Главная страница «Первого сентября»Главная страница журнала «Немецкий язык»Содержание №18/2009

Fortbildungskurs

Förderung von Motivation zum Deutschlernen anhand der Arbeit mit authentischen Texten

Lektion 2. Text in der modernen DaF-Didaktik

Erstellt von Dr. Olga Sacharowa

PLAN

Zeitung
Nr.

Lektion

17

Lektion 1. Grundlagen der Motivation.

18

Lektion 2. Text in der modernen DaF-Didaktik.

19

Lektion 3. Motivationale Übungsformen bei der Textarbeit.
Kontrollarbeit Nr. 1

20

Lektion 4. Besonderheiten des Fremdsprachenunterrichts im Primarbereich. Motivationale Übungs­typen.

21

Lektion 5. Besonderheiten des Fremdsprachenunterrichts in der Sekundarstufe 1. Motivationale Übungs­typen.

22

Lektion 6. Besonderheiten des Fremdsprachenunterrichts in der Sekundarstufe 2. Motivationale Übungs­typen.
Kontrollarbeit Nr. 2

23

Lektion 7. Entwicklung von Lernstrategien bei der Textarbeit. Arten von Lernstrategien, ihre Rolle in Beeinflussung von lernbezogener Motivation.

24

Lektion 8. Unterrichtsformen zur Förderung vom autonomen Lernen.
Abschlussarbeit

 

1. Definition der Kategorie «Text» in der modernen DaF-Didaktik

Genauso wie die Motivation eine unabdingbare Voraussetzung und ein einflussreicher Faktor beim FS-Lernen ist, ist es auch die Tatsache, dass im Mittelpunkt jedes Unterrichts früher oder später ein fremdsprachiger Text steht. Die Realität wird durch die Texte vertreten, und die Texte beeinflussen unsere persönliche Wahrnehmung dieser Realität. Die Sprache ist nicht bloß eine Kombination von Buchstaben, Wörtern und grammatischen Regeln – sie widerspiegelt unser Denken, und das Denken resultiert (verbalisiert) sich in den Texten.
In der Psycholinguistik wurde der Text schon immer als Grundlage von psychischem Handeln unter Mitwirkung des Denkens und des Gedächtnisses angesehen. Auch viele DaF-Didaktiker betonen, dass die Möglichkeiten eines Textes. Nicht auf die Entwicklung sprachlicher Fertigkeiten allein begrenzt sind.
Die Fremdsprache wird in der modernen Wissenschaft nicht mehr als System von formell-sprachlichen Mitteln angesehen, sondern als Speicher, Vermittler, Umgebung, Teil, Form, Bedingung von kulturellen Werten1 und der menschlichen Kommunikation. Und von solchen Bedeutungen und Rollen der Sprache gehen wir bei der Definition eines fremdsprachigen Textes aus: Er ist nicht mehr eine Kombination von nur sprachlichen Werten oder nur Stoff für die Entwicklung von Lese- oder Hörkompetenz.2 Er wird verstanden als didaktische Einheit des Lehrens und somit als Objekt des Spracherwerbs und als universelle Motivationsquelle. In dieser Bedeutung entspricht der Text den modernen Anforderungen an sprachliche Kompetenzen und widerspiegelt die neusten Ergebnisse der für die DaF-Didaktik wichtigen Wissenschaften: Spracherwerbstheorie, Psycholinguis­tik, Soziologie, angewandte Linguistik, Philologie, Psychologie, Pädagogik. Im Grunde genommen reden wir mit Texten und nicht mit Wörtern und Sätzen.3
Aus all diesen Gründen kann ein Text als Grundelement im Fremdsprachenunterricht angesehen werden, das heißt, als eine didaktische Einheit.4
Texte in der Funktion didaktischer Einheiten:
– sind einheitlich, enthalten alle Merkmale und Funktionen authentischer natürlicher Sprache als Kommunikationsmittel;
– stellen sprachliche kommunikative Muster dar und sind daher reproduzierbar, denn man kann anhand von ihnen Regelmäßigkeiten der Sprache in natürlichen Situationen wahrnehmen, analysieren und als Sprachmuster weitergebrauchen;
– sind natürliche sprachliche Muster und dadurch sind sie Lernstoff zur Entwicklung von sprachlichen (grammatischen, lexikalischen, phonetischen, orthografischen) und kommunikativen (Sprechen, Schreiben, Lesen, Hören) Fertigkeiten;
– verfügen über eine Vielfalt von Sorten (nicht nur Anzeigen, Geschichten oder Lexikonartikel, sondern auch Bild, Film) und können daher unterschiedlichen Zielen der natürlichen Kommunikation dienen;
– geben einen persönlichen Bezug – Anlass zu Meinungsäußerung;
– sind Informationsträger zu bestimmten Themen und befriedigen persönliche und altersspezifische Interessen;
– stellen fremdkulturelle Werte dar und geben Stoff zur Entwicklung der interkulturellen Kompetenz;
– geben Möglichkeiten zur Entwicklung der sozialen Formen im Unterricht: Gruppenarbeit, Projekte usw. und entwickeln dadurch mannigfaltige Lernstrategien;
– als Träger der authentischen Sprache sind Texte keine stabilen, fossilierten Formen – sie widerspiegeln die Entwicklung des menschlichen Denkens und decken so den Bedarf von neuen Generationen an neuen Sprachmustern und neuen Themen;
– sind Resultat des Denkens und widerspiegeln gleichzeitig die Denkprozesse selbst;
– in allen Gegebenheiten sind Texte eine Grundlage zur Steigerung von Motivation – wegen ihrer thematischen Bezogenheit, wegen der Präsentation von sprachlichen Mustern in natürlicher und mannigfaltiger Form, wegen der Vielfalt von Sorten und deshalb interessanter Präsentationsformen, wegen der Möglichkeiten, die Arbeitsformen des Unterrichts spannend zu gestalten.
Als didaktische Einheit verfügen Texte grundsätzlich über ein motivierendes Potenzial: Sie bieten uns ein Thema zur Kommunikation, sie können unsere persönlichen und altersspezifischen Interessen wecken, sie geben unseren Schülern ein sprachliches Muster dazu, wie unterschiedliche Strukturen in der Sprache kombiniert werden können und wie man sie als Lerner kombinieren kann. Sie schließen uns in eine andere Kultur ein und informieren über fremde Werte, wenn auch indirekt. Texte vermitteln uns auch Verhaltensweisen, nicht nur interkulturelle; sie lassen uns Lebenserfahrungen sammeln, die man sonst im eigenen Leben vielleicht nicht unbedingt hat.
In der russischen Fachdidaktik spielte die Arbeit mit Texten immer eine besonders große Rolle. Denn ein Text gab im Prozess der Interpretation Möglichkeiten zum Gedankenaustausch. Andererseits präsentierte er selbst Beispiele, wie man eigene Gedanken strukturieren, einführen und formulieren kann.
Für russische Verhältnisse – ohne direkten Kontakt zur Sprache in seiner natürlichen Umgebung – ist der Text in all seinen Formen die einzige Möglichkeit, die kulturelle Umgebung zu simulieren, in diese einzutauchen und deshalb die kulturellen Eigenarten wahrnehmen zu können.
Der Text ist also nicht nur ein Lese- oder ein Hörtext. In der modernen Bedeutung können Texte folgenderweise aussehen.

Beispiel 1
Was soll die Tochter putzen?

img1

(Aus: Lagune 1. Hueber, 2006. S. 153)

Beispiel 2
Meine Wohnung

img2

(Aus.: Lagune 1. Hueber, 2006. S. 72)

Beispiel 3
Es war ein kleiner Junge

von Peter Hackst

Es war ein kleiner Junge,
Der war ein nettes Kind,
Der war mal brav, mal böse,
So wie halt Jungen sind.

Der hatte blonde Haare,
Die waren nie gekämmt,
Und eine rote Hose
Und ein gestreiftes Hemd.

Und eine kleine Nase
Und einen großen Mund
Und manchmal fuhr er Roller
Und hatte einen Hund.

Er war mal brav, mal böse,
So wie halt Jungen sind.
Und seine Mama sagte,
Auch wenn sie niemand fragte:
Er ist ein nettes Kind.

(Text aus: Bücherwurm 2. Leipzig:
Ernst Klett Grundschulverlag. 1997. S. 35)

Beispiel 4

img3

(Aus: Deutsch Aktiv Neu. Arbeitsbuch GS 1.
Langenscheidt, 1987. S. 12)

Beispiel 5

img4

2. Was bedeutet Authentischer Text?

In den heutigen Standards wird die Entwicklung einer kommunikativen Kompetenz als Ziel des FS-Unterrichts bestimmt. Man versteht darunter die Fähigkeit unserer Schüler, in der Fremdsprache sinnvoll kommunizieren zu können. Sinnvoll heißt: der kommunikativen Situation passend korrekte sprachliche Mittel zu gebrauchen, die kulturellen Werte zu berücksichtigen, der Absicht entsprechend mit Gesten und emotional zu handeln, also im Großen und Ganzen authentische Kommunikation durchzuführen. Geht es um Kommunikation in authentischen Situationen, so fragt man sich erneut danach, was authentische Texte eigentlich sind und wie sie sich im Unterricht einsetzen lassen. Wir versuchen praktisch heranzugehen. Schauen Sie sich die folgenden Kriterien an, was sagt Ihre Lehrererfahrung?

Aufgabe 1
Ergänzen Sie die Tabelle mit den angegebenen Varianten und Ihren Ideen.

ein authentischer Text

ein künstlicher Text

 

 

– hat wenig Bezug zu vielen Alltagssituationen;
– wurde zwecks natürlicher Kommunikation von Muttersprachlern entwickelt;
– hat emotionale Färbung;
– ist oft emotionslos;
– führt zu assoziativen Erinnerungen;
– enthält typische kulturelle und sprachliche Klischees für die jeweiligen kommunikativen Situationen;
– ist extra für den Fremdsprachenunterricht kreiert worden;
– enthält zahlreichere sprachliche Erscheinungen, wie Idiome, Jargon- oder Modewörter;
– veranschaulicht ein gewähltes sprachliches Thema (Lexik, Grammatik);
– hat Realienwörter (Wörter, die man oft wegen ihrer kulturellen Eigentümlichkeit nicht übersetzen kann, wie z. B. Leipziger Allerlei für ein Gemüsegericht);
– präsentiert die nationale Mentalität;
– gibt begrenzte Möglichkeiten zu natürlicher Kommunikation;
– erzählt von Traditionen im Zielland – ist ursprünglich nicht für den Lernprozess gedacht.
Zur Selbstkontrolle gibt es Lösungen.

Wie Sie sehen, wiederholen sich einige Punkte und es ist nicht immer leicht, die beiden Textarten voneinander zu unterscheiden. Dennoch ist das für uns sehr wichtig, denn authentische Texte sind ein entscheidender Faktor der Motivation. Und die Psychologie sieht in solchen Texten nicht nur Produkte des menschlichen Denkens, sondern auch Mittel, eigene Meinung den anderen nahezubringen, Bedarf an Wissen und Erkenntnis zu decken, die Aktivität des Denkens zu bewirken.
Aber diese Vorteile von authentischen Texten sind zugleich ihre Schwierigkeit. «Wie kann ein Anfänger einen komplexen Text verstehen?», fragen sich die Lehrer auf der ganzen Welt. Diese Frage lässt sich dank dem modernen Verstehen der Kategorie Text beantworten: Der Text ist nicht nur Stoff zum Lesen oder Hören, er ist Produkt und Übung in der Kommunikation. Und Kommunikation kann doch mit unterschiedlichen Mitteln erreicht werden, allein der Grad der Korrektheit macht die Kommunikation nicht aus. Wem wird nützen, wenn jemand beim Kauf einer Eintrittskarte ins Schwimmbad nur noch «Anna und Marta gehen heute Nachmittag mit ihren Freunden schwimmen» reproduzieren kann?
Die moderne Fremdsprachendidaktik definiert deshalb einen authentischen Text als ein natürliches sprachliches Produkt im Rahmen der sinnvollen Kommunikation, das für Unterrichtsziele entwickelt oder zu diesen Zwecken vereinfacht wurde.5
Man betrachtet nicht nur die Authentizität des Textes, sondern die der ganzheitlichen Lernsituation. Es geht um die sogenannte Authentizität im pädagogisch-situativen Sinne. Hier ist Schüler­orientierung sehr wichtig, d. h. die kommunikativen Handlungen sollen auf die Bedürfnisse, Kenntnisse, Erfahrungen und Lernmöglichkeiten der Lernenden bezogen werden. Ein fachlich sehr gut ausgearbeiteter Text wird unauthentisch, wenn unsere Schüler keine Lebenserfahrung besitzen, um seinen Sinn zu begreifen. Demnach muss nicht nur der Text selbst authentisch sein, sondern auch die Lernsituation, die durch den Text ausgelöst wird. Die Texte sollen Anlässe zum Verstehen und Sich-Äußern geben, die Auseinandersetzung mit den Texten soll eine reale Situation simulieren. Die Lernsituation ist authentisch, wenn sie für die Lerner interessant erscheint und wenn die Lerner sich selbst in dieser Situation vorstellen können. Die Texte in der Aufgabe 2 sind klare Beispiele für mögliche Texttypen in einem Schulbuch.

Aufgabe 2
Bestimmen Sie die Art von diesen Texten. Welcher Text ist didaktisch-authentisch, welcher ist künstlich und welcher absolut authentisch?

Beispiel 1

Georg Walder erzählt:
«Ich habe kein Haus und keine Wohnung, aber ein Zelt habe ich. Ich brauche kein Internet und kein Handy, aber Freunde habe ich trotzdem überall. Mein Zuhause ist die Straße. Einen Wagen, ein Motorrad oder ein Fahrrad brauche ich nicht, meine Füße sind ja gesund. Eine Frau und Kinder habe ich auch nicht, aber einen Hund. Tobby heißt er. Geld brauche ich nicht. Ich brauche meine Freiheit.»

(Aus: Lagune 1. Hueber, 2006. S. 61)

Beispiel 2

img5

(Aus: Lagune 1. Hueber, 2006. S. 87)

Beispiel 3

img6

(Aus: Lagune 1. Hueber, 2006. S. 63)

Sicherlich haben Sie die Texte richtig bestimmt, dennoch braucht ein Profi klare Kriterien, ob der Text authentisch genug ist. In der modernen DaF-Didaktik ist ein methodisch authentischer Text:6

  1. kulturell angelegt: präsentiert die kulturellen Besonderheiten des Ziellandes, gibt Vorstellung über Alltagsgewohnheiten und Rituale;
  2. informativ: die Informationen sind für die Lerner interessant und wichtig, beziehen sich auf ihre altersspezifischen Besonderheiten und Interessen;
  3. situativ: eine im Text dargestellte Situation ist natürlich, widerspiegelt Interesse an dieser Situation im Land der Zielsprache und kann natürliche Diskussionen produzieren;
  4. soziokulturell: präsentiert die Besonderheiten der nationalen Mentalität und macht diese deutlich;
  5. reaktionsfördernd: kann Emotionen hervorrufen, regt zum Denken und zum Sprechen an;
  6. attraktiv und reaktionsfördernd in der äußerlichen Gestaltung, die das Verstehen und die weitere Kommunikation erleichtert;
  7. handlungsorientierend in der Formulierung von ­Aufgaben: Sie fördern die Arbeit mit dem Text und Lernstrategien bei der Arbeit mit einer Informationsquelle.

Aufgabe 3
Analysieren Sie die folgenden Textbeispiele. Bestimmen Sie, welchen Kriterien der methodischen Authentizität sie entsprechen. Bestimmen Sie dann, ob man alle Texte als didaktisch authentisch bezeichnen kann.

Beispiel 1

img7

(Aus: Olga Sacharowa. Märchenwelten.
МСНК-Пресс, 2008. С. 33)

Beispiel 2

Adenauer-Enkel machen erstaunliche
Grundstücksdeals

Zu erstaunlichen Grundstücksgeschäften haben in Köln die Planungen für einen Neubau der örtlichen Fachhochschule (FH) geführt. So kauft der landeseigene Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) seit Monaten in der Südstadt Grundstücke an, obwohl das FH-Projekt weder beschlossen noch die Standortfrage geklärt ist. Für rund 70 Millionen Euro hat der BLB bislang Flächen von Beteiligungsfirmen der Bauwens Gruppe erworben. Geschäftsführende Gesellschafter dieses Unternehmens sind Paul Bauwens-Adenauer und Patrick Adenauer, zwei Enkel von Konrad Adenauer, dem ersten Bundeskanzler der Republik. Was inzwischen auch in der nordrhein-westfälischen Landesregierung für erklärungsbedürftig gehalten wird: Die Bauwens-Gesellschaften hatten die Grundstücke zuvor aufgekauft und veräußerten sie nun mit eindrucksvollen Aufschlägen an den BLB. So verteuerte sich allein das Gelände der ehemaligen Dom-Brauerei um zehn Millionen Euro. Die Bauwens-Firma Gambrinus kaufte es für rund 23 Millionen Euro. Der BLB griff für 33,4 Millionen zu. BLB-Sprecher Dietmar Zeleny verteidigt die Zwischenschaltung der Bauwens-Firmen mit der Sorge vor «explodierenden Preisen», wenn das Interesse des Landes bekannt geworden wäre. Auf Anfrage erklärte Bauwens-Adenauer, dass er als Unternehmer die «Generierung eines Wertsteigerungspotentials» für eine «primäre Aufgabe» hält...

(Aus: DER SPIEGEL 20/2009)

Beispiel 3

img8

(Aus: Mittelpunkt B 2. Klett, 2008. S. 56)

Beispiel 4

Gestalten Sie nun selbst den inneren Monolog einer berufstätigen Person und gehen Sie dabei nach der folgenden Anleitung vor. Arbeiten Sie zu zweit oder in Arbeitsgruppen.
Wählen Sie einen Beruf.
Gestalten Sie gemeinsam eine Rollenbiografie, indem Sie die Fragen aus Aufgabenteil a für Ihre erdachte Person beantworten.
Versetzen Sie sich nun in die Situation dieser Person und stellen Sie sich vor, während der Arbeitszeit zwei Minuten über Ihre Arbeit nachdenken.
Notieren Sie die Gedanken. Seien Sie dabei krea­tiv!
Spielen Sie Ihre Szene im Kurs vor: Eine/r nimmt die Haltung der Person ein (Wie steht oder sitzt sie?), die/der andere steht dahinter und spricht die Gedanken der Person laut.

(Aus: Mittelpunkt B 2. Klett, 2008. S. 69)

Beispiel 5

img9

(Aus: Aus: Olga Sacharowa. Märchenwelten.
МСНК-Пресс, 2008. С. 33)

Beispiel 6

Katzen zeigen Gefühle
Von Susan Saughton

Anhand eindrucksvoller Beispiele aus Literatur und Wissenschaft sowie durch Erfahrungen mit ihren eigenen Katzen beweist Susan Saughton, dass die Gefühlswelt der Katzen mehr ist als eine Summe aus Reflexen und Instinkten. Wie der Mensch lernen kann, das ganze Repertoire an Körperhaltung, Bewegungen und sogar Lauten zu verstehen, veranschaulicht sie in diesem aufschlussreichen und kurzweiligen Beitrag zur Psychologie der Katzenseele.

(Aus: Mittelpunkt B 2. Klett, 2008. S. 114)

Beispiel 7

img10

(Aus: Heinz-Helmut Lüger: Routinen und Ritua­le
in der Alltagskommunikation. Langenscheidt, 1993. S. 33)

Die genannten Kriterien der didaktisch-situativen Authentizität geben die Möglichkeit, die Thematik des Lernens immer auf dem Laufenden zu halten. In den russischen Bildungsstandards heißt es auch, es gehe um zyklische Entwicklung der Lernthematik. Vereinfachungen sind also für einen authentischen Lerntext kein Übel, denn ein Thema kann später mehrmals unter anderen Aspekten wiederholt werden. Dazu gibt es Textsorten (Typen) mit absolut natürlichen Vereinfachungen, z. B. ein Telegramm oder eine Notiz an den Freund, so etwa: «Muss unerwartet weg. Entschuldigung!!!». Viele Werbetexte oder Reiseprospekte sind in einer vereinfachten Sprache geschrieben, es heißt aber nicht unauthentisch. Auch die Bearbeitung von Texten zu didaktischen Zwecken schließt den Begriff Authentizität nicht aus, wenn das Produkt den oben genannten Kriterien entspricht.

 

3. Textsorten. Arbeitsstrategien mit Texten im Unterricht

Unter Textsorten versteht man eine Gruppe von Texten mit bestimmten, gemeinsamen Textmerkmalen, die unter anderem durch die Zielsetzung des Textes und durch traditionelle Textmuster bedingt sind, z. B. Brief, Nachrichtensendung, Lebenslauf, Vortrag, Märchen, Zeitungsbericht usw.7
Die Übersicht von Textsorten ist für den Unterricht wichtig, weil sie uns die Vorstellung gibt, ob ein Text im natürlichen Sprachgebrauch lebt oder nicht und welche Informationen dieser Text trägt.
Jede Textsorte besitzt eine Anzahl von spezifischen Textmerkmalen, die im Unterricht sehr wichtig sind. Diese Merkmale machen die Form des Textes authentisch, wie z. B. die Anrede in einem Brief, und sie sind notwendige Stützen, wenn wir unsere Schüler zu ihrer eigenen Textproduktion bringen wollen. Weiß man nicht, welche formellen (wie Schlagzeile, Presseagentur) und inhaltlichen (Knappheit) Merkmale eine Zeitungsmeldung hat, so kann man die Schüler nicht dazu veranlassen, eine, wenn auch imaginäre, Zeitungsmeldung zu schreiben.

Aufgabe 4
Analysieren Sie Ihr Lehrwerk, welche Textsorten gibt es am meisten?
Entsprechen alle Textsorten den natürlichen Situationen in der Kommunikation?
Ergänzen Sie das Raster anhand Ihrer Analyse. Unter Relevanz markieren Sie bitte Ihre Meinung dazu, ob der Text den Interessen und Möglichkeiten der jeweiligen Stufe entspricht.

Alterstufe

Themen

Textsorte

Relevanz

Beispiel:
5. Klasse

Weihnachten

Lexikontext

viele Informationen religiöser Art, die für russische Kinder in diesem Alter schwer zu begreifen sind

Bei Ihrer Analyse konnten Sie sich vergewissern, dass es nicht nur zahlreiche Textsorten gibt, sondern dass jeder Text seine Arbeitsstrategie hat. Man kann mit einem Dialog nicht genauso arbeiten wie mit einer Anzeige oder einem gehörten Radiokommentar. Und von der generellen Arbeitsstrategie hängen die Arten von konkreten Übungen ab. Wichtig ist zuerst zu bestimmen, geht es um Rezeption (Wahrnehmung von Information) oder um Produktion (selbstständige Entwicklung von einem gesprochenen oder geschriebenen Text). Hörtexte und Lesetexte bieten unseren Schülern Informationen an und sind auf Wahrnehmung orientiert.
Hier gibt es drei Arbeitsmöglichkeiten: globales, selektives und detailliertes Verstehen.

Aufgabe 5
Hier sind die Definitionen dieser Strategien. Ordnen Sie bitte zu.

1. globales Verstehen;
2. selektives Verstehen;
3. detailliertes Verstehen.

a) Man will wissen, worum es in einem Text geht, sich einen ersten Überblick verschaffen, man überfliegt den Text zuerst einmal und versucht, schnell die wichtigsten Informationen zu entnehmen.
b) Man will alles genau wissen. Alle Einzelheiten oder Nuancen sind bei diesen Texten wichtig. Man liest sie Wort für Wort.
c) Man ist nur an bestimmten Informationen interessiert. Deshalb will man nicht den ganzen Text durchlesen, man sucht nach Schlüsselwörtern und erst bei gesuchten Informationen liest man genauer.
Wollen wir unsere Schüler zum Sprechen oder Schreiben verleiten, so geht es um produktive Tätigkeiten. Hier sind Etappen wichtig. In der Einführungsphase gibt man ein Beispiel, wie es gemacht werden kann. In der Einübungsphase bietet man genug Übungen zur selbstständigen Arbeit mit oder ohne Hilfen. In der Produktionsphase veranlasst die Aufgabe die Schüler zu eigenen Texten. Diese können Dialoge, Monologe, Briefe, Werbungen, Präsentationen, Referate und noch vieles mehr sein. Man unterscheidet heutzutage über 200 Textsorten.
Um eine interessante und motivierende Arbeit mit Texten richtig zu gestalten, sollte man zuerst die Textsorte und erst dann die Arbeitsstrategie bestimmen.

Aufgabe 6
Welche Strategien können zu diesen Textsorten passen? Markieren Sie.

Textsorten

global

selektiv

detailliert

Gedicht

 

 

 

Sachtext

 

 

 

Bedienungsanleitung

 

 

 

Biografie

 

 

 

Kochrezept

 

 

 

Märchen

 

 

 

Postkarte

 

 

 

Interview

 

 

 


Aufgabe 7

Analysieren Sie die Textsorten und Arbeitsstrategien in einem Lehrwerk, mit dem Sie arbeiten. Gibt es immer passende Arbeitsstrategien und Übungen zu diesen Textsorten? Entsprechen die Textsorten den Interessen Ihrer Schüler? Welche Textsorten würden Sie ergänzen?

 

4. Motivationale Möglichkeiten eines Textes

Kann ein Text als Lernstoff zur Entwicklung von sprachlichen und kommunikativen Fertigkeiten dienen, so kann er eine integrative Rolle im DaF-Unterricht spielen. Und nicht nur aus der Hinsicht der Didaktik. Schauen Sie sich das folgende Schema an.

img11

Der Text hat ein Thema, dieses Thema entspricht den Standards und orientiert sich auf altersbezogene und persönliche Interessen. Der Inhalt bestimmt kommunikative Situationen und in vielem die sprachlichen Besonderheiten (Lexik, Grammatik). Auf die Textsorte orientieren sich die Übungstypen und deren methodischer Aufbau, aber auch die sprachlichen Besonderheiten: Eine Anzeige ist in der Sprache anders als ein Märchen. Die Textsorten lassen sich sehr gut kombinieren und ergänzen einander, sie bieten Möglichkeiten unterschiedlicher Arbeitsformen im Unterricht, z. B. Einzel- und Gruppenarbeit, und berücksichtigen so besser die persönlichen Besonderheiten von Schülern als nur in Plenumform. Finden wir einen Kerntext (Basistext), so können wir leicht um ihn herum andere Textsorten mit mehreren kommunikativen Situationen aufbauen. Dieses Modell nennen wir intratextuell und danach geht es zum Beispiel mit der Textsorte «Märchen» so:

Kerntextsorte Märchen

Textsorte vor dem Lesen/Hören

Textsorte während des Lesens/Hörens

Textsorte nach dem Lesen/Hören

Dialog • Bild • Umfrage • Überschrift zum Bild • Biografie des Autors • Gespräch

Bilder • Fragen • Quiz • Notiz • Richtig/Falsch-Aussagen • Kreuzworträtsel

Wortspiel • Dialog • fiktive Biografie von den Figuren • Kommentar • Theaterstück • Grammatikregel • Brief • Filmposter • Musical

Sicherlich ist Ihnen auch noch vieles mehr eingefallen. So kann ein Text alle Motivationsebenen, sehr unterschiedliche Motive von Schülern berücksichtigen (Lernerebenen), dem Lehrer leichtere, transparente Techniken im Unterricht geben, ihn so entlasten und motivieren (Lehrerebene), zahlreiche Arbeitstechniken und Übungsformen bieten (Materialebene), nach wiederholter Arbeit mit mehreren Textsorten selbstständige Strategien zu entwickeln ermöglichen (Lernstrategien), Gelegenheit sowohl zum Drill als auch zur kreativen Produktion geben.
Deshalb sehen wir einen didaktisch-authentischen Text als Grundlage zur Motivation. Ein Text wird einerseits immer sehr persönlich wahrgenommen, andererseits kann er ein universelles Wissen anbieten, und so erhält er persönlichkeitsbezogene und Erkenntnismotive.
Ein Text gibt Möglichkeiten zur Analyse von einzelnen sprachlichen Strukturen und ist zugleich ein Beispiel dafür, wie diese Strukturen im Kontext zusammen funktionieren. Ein Text hat ein Thema und fördert persönliche Meinungsäußerung. Ein Text bietet Stoff zur Erkenntnis der Welt und neuer Kulturen. Ein Text bei richtig gewählten Strategien und Übungstypen kann die Anfangsmotivation generieren und sie effektiv erhalten. Ein Text berücksichtigt Alters- und Genderbesonderheiten, Besonderheiten von zwei Geschlechtern.

Aufgabe 8
Analysieren Sie die Texte und Übungen in Ihrem Lehrwerk.

Textsorte

Alters-
interessen

Sprache

Etappen/Übungen

Fertigkeiten

Aspekte

Seite...
Reiseführerartikel

hoch

nur
Schreiben

zu viel Grammatik, zu wenig Wortschatz

...

Vor-dem-Text-Phase fehlt,
keine produktiven Übungen

 

Aufgabe 9
Entwickeln Sie ein eigenes Arbeitsschema zu diesem Text – welche neuen Textsorten können Sie an diesen Text «anhängen»?

Erica aus Brasilien
Ich heiße Erica Silva und ich bin acht Jahre alt.
Ich lebe in Neteroi, einer Stadt in Brasilien.
Zu unserer Familie gehören Mama, meine kleine Schwester Maria-Gabriele und ich. Meine beste Freundin Julia wohnt im Nachbarhaus. Nach dem Mittagessen ziehen wir unsere Schuluniform an und gehen gemeinsam in unsere Schule. Fast alle Kinder aus unserem Stadtteil kommen hierher, denn man muss für den Unterricht kein Geld bezahlen. Eine private Schule ist sehr teuer.
Nur die reichen Familien können sich das leisten.
Der Unterricht beginnt für Julia und mich um ein Uhr mittags und dauert bis halb sechs am Nachmittag, von montags bis freitags.
Jeden Tag haben wir ein besonderes Fach wie Rechnen, Sozialkunde oder Portugiesisch. Das Lernen in der Schule macht mir Spaß. Ich bin im Rechnen besonders gut.
In Klassenarbeiten und im Zeugnis bekommen wir Noten. Die beste Note ist bei uns die Zehn, die schlechteste die Eins.
Zweimal in der Woche habe ich in der Schule auch Tanzunterricht.
Ich tanze sehr gern und mag Musik.

(Text bearbeitet nach: Bücherwurm. Mein Lesebuch 2.
Ernst Klett Schulverlag, 2003)

Wichtige Begriffe

authentisch: аутентичный
die Authentizität: аутентичность
die didaktische Einheit: учебно-дидактическая единица, единица существования учебного материала
die Lesestrategie (auch: der Lesestil): вид чтения, стратегия понимания
detaillierte Lesestrategie: изучающее чтение (с полным пониманием содержания прочитанного)
globale Lesestrategie: ознакомительное чтение (с пониманием основного содержания прочитанного)
selektive Lesestrategie: просмотровое/поисковое чтение (с выборочным пониманием содержания прочитанного)
das Plenum: фронтальная форма организации урока
die Sozialform: форма организации работы на уроке (парная, групповая, фронтальная работа)
der Sprachaspekt: языковые знания и навыки (лексика, фонетика, орфография, грамматика)
die Sprachfertigkeit: вид речевой деятельности (например, аудирование или устная речь)
die Textsorte: жанр текста

 

Литература

  1. Бим И.Л. Концепция обучения второму ино­странному языку (немецкому на базе английского): Учебное пособие. М., 2001.
  2. Бим И.Л. Теория и практика обучения немецкому языку. М., 1988.
  3. Гальперин И.Р. Текст как объект лингвистиче­ского исследования. М., 1980.
  4. Гальскова Н.Д. Современная методика обучения иностранным языкам. М., 2004.
  5. Елизарова Г.В. Культура и обучение иностранным языкам. М., 2005.
  6. Залевская А.А. Текст и его понимание. Тверь, 2001.
  7. Захарова О.Л. Мотивационные возможности художественного текста на раннем этапе обучения. Проблемы обучения и воспитания на современном этапе в образовательных учреждениях: Сб. науч. трудов. Вып. 2, ч. 1. М.: МГГУ, 2008. С. 76–82.
  8. Захарова О.Л. Сказочные миры. М.: МСНК-Пресс, 2008. 88 с.
  9. Захарова О.Л. Развитие навыков чтения на уроках немецкого языка: Начальный уровень. (учеб.-методич. пособие на нем. яз.). М.: Чистые пруды, 2008. Библиотечка «Первого сентября», серия «Немецкий язык». Вып. 24. 32 с.
  10. Ипполитова Н.А. Текст в системе обучения русскому языку в школе. М.: Флинта, Наука, 1998.
  11. Лотман Ю.М. Внутри мыслящих миров. Человек – текст – семиосфера – история. М., 1996.
  12. Новиков А.И. Текст как объект исследования лингвопсихологии // Методология современной психолингвистики. Барнаул, 2003.
  13. Носонович Е.В., Мильруд Р.П. Критерии содержательной аутентичности учебного текста // Ино­странные языки в школе. 1999. № 2. С. 6–12.
  14. Пассов Е.И. Коммуникативное иноязычное образование. Липецк, 1998.
  15. Соловова Е.Н. Методика обучения иностранным языкам. М.: Просвещение, 2005.
  16. Чувакин А.А. Теория текста: объект и предмет исследования. Алтайский государственный университет. Критика и семиотика. Вып. 7. 2004. С. 88–97.
  17. Breen, M.P.: Authenticity in the Language Classroom // Applied linguistics. 1985. Nr. 6/1.  P. 60–70.
  18. Bücherwurm 1, 2, 3. Leipzig: Ernst Klett Grundschulverlag, 1997.
  19. Edelhoff, Chr.: Authentische Texte im Deutschunterricht. Einführung und Unterrichtsmodelle. München: Hueber, 1985. S. 43.
  20. Harmer, J.: The Practice of English Language Teaching. London, 1991.
  21. Häussermann, U.; Piepho, H.-E.: Aufgaben-Handbuch. München: Iudicium, 1996.
  22. Lee, W. Y.: Authenticity Revised: Text Authenticity and Learners Authenticity // ELT Journal. 1995. Nr. 49/4. P. 323–328.
  23. Lier, L.: Interaction in the Language Curriculum. Awareness. Autonomy and Authenticity. London, 1996.
  24. Ur, P.: A Course in Language Teaching. Practice and Theory. Cambridge, 1996.
  25. Westhof, G.: Fertigkeit Lesen. Berlin: Langenscheidt, 1997.

 

Lösungen

Aufgabe 1

ein authentischer Text

ein künstlicher Text

– wurde zwecks natürlicher Kommunikation von Muttersprachlern produziert
– ist ursprünglich nicht für den Lernprozess gedacht
– enthält zahlreichere sprachliche Erscheinungen, wie Idiome, Jargon- oder Modewörter
– hat die emotionale Färbung
– führt zu assoziativen Erinnerungen
– enthält für jeweilige kommunikative Situationen typische kulturelle und sprachliche Klischees
– hat Realienwörter
– präsentiert die nationale Mentalität
– erzählt über Traditionen im Zielland

– ist extra für den Fremdsprachenunterricht kreiert worden
– veranschaulicht ein gewähltes sprachliches Thema (Lexik, Grammatik)
– gibt begrenzte Möglichkeiten zu natürlicher Kommunikation
– ruft oft keine Emotionen hervor
– hat wenig Bezug zu vielen Alltagssituationen
– hat Realienwörter
– erzählt über Traditionen im Zielland

Aufgabe 2
Text 1 – ein künstlicher Text, Text 2 – ein absolut authentischer Text; Text 3 – ein didaktisch authentischer Text.

Aufgabe 3

Textbeispiel

Kriterium

1

6

2

Keins; der Text ist zwar informativ und enthält landesspezifische Realien, diese sind aber für Schüler kaum interessant.

3

4

4

7

5

5

6

2, 3

7

1

Aufgabe 6

Textsorten

global

selektiv

detailliert

Gedicht

Sachtext

Bedienungsanleitung

 

Biografie

 

Kochrezept

 

Märchen

 

Postkarte

 

 

Interview

 

 

 

Fortsetzung folgt



1 Пассов Е.И. Коммуникативное иноязычное образование. Липецк, 1998.

2 Гальперин И.Р. Текст как объект лингвистического исследования. М., 1980.

3 Цит по: Чувакин А.А. Теория текста: объект и предмет исследования. Алтайский государственный университет. Критика и семиотика. Вып. 7. 2004. С. 88–97.

4 Мазунова Л.К. Текст как культурно-языковое пространство и единица обучения иностранному языку и культуре // C сайта: http://www.bashedu.ru

5 Носонович Е.В., Мильруд Р.П. Критерии содержательной аутентичности учебного текста // Иностранные языки в школе.1999. № 2. С. 6–12.

6 Носонович, Мильруд, 1999. C. 6–12.

7 Westhof, G.: Fertigkeit Lesen. Berlin: Langenscheidt, 1997.