Главная страница «Первого сентября»Главная страница журнала «Немецкий язык»Содержание №9/2009

Sonderthema

Architekten des Theatrum sacrum – Die Brüder Asam

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Die «Asamkirche» (St. Johann Nepomuk) in München

Wer das Werkverzeichnis der Brüder Asam mit ihren Lebensspannen vergleicht, muss sich wundern: Wie haben es die Barockkünstler Cosmas Damian Asam (1686–1739) und sein sechs Jahre jüngerer Bruder Egid Quirin (1692–1750) geschafft, in ihren nur mäßig langen Biografien eine solche Zahl von anspruchsvollsten Arbeiten zu erledigen? Die noch dazu teils zeitgleich auszuführen waren, teils längeres Reisen erforderten? Ein Schlüssel für die Erklärung des Asam-Fleißes ist sicher das große Talent und die frühe Berührung mit der Kunst durch beide Elternteile. Sowohl der Vater Hans Georg als auch die Mutter Maria Theresia und der Großvater Nikolaus Prugger verdienten ihren Lebensunterhalt als Maler. Doch auch die straffe Organisation auf der Baustelle und die perfekte Ergänzung des Brüderpaars trugen zur Effizienz bei. Während Cosmas Damian vor allem als Freskenmaler glänzte, machte sich Egid Quirin als Bildhauer, Stuckator und Architekt einen Namen. Und der hatte im süddeutschen Raum einen derart guten Klang, dass sich die geschäftstüchtigen Brüder Asam vor Aufträgen kaum retten konnten.
Endlich! Der große, furchtbare Krieg war zu Ende! Dreißig Jahre hatte er gedauert – dreißig Jahre des Leidens, Hungerns und Sterbens, der Not, der Vertreibung und der Verzweiflung. Ganze Landstriche hatte er entvölkert und die Menschen verroht; nicht nur unendliche Grausamkeiten hatten sie erlebt, es war ihnen auch all das abhanden gekommen, was das Leben lebenswert macht: Tanz und Spiel, Theater und Musik, Malerei und Bildhauerei. Nun aber verzogen sich Rauch und Pulverdampf, die weite Teile Mitteleuropas eingehüllt hatten, allmählich – und aus den Trümmern erwuchs etwas ganz Neues.
Selbstherrliche Fürsten regierten ihre Staaten mit unumschränkter Machtfülle und legten ein ausgeprägtes Repräsentationsbedürfnis an den Tag. Und die katholische Kirche, die nach den Glaubensstreitigkeiten des 16. Jahrhunderts eine zweite, gleichberechtigte Kirche neben sich dulden musste, bemühte sich gleichfalls nach Kräften, ihre Macht und Herrlichkeit zur Schau zu stellen und dem kühlen Protestantismus ein lebensfrohes, farbenreiches Bild entgegenzusetzen.
Der Stil, der den weltlichen Bedürfnissen genau so entgegenkam wie den kirchlichen, war der des Barock. Er war in Italien und Frankreich entstanden und soeben im Begriff, sich über ganz Europa auszubreiten. Deutschland hinkte in der Entwicklung hinterher°– eine Folge des Dreißigjährigen Krieges.
1652, also vier Jahre nach dem Ende dieses Krieges, heiratete der bayerische Kurfürst Ferdinand Maria die schöne und geistreiche Henriette Adelheid von Savoyen. Das Paar ließ sowohl die Münchner Theatinerkirche als auch das Schloss Nymphenburg bauen. Da es nördlich der Alpen so gut wie keine qualifizierten Architekten und Künstler gab, ließ Henriette Baumeister und Maler, Stuckatore und Bildhauer aus ihrer italienischen Heimat kommen.
«Weil sie gesagt hat, die Deutschen könnten überhaupt nicht bauen, hätten überhaupt keine Erfahrung in der Baukunst. Seit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges wurde die Kunst in Süddeutschland von Italienern gemacht. Das ist die italienische Periode der bayerischen Kunstgeschichte», so der Kunstgeschichtler Dr. Peter Morsbach vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege.
Doch die erste Generation deutscher Barock-Künstler wuchs soeben heran. Am Hof von Kurfürst Maximilian I., dem Vater von Ferdinand Maria, arbeitete der Porträt- und Miniaturmaler Nikolaus Prugger. Er hatte einen begabten Lehrling namens Hans Georg Asam; der malte bereits großartige Ölporträts, aber er war ehrgeizig und wollte mehr.
Und so reiste er, als seine Lehrzeit abgeschlossen war, nach Italien. Dort hatten die alten Meister gewirkt, dort waren neue Stile und neue Techniken entwickelt worden, dort konnte man sich weiterbilden.

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Inneres der Asamkirche in München

In Venedig bewunderte Asam die Werke von Tizian und Tintoretto, zeichnete Altarbilder ab, kopierte Wandgemälde. Und er machte Bekanntschaft mit einer ganz neuen Malweise – dem Fresko.
Dr. Sylvia Hahn vom Dommuseum in Freising: «Die Bezeichnung ‹Fresko› kommt davon, dass man in den frischen Putz hinein malt. Man malt in den feuchten Putz hinein, damit die Farbe direkt in den Putz einzieht. Dadurch liegt sie nicht nur obendrauf, sondern ist mit dem Putz verbunden und hat eben eine große Haltbarkeit. Man kann eigentlich nichts mehr ändern – wo die Farbe eingezogen ist, ist sie eingezogen.»
Eine schwierige Technik also. Wo Hans Georg Asam sie erlernt hat, ist ungewiss. Es könnte auf seiner Italienreise gewesen sein°– aber auch in Deutschland. Italienische Künstler, die wussten, wie man Freskos malt, waren im damaligen Deutschland keine Seltenheit.
Dr. Morsbach: «Da gab’s direkt ganze Sippen, die waren im Sommer hier, Frühjahr, Sommer, Herbst, und waren im Winter dann wieder daheim. Und mit denen kamen die Asams ganz zwangsläufig in Berührung.»
Die Asams! Denn Hans Georg Asam war nicht allein geblieben. Er hatte Maria Theresia Prugger geheiratet, die Tochter seines Lehrmeisters, auch eine begabte Künstlerin. Als Malerin und Vergolderin verdiente sie zeitweise mehr Geld als ihr Mann. Zwölf Kinder hatten die beiden zusammen – und zwei von ihnen wurden herausragende Künstlerpersönlichkeiten: Cosmas Damian und sein jüngerer Bruder Egid Quirin.
Obwohl die beiden schon in jungen Jahren gefragte und hoch bezahlte Künstler waren, ist über ihr Leben nicht allzu viel bekannt. In einem Dokument aus dem 18. Jahrhundert heißt es: «Cosmas Damian und Egidius, zwei berühmte Meister, fürtreffliche Künstler, deren der Erstere von Benediktbeuern gebürtig ein ohne Ausnahme unvergleichlicher Maler, dessen kunstreiche Hand sich schon lang zuvor in Rom bekannt gemacht, da derselbe unter den übrigen Malern das erste Praemium davon getragen; der andere zu Tegernsee geboren, ein vollkommener Meister in der Stuckador-Arbeit, ansonst aber beide in München ansässig gewesen.»
Cosmas Damian also war in Rom. Dort nahm er 1713 – im Alter von fünfundzwanzig Jahren – an einem Wettbewerb der Accademia di San Luca teil, und die von ihm eingereichte Zeichnung erhielt den ersten Preis. Gelernt hatte er das Zeichnen und Malen wahrscheinlich bei seinem Vater, denn dem war er schon viele Jahre vorher zur Seite gestanden – beim Ausstatten von Kirchen oder Herrschersitzen. 1701 zum Beispiel gestalteten die beiden für den Reichsgrafen Johann Georg von Königsfeld in dessen Schloss Alteglofsheim einen Festsaal.
Was Egid Quirin angeht, so sind derart konkrete Nachrichten noch rarer als bei Cosmas Damian. Fest steht, dass er nicht in erster Linie Maler war, wie sein Bruder, sondern Stuckator und Bildhauer. Nicht beantwortet dagegen ist die Frage, ob auch er einmal nach Rom gereist ist.
Fr. Dr. Hahn: «Früher ist das immer behauptet worden, dass der Egid Quirin auch dort war. Man hat aber inzwischen jetzt den Lehrvertrag von dem Egid Quirin gefunden, der eine regelrechte Bildhauer­lehre bei Andreas Fais­tenberger in München gemacht hat, in der Zeit, wo der Cosmas Damian Asam in Rom war. Man kann sich kaum vorstellen, dass der während der Lehrzeit abgehauen ist. Wir wissen ja auch nicht genau, wo der Egid Quirin Asam überhaupt das Stuckieren gelernt hat. Denn er hat eine Bildhauerlehre gemacht – als Holzbildhauer – und nicht unbedingt als Stuckator. Möglicherweise hat er das einfach schon gekonnt, weil er das als Kind schon immer gesehen hat.»
Gesehen haben könnte er es bei der italienischen Stuckatoren­familie Carlone, mit der sein Vater gelegentlich zusammengearbeitet hatte. Die Carlones versahen die Räume, die Hans Georg Asam ausmalte, mit Dekorationen aus Gips. Allerdings waren sie eher Handwerker als große Künstler.

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Deckenfresken des Freisinger Doms

Fr. Dr. Hahn: «Man fragt sich natürlich, woher Egid Quirin dann trotzdem eine so genaue Kenntnis der Werke von Bernini usw. hatte. Es gibt da verschiedene Thesen, die einen sagen, sein Bruder hat ihm so viel erzählt und Skizzen gemacht, und es gab auch Figuren zu kaufen, Kopien von berühmten Gestalten. Es gibt auch Überlegungen, dass Cosmas Damian seinem Bruder so vorgeschwärmt hat, dass der dann nach der Gesellenzeit doch noch mal kurz selber in Rom war. Das kann allerdings nur sehr kurz gewesen sein. Es kommt ja schon der erste große Auftrag in Rohr, wo er bereits mit sehr, sehr jungen Jahren so ein Meisterwerk geschaffen hat.»
Dieses Meisterwerk, die monumentale plastische Gruppe der Himmelfahrt Mariens in der Klosterkirche von Rohr in Nieder­bayern, ist in der Tat einzigartig.
Bruder Fabian von der Benediktinerabtei Rohr: «Maria wird°– von Engeln getragen – in den Himmel aufgenommen; die Apostel gruppieren sich um das leere Grab. Die einen sind erschrocken, zu Boden gesunken, auch ihre Körperhaltung macht das deutlich.
Auf der anderen Seite sind Apostel schon etwas verklärter. Und über all dem nun wird Maria von Engeln getragen. Wenn man nach oben schaut, sieht man das Asam-Fenster, das ein goldenes Licht gibt, strahlende Wolken und viele kleine Engelsköpfe. Dorthin begibt sich Maria, und Maria wird oben erwartet. Gottvater und Gottsohn thronen in der Mitte, unter ihnen der Heilige Geist. Vater und Sohn tragen eine Krone in der Hand, Jesus Christus ein Szepter, und die Taube hat einen Ring im Schnabel. Würde Maria tatsächlich nach oben auffahren, würde sie mit dem Ringfinger der rechten Hand genau in diesem Ring landen. Da nimmt Asam eine Szene vorweg, die der Himmelfahrt Mariens folgt: die Krönung Mariens zur Königin des Himmels.»
Ausladende Gesten, wehende Gewänder, schwereloses in die Höhe Streben, goldenes Licht über weißen Wolken – eine überaus bewegte Szene. Und der Inbegriff des Theatrum sacrum, des heiligen Theaters.
Bruder Fabian: «Ganz deutlich ist hier die Trennung des Zuschauerraums, wo die Leute eben sitzen, vom eigentlichen Bühnenraum, die Kommunionbank aus Marmor trennt diese Räume voneinander, dann das Chorgestühl, als zweiter Handlungsort, wo die Mönche sitzen, wo sie singen. Und eben die Hauptbühne, die Figurengruppen Mariä Himmelfahrt von Egid Quirin Asam. Wir haben zwei Nebenbühnen in der Kirche, links und rechts die beiden großen Seitenaltäre. Zusätzlich unterstrichen wird der Gedanke des Theatrum sacrum, des heiligen Schauspielhauses, durch die großen Säulen auf beiden Seiten, die wie eine Art offener Vorhang, wie in einem Theater, auf das Geschehen hinweisen. Und wir haben auf beiden Seiten Balkone, gleichsam Logen im Theater, die zwar nie eine offizielle Funktion hatten, die aber hier eben noch mal diesen Theatereffekt unterstreichen sollen.»
«Und wie im Theater neigt man dazu, die Grenzen der einzelnen Künste zu verwischen», schreibt Egon Friedell in seiner Kulturgeschichte der Neuzeit. «Man malt Deckengewölbe, die aufs Täuschendste wirkliche Architektur nachahmen, man macht die Schatten- und Lichtverhältnisse der Gebäudenischen ... zum integrierenden Bestandteil des plastischen Kunstwerks, man stellt dem spröden Stein Aufgaben, die man bisher kaum der Malerei zugemutet hatte ...»
Wenn es irgendjemand perfekt verstand, die Bühne des heiligen Theaters zu gestalten und das, was darauf geschieht, stimmungsvoll zu inszenieren, dann waren es die Brüder Asam! In jeder einzelnen der Künste, von denen Friedell spricht, waren sie Meister!
Allerdings sind die plastischen Figuren Egid Quirins nicht aus Stein gehauen, sondern in der Stucktechnik hergestellt. Das heißt, sie wurden zuerst aus Stroh und Draht aufgebaut und dann mit Gips überzogen. Mit einer Steinplastik wäre die Schwerelosigkeit der Muttergottes nie zu erreichen gewesen.
Bruder Fabian: «Maria wäre ja viel zu schwer, sie würde runterfallen, wenn sie massiv wäre. Die schwebende Muttergottes von Rohr ist an drei Eisenstangen befestigt, die man von keinem Ort der Kirche sieht, selbst, wenn man sich direkt drunter stellt, hat es Asam so geschickt gemacht, dass man diese Technik nicht sieht.»
Noch keine fünfundzwanzig Jahre alt war Egid Quirin Asam, als ihm die Planung der Kirche übertragen wurde. Er hat den Bau als verantwortlicher Architekt geleitet, hat die Skulpturen und den Hochaltar geschaffen und das Kirchenschiff mit Stuckornamenten ausgestattet. Wahrscheinlich sollte sein Bruder die Decke mit Fresken bemalen, doch dazu kam es aus einem unbekannten Grund nicht.
Die meisten ihrer Aufträge haben die Brüder gemeinsam ausgeführt – und dabei Architektur, Plastik und Malerei harmonisch miteinander verbunden.
Dr. Morsbach: «Sie haben sicherlich das, was wir als Gesamtkunstwerk bezeichnen, zu einem Höhepunkt geführt. Diese Einheit aller Teile, wo man alles entwirft, von der Architektur über die Malerei, über die Dekoration mit dem Stuck, über die Altäre, die Beichtstühle, bis hin zu den Türschlössern, bis hin zu den Türgriffen, den Fensterformen.
Alles das haben die ja zu einer Einheit zusammengeführt, wie sie in dieser Vollkommenheit vorher wohl kaum bestanden hat. Die haben natürlich auch Neuentwicklungen gebracht, beispielsweise der Cosmas Damian Asam hat das große, deckenübergreifende Fresko eingeführt. Vorher waren die Deckenmalereien jeweils nach den Jochen der Kirche in kleine Bilder aufgeteilt, und er ist der Erste, der ein ganz großes, sich über die ganze Deckenlänge ausbreitendes Fresko gemalt hat.»
Früher also baute man eine Kirche und malte dann Bilder an die Wände. Bei den Asams war die Ausstattung des entstehenden Raumes mit Gemälden und Plastiken von Anfang an in die Planung einbezogen; die Architektur wäre ohne Malerei, Bildhauerei und Stuckatur unvollständig gewesen°– nicht einmal den Winkel, in dem das Licht in den Innenraum fiel, überließ man dem Zufall.
Doch Cosmas Damian und Egid Quirin wurden nicht nur engagiert, wenn ein neues Gebäude errichtet wurde. Auch zur Modernisierung von Jahrhunderte alten Bauwerken zog man sie heran. In Freising zum Beispiel.
Fr. Dr. Hahn: «Der Freisinger Dom ist das erste große Bauwerk, wo die Barockisierung eines mittelalterlichen Baus durchgeführt wurde. Das erste Mal, wo das passiert ist, dass man nicht abreißt und eine neue Kirche mit einer barocken Architektur baut, sondern man ganz bewusst auf das Alte stolz ist, weil man auch will, dass das Alter noch zu sehen ist.»
Eine schwierige Aufgabe. Dazu kam der Termindruck.

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Altarbild der Weltenburger Klosterkirche

Fr. Dr. Hahn: «Der Vertrag ist im März 1723 geschlossen worden, und das Ganze sollte innerhalb von eineinhalb Jahren fertig werden, bis zum geplanten Jubiläumsfest, 1000-Jahr-Feier, im Oktober 1724. Das ist für uns heute schon ein unvorstellbar kurzer Zeitraum.»
Der Druck erhöhte sich zusätzlich dadurch, dass die Asams stets an mehreren Aufträgen gleichzeitig arbeiteten, also ständig unterwegs waren – oft zwischen weit auseinanderliegenden Orten. Aber sie waren nicht nur große Künstler, sondern auch hervorragende Organisatoren.
Dr. Morsbach: «Wenn die auf eine Baustelle gekommen sind, haben die sofort alles an sich gerissen.
Die anderen Handwerker haben gesagt: Erscheinen die Herren Asam auf der Baustelle, muss alles nach ihrer Pfeife tanzen. Damals war das das einzig Mögliche, um die Baustelle überhaupt in den Griff zu bekommen.»
Der Innenraum des Freisinger Doms wurde bis zur Decke eingerüstet, alter Putz abgeschlagen und neuer aufgetragen. Auf Wunsch der Brüder hat man außerdem die Fensterformen verändert. Der Fürstbischof verließ sich vollkommen auf das Können und die Erfahrung der Asams und genehmigte all ihre Pläne.
Als die vorbereitenden Maßnahmen abgeschlossen waren, machten sich die Asams an die eigentliche – die künstlerische – Arbeit. Aus der Hand gaben sie nur ungern etwas.
Dr. Morsbach: «Von Cosmas Damian Asam wissen wir ja, dass er seine Gemälde eigentlich alle eigenhändig angefertigt hat. Der hat da keinen drangelassen. Er hatte einen Farbenrührer dabei, der Farben angerührt und gemahlen hat. Er hatte vielleicht noch einen Mörtelrührer dabei und Gehilfen, die den Putz aufgezogen haben, aber gemalt hat er selber.»
Normalerweise wurden die Entwürfe für die Fresken von originalgroßen Vorlagen auf die Decke des Kirchenschiffs übertragen.
Diesen Schritt findet man bei Cosmas Damian Asam hier kaum. Erstens war der so sicher, dass er eine solche direkte Vorlage gar nicht gebraucht hat, zweitens war einfach auch die Zeit knapp. Das heißt, er hat die kleine Zeichnung ohne ein Zwischenstück weitgehend direkt auf die Decke vergrößert übertragen.
Und wir wissen von einem Augenzeugen, dass Cosmas Damian Asam mit fliegendem Pinsel gemalt hat, also mit einer sehr großen Geschwindigkeit.
Auch Egid Quirin Asam brauch­te nicht viele Helfer. Für die umfangreichen Stuckarbeiten standen ihm – neben den Maurern, Mörtelkochern und anderen Gehilfen – vier eigene Gesellen zur Seite.
Die Arbeitsbedingungen im Dom waren schwierig. Gemalt hat man im Stehen über Kopf, und das war sicher sehr anstrengend.
Das ist eine anstrengende und auch unangenehme Arbeit, immer mit dem feuchten Putz zu arbeiten. Auch über den Winter, wo man normalerweise eine Pause gemacht hat. Hier hat man versucht, so gut es ging, weiterzuarbeiten.

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Der Hochaltar der Benediktiner-Abteikirche Mariä Himmelfahrt im niederbayerischen Rohr. Egid Quirin Asam schuf 1722 das Altarbild, das Maria in den Himmel schwebend zeigt, während die Apostel mit Gebärden des Staunens und der Ratlosigkeit den leeren Sarkophag umringen.

Und dann bei den Stuckateuren, da war sicherlich auch der Umgang mit dem Gips eine Sache; dass man da sehr viel Staub eingeatmet hat, weil man ja ohne Atemschutzmasken gearbeitet hat.
Trotzdem haben die Brüder ihre Arbeit gern gemacht.
Dr. Morsbach: «Egid Quirin Asam hat einmal gesagt: es macht ihm und seinem Bruder großen Spaß, Kirchen auszumalen. Und auszustatten. Das waren einfach – man würde heute sagen – Arbeitstiere.»
Rechtzeitig schlossen sie die Barockisierung des Freisinger Doms ab – und erhielten dafür einen Lohn, der sich sehen lassen konnte.
Erstens ernannte der Klerus Cosmas Damian Asam zum «Kammerdiener und Hofmaler» und Egid Quirin zum «Kammerdiener und Hofstuckator seiner Hochfürstlichen Gnaden des Bischofs zu Freising».
Und zweitens zahlte man ihnen einen Betrag von neuntausendvierhundert Gulden – zweitausend mehr als vereinbart. Das war eine stattliche Summe. Doch der Augustiner-Emeriten-Superior Gelasius Hieber meinte bei der Einweihung des neu gestalteten Doms: «Rechne nicht die Unkosten, sondern die Ehre Gottes und geistlichen Seelen-Früchte, so hiermit geschaffen werden. ... Verwundern würde sich König Salomon über die Kunst und Geschicklichkeit der zweien Herren Gebrüder, deren Hände Werke dies alles ist, was ihr hier sehet und was ihr hier bewundert.»
Die Auszeichnungen und das hohe Lob waren gewiss eine willkommene Werbung für die Asams. Mitunter konnten sie sich vor Aufträgen kaum mehr retten.
Aber die Asams waren geschickte Unternehmer und haben genau gewusst, für wen sie arbeiten. Und die Asams wussten, was sie wert waren.
Wenn sie länger an einer Baustelle waren, so wie in Freising, dann wurden sie komfortabel untergebracht und angemessen verköstigt. Während ihre Gesellen jeden Tags drei Maß Bier und drei Laibe schwarzes Brot erhielten, standen den Asams laut Vertrag darüber hinaus noch drei Maß Wein zu. Sie scheinen das genossen zu haben.
Dr. Morsbach: «Ja, die galten als sehr gesellig. Ein Augenzeuge, der den Herrn Asam auch gekannt hat, hat gesagt, dass er mit dem Herrn Asam viele schöne Abende verbracht hat und dass es ein sehr geselliges Beisammensein war.»
Diese Abende waren für die Mitarbeiter der Asams nicht nur genussvoll, sie erfuhren dabei auch viel Wissenswertes.
Dr. Morsbach: «Es war sehr oft so, dass sie sich vor Ort einfach gute Künstler geholt haben, deshalb hat sich ja auch die Kunst dieser führenden Stuckatoren und Maler so verbreitet, weil es vor Ort auch Stuckatoren gab. Die kamen da auf einmal bei Großaufträgen mit Künstlern von internationalem Rang in Kontakt und haben da ungeheuer viel gelernt. Insofern hat sich dann die Kunst der Asams indirekt verbreitet, einfach durch den Kontakt mit örtlichern Maurern, Malern und Stuckatoren.»

Autor: Herbert Becker
Redaktion: Brigitte Reimer
© Bayerischer Rundfunk

Der Text ist entnommen aus: http://www.br-online.de