Bildung und Erziehung
Weniger Unterricht soll Jugendliche zum Lernen motivieren
Die Leipziger Georg-Schumann-Schule ist eine von sieben Schulen in Sachsen, die ein Pilotprojekt wagen: weniger in der Schule pauken, größere Perspektiven im Berufsleben. Aufgenommen werden 20 Schüler, die durch verstärkten Praxisbezug auf einen schulischen Neustart zusteuern.
Viele Schulabbrecher in Sachsen
Jeder dreizehnte Schüler in Sachsen bricht die Schule ab, ohne ein Zeugnis zu haben. Um die hohe Zahl der Schulabbrecher zu senken, startet nach den Sommerferien an der Leipziger Georg-Schumann-Schule ein neues Projekt. Schulmüde1 Jugendliche aus der achten und neunten Klasse sollen durch weniger Unterricht zum Lernen motiviert werden. Denn das Projekt findet die meiste Zeit nicht im Klassenzimmer statt. Das Konzept besteht darin, dass die Schüler drei Tage pro Woche im Betrieb sind und zwei Tage in der Schule. Dieses Projekt soll den Kindern das Lernen erleichtern. Einfach dadurch, dass das Lernen ins Berufsleben verlagert2 wird. Dabei werden die 20 Schüler von zwei Lehrern unterrichtet.
Mehr Praxis im Schulalltag, das weckt Interesse
Interesse scheint das Projekt geweckt zu haben, denn es haben sich zirka 40 Schüler beworben. Eric ist einer der Bewerber, die einen Platz in dem Programm bekommen haben. Er wurde in eine Klasse aufgenommen, in der andere Fähigkeiten gewünscht sind als die, an denen er an seiner bisherigen Schule gescheitert3 ist. Der Wechsel auf die Georg-Schumann-Schule ist für den 14-jährigen Siebtklässler die letzte Chance. Denn in seiner jetzigen Hauptschulklasse in Lindenau ist er versetzungsgefährdet und hat auch schon die siebte Klasse wiederholen müssen.
Selbstbewusstsein wiederaufbauen und Stärken fördern
Abgestempelt als Schulschwänzer und Stundenstörer, ausgeschlossen von der Schulkarriere. Das muss nicht sein, findet Astrid Specht, eine von drei Lehrern, die Eric im neuen Schuljahr unterrichten. Die Lehrer wollen mit Hilfe des Projekts gemeinsam mit den Kindern einen Weg aus deren aussichtslosen Situationen finden, ganz ohne Vorurteile. «Wenn die Kinder ständig hören, dass sie die Schule sowieso nicht packen, dann ist es kein Wunder, dass sie irgendwann gar nichts mehr machen. Aber genau das wäre jammerschade, wenn das so bleibt.» Man müsse den jungen Leuten wieder Erfolgserlebnisse verschaffen, denn dumm seien diese Jugendlichen nicht, erklärt die Lehrerin. Ihre Stärken seien nur andere als die, die im Schulalltag gefragt sind. Und diese zu fördern, ist die Idee des Produktiven Lernens. Die Kinder entscheiden selbst, von wem sie lernen möchten, ob vom Gasinstallateur oder Gärtner, von der Kosmetikerin oder vom KFZ-Mechaniker. Sechs Betriebe suchen sie sich während der zwei Schuljahre, in jedem bleiben sie drei Monate als Praktikant.
Neue Motivation zum Lernen
Eric hat den Hauptschulabschluss und eine Lehrstelle als Ziel. Den Antrieb dafür holt er sich aus der neuen Projektklasse. «Wenn ich früh aufstehe, freue ich mich, zum Praktikum gehen zu können und nicht die ganze Zeit stillsitzen zu müssen. Das ist ein besseres Gefühl als in meiner alten Schule. Und man lernt auch gleich, wie es im späteren Leben ist.»
1 schul|mü|de
2 ver|la|gern
3 schei|tern
Der Text ist entnommen aus:
http://mephisto976.uni-leipzig.de