Главная страница «Первого сентября»Главная страница журнала «Немецкий язык»Содержание №19/2009

Sonderthema

Agnes Bernauer – Baderstochter, Herzogin, Legende

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Agnes Bernauer in Augsburg, gezeichnet von R. A. Jaumann für Arthur Achleitners Bayern wie es war und ist

In einem Badhaus im Mittelalter ging es gar lustig zu: da wurde geheilt mit Aderlass und Schröpfen, gebadet, massiert, Zähne gezogen, ein Arm geschient, gesund gerieben, gegessen, getrunken und geliebt. Könnte schon sein, dass der junge bayerische Herzog Albrecht von Bayern zu München im Fasching 1428 seine Agnes hier kennenlernte, nach einem Turnier auf dem Domplatz zu Augsburg.

Die Baderstochter Agnes Bernauer wurde durch ihre Liebschaft gar zur heimlichen Herzogin und für die Nachwelt zur Legende: ihre Liaison mit dem bayerischen Herzog war nicht nur ein Fauxpas, sondern im Bezug auf die Erbnachfolge indiskutabel. Und so erlitt Agnes Bernauer, als Hexe angeklagt, einen grausamen Tod durch Ertränken. Die Fantasien der Menschen hat die einstige Baderstochter bis heute angeregt: bei Festspielen wird das Leben und Sterben der Agnes Bernauer auf der Bühne immer wieder neu inszeniert.

Ein spätmittelalterliches Badhaus. In einem gemauerten Bassin planscht ausgelassen ein Dutzend Leute, in einem hölzernen Zuber sitzt jemand, der sich den Rücken schrubben lässt, auf Pritschen liegen schmausende und trinkende Männer und Frauen, und aus einem Nebenraum hört man das Stöhnen von jemandem, der gerade zur Ader gelassen wird oder dem der Bader einen gebrochenen Arm schient. Dazwischen laufen Knechte, die die Badeöfen heizen, Mägde, die dampfende Wasserkannen schleppen und andere, die Bier, Wein und Speisen servieren. Außerdem sind da noch die sogenannten Reiberinnen, Frauen, die den Gästen den Kreislauf anregen, indem sie sie mit Badewedeln schlagen – und auf Wunsch sogar noch einiges mehr für das Wohlbefinden ihrer Kunden tun; die Sitten im Badhaus sind locker.
Der Schriftsteller Manfred Böckl hat sich intensiv mit den Gepflogenheiten der damaligen Zeit beschäftigt: «Ein Badhaus, das war eine Kombination von verschiedenen Institutionen. Zum einen hat da ein Bader als Heiler, also als relativ primitiver Arzt gearbeitet; der hat also Zähne gezogen und andere kleine Sachen gemacht. Zum anderen war ein Badhaus ganz einfach eine Kneipe, wo man die Sau herausgelassen hat. Und zum dritten waren die Badhäuser aber auch Bordelle. Und in der Praxis ist das alles durcheinander gegangen. Man kann sich vorstellen, dass also da in der einen Ecke einer grad einen Zahn gerissen bekommen hat, und in der anderen Ecke zwei im Badezuber den Beischlaf ausgeübt haben.»
Badhäuser gab es in jeder größeren Stadt. Von Augsburg weiß man, dass um das Jahr 1400 herum drei davon existierten. Besucht wurden sie von so gut wie allen Bevölkerungsschichten, auch vom Adel.
Es war sogar üblich, offizielle Gäste ins Badhaus einzuladen. Wenn etwa ein auswärtiger Fürst in der Stadt weilte, wurde er – oft samt seiner Dienerschaft – von einem Vertreter des Rates in eine dieser «Herbergen der Leichtfertigkeit» geführt und dort bewirtet.
Einen guten Ruf hatte das Badegewerbe nicht. Es galt als anrüchig, und Bader, Barbiere, Scherer, Wundärzte oder wie immer sich die in diesem Gewerbe Tätigen nannten, standen auf der sozialen Leiter ganz unten.
Kaspar Bernauer war ein solcher Bader. In einer Augsburger Gasse mit dem Namen «Zwischen den Schlachten» soll er ein Badhaus betrieben haben. Und eine schöne Tochter hat er gehabt: Agnes.
Der Chronist Veit Arnpeck beschreibt die Agnes Bernauer als sehr «lieblich». Doch Arnpeck wurde erst vier Jahre nach ihrem Tod geboren. Vieles, sehr vieles von dem, was über Agnes – über ihre Herkunft, über ihr kurzes Leben und ihren Tod – geschrieben und erzählt wurde, beruht auf mündlichen Überlieferungen, auf Mutmaßungen, auf Erfindungen. Sicher ist: Sie hat gelebt; sie hat den jungen Herzog Albrecht III. von Bayern-München kennen- und lieben gelernt, und: sie musste sterben, weil die Verbindung zwischen ihr und dem Herzog nicht sein durfte.
Im Fasching 1428 fand auf dem Augsburger Domplatz ein Turnier statt. Ein Stechhof, wie man damals sagte.
Dass der junge Herzog Albrecht aus dem Geschlecht der Wittelsbacher bei dem Turnier antrat, freute die Zuschauer besonders. Jeder, ob gewöhnlicher Bürger oder nobler Patrizier, hatte von ihm gehört, und die Frauen schwärmten allesamt von dem 27-jährigen, hochgewachsenen und noch immer unverheirateten Edelmann. Veit Arnpeck berichtet über ihn, er sei «ein gütiger, fröhlicher und friedlicher Herr. Er hatte große Liebe zu der Kunst und Musik.»
Über das, womit Albrecht seine Zeit verbrachte, nachdem das Stechen vorüber war und er seine schwere Rüstung abgelegt hatte, kann man nur spekulieren. Vielleicht war er von den Patriziern der Stadt Augsburg zu einem Mahl ins Rathaus eingeladen, vielleicht ging er aber auch ins Badhaus. Albrecht war ein sinnenfroher Mensch; er liebte nicht nur die Musik, er galt auch als «ein Liebhaber der zarten Frauen».
Es kann gut sein, dass er im Badhaus von Kaspar Bernauer Zerstreuung suchte. Das Turnier war anstrengend gewesen. Außerdem hatte Albrecht erst vor kurzer Zeit eine Enttäuschung erlebt, die ihm noch im Herzen brannte.
Sein Vater, Herzog Ernst, hatte ihn verheiraten wollen, und zwar mit der Tochter des Grafen Eberhard des Milden von Württemberg. Elisabeth hieß sie, und sie wäre eine gute Partie gewesen. Erstens brachte sie 30 000 Gulden Heiratsgut mit, und zweitens, noch wichtiger, hätte das Land der Wittelsbacher und das der Württemberger zusammen einen ansehnlichen Territorialstaat ergeben. Das hätte Herzog Ernst einen erheblichen Vorteil gegenüber seinen Verwandten gebracht.
Bayern zerfiel nämlich zu jener Zeit in drei Teilherzogtümer; die jeweils von einem Zweig des Hauses Wittelsbach beherrscht wurden. Im Teilherzogtum München, zu dem unter anderem das Straubinger Land gehörte, regierte Herzog Ernst zusammen mit seinem Bruder Wilhelm. In Landshut hatte Herzog Heinrich der Reiche das Sagen. Und in Ingolstadt residierte Ludwig der Gebartete, ein besonders streitsüchtiger Angehöriger der großen Familie.

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Herzog Albrecht von Bayern (1401–1460), Radierung 16. Jh.

Wäre es zu der Ehe zwischen dem Erbprinzen Albrecht und Elisabeth, der Erbin von Württemberg, gekommen, hätte das Teilherzogtum Bayern-München stark an politischem Gewicht gewonnen. Doch Elisabeth machte den Münchnern einen Strich durch die Rechnung. Sie floh. Ins obere Rheintal. Zum Grafen Johann von Werdenberg-Sargans, den sie liebte und mit dem sie sich heimlich vermählte.
Vielleicht also versuchte sich Albrecht im Augsburger Badhaus über diese Schmach hinweg zu trösten – als Agnes auftauchte.
«Schon beim ersten Anblick gewann er sie lieb, und Gegenliebe von ihr zu erhalten, war sein Entschluss, sein einziges Bestreben», meinte um das Jahr 1800 Felix Joseph Lipowsky in seiner historischen Schilderung des Lebens der Agnes Bernauer.
Eine zeitgenössische Chronik, die davon berichtet, was beim ersten Treffen des Herzogs mit der blonden, siebzehn- oder achtzehnjährigen Schönheit wirklich geschah, gibt es nicht. Auch nach 1428 findet sich in keiner Quelle ein Wort über Agnes, geschweige denn eine Bemerkung über ihre Beziehung zu Albrecht. Von ihm weiß man, dass er an einem Konzil in Basel und an einem Kriegszug nach Böhmen teilnahm und dass er überhaupt viel in politischen Angelegenheiten unterwegs war. Wahrscheinlich wird er dennoch ab und zu nach Augsburg geritten sein, um Agnes zu treffen. Oder er holte sie auf seinen Sitz in Vohburg an der Donau. Der war ihm von seiner Mutter vererbt worden und lag weit abseits des höfischen Treibens in der Residenzstadt München, wo jeder über jeden klatschte.
Doch irgendwann wollte Albrecht seine Agnes anscheinend auch dort nicht mehr vermissen. Im Sommer des Jahres 1432 jedenfalls muss sie in der Münchner Residenz gelebt haben.
Ein Raubritter namens Münnhauser war beim Pferdediebstahl erwischt und dingfest gemacht worden. Söldner hatten ihn in die Stadt gebracht, aber dort war er ihnen entwischt und in einen Turm der Alten Veste, des herzoglichen Schlosses, geflüchtet.
Damit war er für die städtische Gerichtsbarkeit nicht erreichbar. Nur die Landesherren, also Herzog Ernst oder sein Sohn Albrecht, konnten seine Verhaftung anordnen. Die aber hielten sich gerade in Straubing auf.
Agnes Bernauer hatte ihrem Ärger darüber Luft gemacht, dass sie sich unter einem Dach mit diesem Spitzbuben aufhalten musste! Sie wohnte also nicht nur in der Residenz, sie trat dort auch ganz selbstbewusst auf.
Allerdings erfuhr ihr Selbstbewusstsein schon wenige Wochen später einen empfindlichen Dämpfer. Der Münchner Stadtrat hatte hohe Gäste geladen: Für Albrechts Schwester, die Pfalzgräfin Beatrix und deren Gemahl Johann wurde ein festliches Essen bereitet; es wurde musiziert und getanzt.
Auch Agnes war anwesend – sehr zum Verdruss der Pfalzgräfin. In einem Eintrag in die städtischen Bücher heißt es, dass sie
«mit herzog Albrecht gnug zornig was
von herzog fraw nessen wegen
der hoch und grosfaisten Bernawerin wegen».

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Straubing und die Donaubrücke zur Zeit
der Agnes Bernauer
(aus «Die Gartenlaube», 1873)

Aus diesem Eintrag geht zunächst einmal hervor, dass man am Hof von dem Liebesverhältnis Albrechts wusste. Aber er wirft auch ein paar Fragen auf. Was zum Beispiel drückt die Bezeichnung «herzog fraw nessen» aus? «Nessen» ist eine geringschätzige Form des Namens Agnes – aber die Titulierung als Herzogsfrau? Bedeutet sie, dass Albrecht Agnessen zu seiner Gemahlin gemacht hatte? Und was wird Beatrix wohl mit «hoch und großfaist» gemeint haben? Feist – im Sinne von dick – sicher nicht. Sollte es «hochmütig» beziehungsweise «aufgeblasen» heißen? Oder war Agnes Bernauer schwanger? Hochschwanger? In der Tat: Sie gebar dem Herzog eine Tochter: Sibylla.
Wenn Albrecht ein außereheliches Verhältnis mit einer Bürgerlichen unterhielt, so war das weder für den Hof noch für das Volk eine große Geschichte – nicht einmal dann, wenn daraus Kinder hervorgingen. So weit bekannt, hatte auch sein Vater drei oder vier uneheliche Kinder von Frauen aus niederem Stande; er erkannte sie an, er sorgte für sie, aber was die Erbfolge betraf, spielten sie keine Rolle. Eine Ehe allerdings, mit einer Frau aus der untersten sozialen Schicht – einer Baderstochter! – das durfte nicht sein! Unter keinen Umständen! Als Mutter eines künftigen Thronfolgers kam allein eine Adlige in Betracht. Die große Frage also ist: Waren Albrecht und Agnes verheiratet?
Einen Trauschein oder ein ähnlich zuverlässiges Dokument gibt es nicht. Trotzdem glaubt Manfred Böckl: «Also die beiden waren vermutlich verheiratet. Da gibt es schon Quellen, die das besagen.
Aber es war eine heimliche Ehe, die da geschlossen wurde.»
Manfred Böckl hat einen historischen Roman mit dem Titel Agnes Bernauer – Hexe, Hure, Herzogin geschrieben. Darin geben sich Albrecht und Agnes in der Kapelle des Schlosses Vohburg vor einem alten Priester das Ja-Wort.
In der Tat spricht einiges dafür, dass sich die beiden heimlich vermählt haben. Eine der von Manfred Böckl erwähnten Quellen ist die im 16. Jahrhundert verfasste Städtechronik des Benediktinermönchs Clemens Sender.
Den alten Herzog Ernst muss die innige Beziehung seines Sohnes zur Verzweiflung getrieben haben. Sehr wahrscheinlich hat er Agnes gekannt, vielleicht hat er sie sogar gemocht.
«Aber als Herrscher der damaligen Zeit war er verantwortlich für sein Herzogtum. Und er wusste: Die unstandesgemäßen Kinder aus dieser Verbindung konnten ja nicht Herzog werden, konnten in die Erbfolge nicht antreten. Und er wusste, dass die Verwandtschaft in Landshut und in Ingolstadt nur da­rauf wartete, das Herzogtum Straubing-München zu übernehmen. Es würde Bürgerkrieg geben. Und er stand sicherlich in dem Zwiespalt: Das ist mein Sohn – was tu ich ihm an! Aber er wusste auch: Was tu ich meinem Land an, wenn ich nicht agiere, wenn ich nicht reagiere auf diese Situation», so Frau Edeltraud Fischer, Verantwortliche für die Öffentlichkeitsarbeit des Agnes-Bernauer-Festspiel-Vereins in Straubing.
M. Böckl meint dazu: «Er hat immer gehofft, dass die Geschichte von selber auseinandergeht. Dass also der Albrecht eine standesgemäße Frau findet und die Agnes Bernauer dann eben zum Teufel jagt, sozusagen.»
Doch Albrecht dachte nicht daran, sich von Agnes zu trennen – so sehr sich das sein Vater wünschte. Der schien nämlich, gut vier Jahre nach dem Scheitern der Hochzeitspläne mit Elisabeth von Württemberg, wieder eine passende Braut für ihn gefunden zu haben. Jakobäa von Beieren war ihr Name und in ihren Adern floss wittelsbachisches Blut. Doch es stellte sich heraus, dass auch sie sich kurz vorher heimlich vermählt hatte – mit einem holländischen Ritter. Herzog Ernst muss bitter enttäuscht gewesen sein. Und versuchte es nun mit anderen Mitteln.
Frau E. Fischer: «Es gibt also auch durchaus die Unterlagen, dass er der Agnes angeboten hat, sich auszahlen zu lassen, dass er auch zu ihr gesagt hat, sie möge ins Kloster gehen.»
M. Böckl: «Das wurde ihr angeboten – eben zu verschwinden und die Beziehung zu beenden, aber das hat sie abgelehnt.»
Offenbar konnte Agnes so wenig von Albrecht lassen wie er von ihr.
Darauf, dass der Hof ihre Verbindung billigte, konnten die beiden kaum hoffen. Doch wie war es außerhalb der Residenz? Hat das einfache Volk Agnes akzeptiert?
M. Böckl: «Ich denke, schon, weil sie, wie’s auch überliefert ist, recht sozial gehandelt hat. Sie war eine Bürgerliche und kannte die Probleme der Leute, und das hat ihr sicher Sympathien bei den einfachen Menschen eingebracht.» Aber vermutlich nicht bei allen.
Frau E. Fischer: «Es gab sicherlich andere, die gesagt haben: Ich kann doch nicht einer Frau aus solch niedrigem Stand gehorchen. Ich komme aus der Handwerkerzunft, sie ist eine Baderstochter.»
Was bei alledem im Dunkeln bleibt, ist die Person Agnes Bernauer. Über ihre menschlichen Eigenschaften, ihren Charakter, ihr Temperament und dergleichen schweigen sich die Quellen aus. Welches Bild von der Baderstochter und Herzogsfrau ergibt sich, wenn man die wenigen zuverlässigen Informationen unter die Lupe nimmt und den historischen Hintergrund mit in Betracht zieht?
Frau E. Fischer: «Es ist ein sehr vielschichtiges Bild. Man kann die Agnes Bernauer unter verschiedenen Aspekten betrachten. Manche sehen sie als ein Opfer der damaligen Zeit, wo Standesunterschiede einfach nicht übersprungen werden konnten. Andere sehen sie als eine ehrgeizige Frau, die eigentlich in ihrer Zeit wissen musste, dass sie Unmögliches erwartete, erhoffte. Manche sehen sie als eine Aufsteigerin, die also versucht hat, die Schranken zu überspringen. Man kann eigentlich aufgrund der vorhandenen Unterlagen wirklich nicht genau sagen, was für ein Charakter sie war, aber auf jeden Fall muss sie eine solch ausgesprochene Persönlichkeit damals schon gewesen sein, dass der Herzog sich in sie verliebte.»

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Kolorierter Holzstich der Agnes-Bernauer-Kapelle (aus Johann Sporschils Geschichte der Deutschen, 1850)

Gerade, weil das Bild von ihr so unklar ist, hat sie die Fantasie der Menschen immer wieder beschäftigt. Und natürlich auch deshalb, weil sie auf so grausame Weise ermordet wurde.
M. Böckl: «Anders kann man es nicht sagen: Es war Justizmord.»
Als Herzog Ernst kein anderes Mittel mehr einfiel, um die Agnes loszuwerden, ließ er sie wegen Zauberei anklagen. Eine Hexe sollte sie sein.
M. Böckl: «Die seltsame Begründung war, sie hätte durch ihre Zauberkunst den Herzogssohn Albrecht dazu gebracht, sie zu heiraten oder mit ihr eine Liebesbeziehung einzugehen, um dem Haus Wittelsbach zu schaden. Das war der Kernvorwurf, und daraufhin wurde sie in einem ganz schnell durchgezogenen Nacht-und-Nebel-Prozess zum Tod verurteilt und am nächsten Tag umgebracht.»
Der Prozess fand im Straubinger Herzogsschloss statt, und der Grund dafür, dass er so schnell über die Bühne gehen musste, ist offensichtlich: Albrecht war nicht in der Stadt. Man hatte ihn zu einer Jagd eingeladen, und alles sollte vorüber sein, ehe er zurückkam.
Mit einer fairen Justiz im heutigen Sinne hatte der Prozess nichts zu tun. Agnes Bernauer hatte sich gegen die Weltordnung versün­digt, sie war eine Hexe und sie war auch noch hochmütig.
Irgendwelcher Ermittlungen bedurfte es da nicht, ebenso wenig brauchte es einen Verteidiger – und der Grundsatz «Im Zweifelsfalle für den Angeklagten» war unbekannt. Das Urteil stand von vorn herein fest.
Zwei Hinrichtungsarten kamen für Hexen in Betracht: Das Verbrennen und das Ertränken. Man wählte die letztere. Das geht unter anderem aus einem Epitaph aus rotem Marmor hervor, auf dem Agnes lebensgroß dargestellt ist. Er steht in der Agnes-Bernauer-Kapelle auf dem Straubinger Petersfriedhof.
M. Böckl: «Zu Füßen der Figur der Agnes Bernauer sehen wir zwei Hunde, die springen links und rechts an ihr hoch, und das ist wohl ein Hinweis auf die brutale Hinrichtungsmethode, der die Agnes Bernauer ausgesetzt war. Sie wurde nämlich, wie Aventin, der große bairische Geschichtsschreiber des Spätmittelalters, schreibt, in einen Sack eingenäht, und zusammen mit ihr wurden zwei Hunde in diesen Sack gestopft, und dann wurde alles zusammen in die Donau geworfen. Und da muss man sich vorstellen, wie die arme Frau in ihrem Tod, in ihrem Todeskampf, auch noch den Todeskampf der Hunde ertragen musste, die da drin getobt, gekratzt und gebissen haben.»
Der Prozess hatte unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden. Bei der Hinrichtung durfte das Volk zuschauen. Sie fand am 12. Oktober 1435 statt.

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Ertränkung der Agnes Bernauer
am 12. Oktober 1435
(aus Josef M. Mayers

Geschichte Bayerns, 1874)

M. Böckl: «Man hat ja solche Hinrichtungen quasi als Volksfest betrachtet, und während die einen umgebracht wurden, haben die anderen sich verlustiert und sich drüber amüsiert.
Die Leiche wurde dann am Donauufer angeschwemmt, in der Nähe des heutigen Petersfriedhofes, und wurde dort zunächst einmal verscharrt. Kurze Zeit später wurde die Leiche aber wieder exhumiert und in das Karmelitenkloster gebracht.
Der Herzog Ernst hat kurz nach der Ermordung im Petersfriedhof die heute noch bestehende Agnes-Bernauer-Kapelle errichten lassen, und da wollte der Herzog sicher auch eine Sühne leisten für das Verbrechen, das er an der Agnes Bernauer begangen hat.»
Anfangs stand zu befürchten, dass Albrecht Rache nehmen würde. Aber keine drei Monate später reichte er seinem Vater die Hand zur Versöhnung. Und im November des nächsten Jahres heiratete er Anna, die Tochter des Herzogs Erich von Braunschweig.
Das Siegel auf die Heiratsurkunde allerdings drückte er erst am 21. Januar des folgenden Jahres – dem Tag der heiligen Agnes.
Seine Tochter Sibylla, die sich später gut bürgerlich verheiratete, erhielt eine ordentliche Ausbildung. Und für seine Agnes ließ er jedes Jahr an ihrem Todestag von den Karmelitenbrüdern eine Messe lesen. Noch zehn Jahre später machte er diesen Brüdern eine großzügige Schenkung – abermals am 21. Januar.
Vergessen hat Albrecht Agnes wohl nie.

Autor: Herbert Becker
Redaktion: Hildegard Hartmann
© Bayerischer Rundfunk

Der Text ist entnommen aus: http://www.br-online.de