Главная страница «Первого сентября»Главная страница журнала «Немецкий язык»Содержание №3/2010

Sonderthema

Wirkung und historische Bedeutung

Trotz ihrer außerordentlichen Lebensgeschichte ist Karoline von Günderrode kein isoliertes Phänomen. Sie kann im Kontext mit Zeitgenossen wie Bettine von Arnim, zwischen den «Zerrissenen» der Epoche wie Ferdinand Raimund, Friedrich Hölderlin, Heinrich von Kleist und Lord Byron gesehen werden.
Schon seit Langem finden Lebensgeschichten von Frauen des frühen neunzehnten Jahrhunderts große Beachtung. Bücher wie Ingeborg Drewitz’ Bettine von Arnim und Carola Sterns Biografien über Rahel Varnhagen und Dorothea Schlegel werden nicht nur vom weiblichen Publikum verschlungen. Hans Magnus Enzensberger hat unter dem Titel Requiem für eine romantische Frau den Briefwechsel zwischen Auguste Bußmann und Clemens Brentano herausgegeben; er wurde zu einem der erfolgreichsten Bände der Anderen Bibliothek und 1998 von Dagmar Knöpfel verfilmt. Auch Sigrid Damms «Recherche»-Roman Christiane und Goethe ist hier zu nennen.
Karoline von Günderrode, die im Alter von 26 Jahren von eigener Hand starb, ist eine der schillerndsten Figuren der deutschen Romantik. Ihr Zwiespalt zwischen Liebe und Freiheitsdrang spiegelt die Situation der Frau in der bürgerlichen Elite um 1800 wider und wirft auch ein Licht auf die späteren Emanzipationsbewegungen.
Die Radikalität, mit der sie ihr Gefühl auszuleben versuchte, faszinierte schon ihre Zeitgenossen. Nach ihrem Tod erschienen mehrfach Auswahlbände ihres poetischen Werks und vor allem ihrer Briefe. In den siebziger Jahren wurde Karoline zu einer Identifikationsfigur der Frauenbewegung. In der Sammlung Luchterhand erschien die Anthologie Der Schatten eines Traumes. Christa Wolf steuerte einen Essay zu diesem Band bei und machte Karoline von Günderrode zu einer Protagonistin ihrer Erzählung Kein Ort. Nirgends über die fiktive Begegnung der deutschen Dichter Heinrich von Kleist und Karoline von Günderrode in Winkel am Rhein im Haus der Geschwister Brentano. Die Perspektive wechselt dabei zwischen den beiden Protagonisten, die beide im wirklichen Leben kurz nach der ins Jahr 1804 gelegten Begegnung, unabhängig voneinander, durch Selbstmord aus dem Leben schieden.
An diesen Figuren aus der deutschen Romantik untersuchte Christa Wolf «den Zusammenhang von gesellschaftlicher Verzweiflung und Scheitern in der Literatur», eine Problematik, die sie damals selbst beschäftigte.
Neben der von Walter Morgenthaler herausgegebenen historisch-kritischen Gesamtausgabe und einer 1992 unter dem Titel Ich sende Dir ein zärtliches Band von Birgit Weißenborn chronologisch geordnete Sammlung der Briefe von und an Günderrode liegt seit Februar 2006 durch Dagmar von Gerstdorff eine ausführliche, mit Empathie und Sachkenntnis geschriebene Biografie von Günderrode, die eine in ihrer Radikalität repräsentative Frauengestalt der Romantik ist, vor. Sie verkörpert in Leben und Werk Genie, Einsamkeit, Liebe und Tod einer Frau um 1800 und kann in ihrem spezifisch weiblichen Freiheitsdrang als eine Vorgängerin der Liberalisierungsbewegung betrachtet werden: «O, welche schwere Verdammnis, die angeschaffenen Flügel nicht bewegen zu können!»
Ferner liegt nun Band 1 der im Deutschen Klassiker Verlag erschienenen Ausgabe der Werke und Briefe Bettine von Arnims, der Briefroman Die Günderode, als Taschenbuch vor und ist Christa Wolfs 1979 erschienene und mit einem emphatischen Essay eingeleitete Sammlung von Günderrode-Texten unter einem neuen Titel neu aufgelegt worden. All diese Veröffenflichungen bieten einen gelungenen Überblick über Leben und Werk einer Dichterin, der in ihrem kurzen Leben so Vollkommenes gelang wie das erst aus dem Nachlass veröffentlichte Gedicht Hochroth:
«Du innig Roth,
Bis an den Tod
Soll mein Lieb dir gleichen,
Soll nimmer bleichen,
Bis an den Tod,
Du glühend Roth,
Soll sie dir gleichen.»

Der Text ist entnommen aus: http://de.wikipedia.org