Sprachliches
Hätten Sie’s gewusst?
Rettungsschirm für den Bindestrich
Neulich bot ein Lebensmittelmarkt in einer Werbeanzeige an: Kiwi, Italien, HKl. I, 1 kg Schale. Nun sind Kiwis ja ganz lecker und auch reich an Vitaminen. Aber nur Schalen? Das klingt selbst bei einem Schnäppchenpreis nicht so verlockend … Auch bei den Strauchtomaten aus Spanien gabs nur 500 g Schale. Ein Ergebnis der Wirtschaftskrise, in der wir momentan stecken? Wohl eher das Ergebnis einer allzu großen Zurückhaltung beim Gebrauch des Bindestrichs. Übrigens keine Ausnahme, sondern eher die Regel: Pizza wird angeboten mit dem Zusatz verschiedene Sorten, tiefgefroren, 270 g bis 420 g Packung – wirklich solide verpackt! Joghurt gibt’s mit 150 g Becher, aber wie viel ist drin?
In Anzeigen für Lebensmittel wird augenscheinlich großzügig auf das Bindeglied zwischen den einzelnen Teilen eines mehrteiligen Substantivs verzichtet. Aus optischen Gründen? Dabei sehen die 1-kg-Schale und der 150-g-Becher doch auch ganz passabel aus. Und es ist eben doch ein Unterschied, ob ich 1 kg Kiwis in einer Schale kaufe oder lediglich 1 kg Schale.
Manchmal ist das Setzen des Bindestrichs allerdings wirklich eine kleine Herausforderung, zum Beispiel bei der Pizza. Je nach Sorte wiegt da eine Packung mindestens 270 g und höchstens 420 g. Aber das Gewicht wird auf jeder Packung präzise angegeben und nicht als ungefähre Angabe zwischen zwei Größen. Entweder steht auf der Packung 270 g oder 420 g oder ein Wert dazwischen. Deswegen ist die richtige Schreibweise hier: 270-g- bis 420-g-Packung, das heißt: Von der 270-g-Packung bis zur 420-g-Packung gibt es verschiedene Größen.
Ehrenrettung für Großmutters Apfelkuchen
Im Gegensatz zum Bindestrich wird der Apostroph oft weitaus großzügiger verteilt: Bei Großmutter’s Apfelkuchen würde sich der Großmutter wahrscheinlich der Magen umdrehen – nicht wegen des Geschmacks, sondern wegen der Rechtschreibung. Und würde der Erfinder des epischen Theaters sich wohl wiedererkennen in der Ankündigung von Brecht’s Dreigroschenoper?
Zur Kennzeichnung des Genitivs genügt nämlich das angehängte -s allein – ganz ohne Apostroph: Annas Traum, Großvaters Briefmarkensammlung usw. Mit einer Ausnahme: Beim Genitiv von Namen, die auf s, ss, ß, tz, z, x enden und keinen Artikel o. Ä. haben: Grass’ neuer Roman, Ringelnatz’ Gedichte oder Klaus’ Frittenschmiede. In diesen Fällen steht der Apostroph für das weggefallene Genitiv-s. Man kann sich also für den Genitiv merken: entweder mit -s oder mit Apostroph, aber nicht mit beidem auf einmal.
Nun lässt sich einwenden: Aber Willi’s Würstchenbude und Andrea’s Blumenecke stehen doch sogar im Duden. Stimmt! Zur Verdeutlichung der Grundform ist diese Ausnahme von der Regel beim Genitiv möglich – aber nur bei Personennamen und nur, wenn’s denn unbedingt sein soll.
Früher war es übrigens durchaus üblich, den Genitiv von Namen wie Fritz oder Sophie auf -(e)ns zu bilden, also: Fritzens Streiche, Sophiens Kleid. Diese Mischung aus starker Beugung (auf -s) und schwacher Beugung (auf -en) ist heute nicht mehr üblich und klingt recht altertümlich. Heute: Fritz’ Streiche, Sophies Kleid.
für jmdn., etw. eine Lanze brechen/(seltener:) einlegen
für jmdn., etw. mit Entschiedenheit eintreten: Klempnermeister Miegalke brach eine Lanze für das ehrenwerte Handwerk (Kirst, Aufruhr in einer kleinen Stadt, 1963, S. 35). Wenn Sie nicht so grenzenlos faul wären, hätte ich für Sie eine Lanze gebrochen (Wochenpost 10. 9. 1976, 32).
Diese Wendung knüpft an Vorstellungen aus dem mittelalterlichen Turnierwesen an und bedeutet ursprünglich, dass ein Ritter für jemanden, jemandes Ehre einen Turnierkampf mit der Lanze austrägt.