausgebildet. Das war ein zweijähriger Ausbildungsprozess zusammen mit der Föderalen Lehrerfortbildungsakademie. Wir sind sehr stolz auf dieses Projekt und hoffen auf eine Anerkennung dieser Seminare von den Behörden hier im Lande.
So erreichen wir durch diese 70 Multiplikatoren ungefähr 2500 Lehrer mit Fortbildungsmaßnahmen.
Dann haben wir noch Netzwerkkurse hier in Russ­land. Ferner machen wir mit 20 Universitäten Fernstudienkurse zur Methodik, Didaktik, Landeskunde. Wir bieten den MultiMediaFührerschein an und fördern auch die deutsche Sprache in Russland durch 17, bald 18 Sprachlernzentren, verteilt in den russischen Regionen.

Was ist ein Sprachlernzentrum?
Ein Sprachlernzentrum ist eine russische Einrichtung, meistens angegliedert an die Universität, es gibt aber auch ganz selbstständige, z. B. in Kemerowo oder Nishnij Nowgorod, die in der Hauptsache Sprachkurse anbieten. Außerdem bereiten sie die Lerner auf die Prüfungen vor, die inzwischen sehr wichtig geworden sind, diese A1- oder A2-Prüfung für die russisch-deutsche Minderheit oder für die sogenannte Familienzusammenführung. Wenn ein russischer und ein deutscher Ehepartner zusammenleben wollen, müssen sie eine Sprachprüfung vorher hier machen, wenn sie nach Deutschland wollen. Und wir bereiten sie darauf vor.
Und natürlich gilt dies auch für die beruflichen Qualifikationen der jungen Menschen, d. h. durch die Deutschkenntnisse werden sie wichtige Qualifikationen bekommen, die in ihrem Beruf wichtig sein können.

Werden auch am Goethe-Institut in Moskau solche Kurse angeboten?
Ja. Die Sprachkurse in Moskau spielen schon eine sehr große Rolle, wir haben über 4 000 Kursteilnehmer im Jahr. Trotz der Wirtschaftskrise haben wir weiterhin eine sehr gute Nachfrage. Auch bildungspolitisch sehen wir die Sprachkurse als eine wichtige Aufgabe an, weil wir damit die jungen Menschen erreichen, die beruflich oder akademisch sich etwas vorgenommen haben.
Ein anderes Feld, wo wir stärker aktiv werden wollen, sind Kurse für Firmen. Sie wissen ja auch, dass Volkswagen eine große Niederlassung in Kaluga plant, da hoffen wir ins Gespräch zu kommen mit Volkswagen. Wir haben uns in unserer Planung vorgenommen, dass wir das auch verstärken wollen.
Es gibt auch eine ganze Reihe von Russen, die jetzt nach Deutschland gehen, um zu arbeiten an russisch-deutschen Firmen (es gibt nicht nur deutsch-russische Firmen, sondern auch russisch-deutsche). Auch die sind für uns eine interessante Zielgruppe.

Schön. Die einzige «benachteiligte» Zielgruppe scheinen die Kinder zu sein. Warum nicht Kurse für kleine Kinder gründen?
Ja, wir sind am Überlegen, ob wir auch Kinderkurse hier anbieten sollen. Im Augenblick sind wir da etwas zögerlich, weil die Aufsicht noch geklärt werden muss, aber auch weil wir keine neuen Räume zur Verfügung haben, da wir so gut gewachsen sind. Wenn wir neue Räume haben, wenn wir Lehrer dafür vorbereitet haben, denn das ist sicherlich notwendig, dann können wir auch diese Aufgabe angehen.

Herr Dahl, Sie haben schon mal über Prüfungen, die am Goethe-Institut durchgeführt werden, gesprochen. Was für Prüfungen sind das?
Das sind international bekannte Prüfungen. Die Skala reicht von A1-, A2-Prüfungen für Anfänger bis zur obersten Prüfung Test DaF, was wir häufig zusammen mit dem DAAD machen. Und mit Test DaF haben die Prüflinge dann die Möglichkeit, an einer deutschen Universität zu studieren, was die Sprachkenntnisse angeht.
Ich möchte noch hinzufügen, dass wir uns bei den Prüfungen an die Stufen des Europäischen Referenzrahmens orientieren. Der Europäische Referenzrahmen im Fremdsprachenbereich ist die wichtigste Innovation der letzten 10–15 Jahre.

Können die wichtigsten (oder irgendwelche) Punkte des Europäischen Referenzrahmens in den schulischen Deutschunterricht in Russland eingegliedert werden?
In Zusammenarbeit mit der Moskauer Linguistischen Universität, dem Moskauer Lehrerfortbildungsinstitut und dem British Council bilden wir,
u. a. Tutoren aus, die dann Lehrer betreuen, wenn sie das Portfolio im Unterricht mit ihren Schülern anwenden wollen. Das ist auch eines unserer Projekte, die wir für wichtig halten.

Gibt es weitere Gebiete, wo das Goethe-Institut aktiv arbeitet?
Eine weitere Gruppe, die wir betreuen, ist die russ­landdeutsche Minderheit. Da machen wir Austauschprogramme für Jugendliche, bringen junge Leute aus Russland nach Deutschland oder umgekehrt. Wir fördern auch die Deutschlehrer in den Gebieten der russlanddeutschen Minderheit, in Absprache mit der GTZ.

Wie findet man neue Interessenten für Deutsch und Deutschland?
In erster Linie durch Kultur. Wir haben eine Web-Seite (http://www.goethe.de/ins/ru/mos/deindex.htm), wo man viele Informationen bekommen kann. Wir machen ein zweisprachiges Portal (http://www.totschka-treff.de/) für junge Menschen. Außerdem können sie auch unsere Informationen über Kulturveranstaltungen elektronisch oder in gedruckter Fassung bekommen.
Der Kulturbereich hat schon immer viele Veranstaltungen gemacht, wie z. B. ein Tanztheater, wo Deutschland zurzeit wirklich eine Menge anzubieten hat. Pina Bausch war ein paarmal in Moskau. Wir haben das Junge Deutsche Theater hier in Moskau zu einem Theaterfestival gehabt und wir führen jeden Monat einen Film vor, dies wird von der Programm­abteilung organisiert. Das Format heißt 19/19: Immer am 19. eines Monats um 19 Uhr wird ein Film gezeigt. Da gibt es also eine ganze Reihe von Veranstaltungen, die hier auch passieren. Im Augenblick haben wir ein großes Projekt, das heißt «Sibstantia», bei dem deutsche Künstler zusammengeführt werden mit russischen Künstlern, was jetzt in Sibirien gerade passiert...

Herr Dahl, Sie wissen ja, die Menschen leben immer mit und von Assoziationen und Erinnerungen. Im Laufe von zwei Jahren, wenn ich Ihren Namen höre, entsteht bei mir nur ein Bild oder nur eine Erinnerung: Vor zirka zwei Jahren sind Sie für eine halbe Stunde nach Twer gekommen, um Teilnehmern und Siegern der Deutsch­olympiade zu gratulieren. Warum war es für Sie so wichtig?
Das war das Finale einer Deutscholympiade. Ich finde, diese jungen Schüler, die so toll Deutsch gelernt haben, verdienen einfach Respekt und Anerkennung. Und das war für mich in der Tat damals schwierig, weil am Abend es einen großen Empfang für den neuen Institutsleiter gab. Und ich war relativ kurz bei der Olympiade, ich fuhr dann zurück und geriet in einen totalen Verkehrsstau! Zum Empfang kam ich dann zwei Stunden zu spät, als er schon fast vorbei war. Ich hätte genauso gut fünf Stunden in Twer bleiben können!
Also, das ist ein Teil unserer Arbeit. Aber das Tolle ist wirklich diese Begeisterung der Schüler für die deutsche Sprache und ihre Leistungen, die sie zeigen. Und das versuchen wir so gut wir können auch zu fördern.

Herr Dahl, was möchten Sie sich selbst, dem Goethe-Institut und russischen Deutschlehrern und -lernern wünschen?
Ich wünsche, dass das Interesse an der deutschen Sprache und der deutschen Kultur weiterhin in Russ­land so stark bleibt, weil das für die Verständigung beider Völker füreinander sehr wichtig ist. Ich wünsche mir umgekehrt, dass in Deutschland das Interes­se an Russland wieder wächst, das war schon mal höher. Vielleicht beginnt auch eine neue Phase der Partnerschaft mit dem weiteren Wachsen des Interesses in beiden Ländern.
Dem Goethe-Institut wünsche ich, dass es bei seiner Arbeit weiterhin auf die gute Resonanz und auch auf die Unterstützung der russischen Seite, der russischen Behörden stößt.

Herr Dahl, ich möchte Ihnen für das interessante Gespräch ganz herzlich danken.

Interview: Marianna Busojewa