Главная страница «Первого сентября»Главная страница журнала «Немецкий язык»Содержание №8/2010

Bildung und Erziehung

Das große Thema: Nachhilfe boomt

Jeder zweite Schüler nimmt irgendwann im Laufe seiner Schullaufbahn einmal Nachhilfe-Unterricht, deutsche Eltern geben nach aktuellen Schätzungen der Bertelsmann-Stiftung 1,5 Milliarden Euro für Nachhilfe aus.

Warum das so ist? Wer Nachhilfe erhält? Wir fragten bei drei Nachhilfeschulen im Süden nach: dem «Lernprofi» in Großenbaum, «back 2 school» in Buchholz sowie «Fit durch Lernen» in Huckingen (die Schülerzahl und Umsatz übrigens nicht publik machen).
Mathe, Englisch und Deutsch gefolgt von Französisch und Latein – so laute die Rangliste der gefragtesten Nachhilfefächer. Schüler jeden Alters und aus allen Schulformen kommen zur Nachhilfe, um sich wieder fit für die Schule zu machen.
Manchmal geht es gar nicht um die Stoffvermittlung allein. «Grundschülern fehlt oft die Konzentrationsfähigkeit. So lange die nicht da ist, können die auch keine Mathe lernen», sagt Tanja Thei­sen, «Lernprofi»-Chefin, selber Hauptschullehrerin.
Das «Lernen lehren» – also Lerntechniken vermitteln – sei ebenfalls ein wichtiger Baustein der Nachhilfe. Denn: So können sich Schüler den verpassten Stoff besser aneignen. Woran es liegt, dass die Nachhilfe boomt? «Zum Beispiel an den Klassengrößen in der Schule. Bei 30 bis 35 Kindern kann ein Lehrer einfach nicht genug individuelle Förderung betreiben – so sehr er sich auch bemüht», glaubt neben Tanja Theisen auch Claudia Bialon, Inhaberin von «Fit durch Lernen».
Aber das sei nicht der einzige Grund. Theisen: «Die Eltern arbeiten mehr als früher, die Kinder verbringen zu viel Zeit vor dem Computer, in jeder Klasse gibt es Kinder mit Lese-Rechtschreib-Schwäche, Dyskalkulie oder ADHS, die viel Aufmerksamkeit benötigen.» Auch die Stoffverdichtung – vor allem am Gymnasium (Schulzeitverkürzung auf acht Jahre) sei ein Grund für die steigende Nachfrage nach Nachhilfe, so Claudie Bialon.
Schließlich spiele auch die Einführung von Schulempfehlung, zentraler Abschlussprüfung und Zentral-Abi eine Rolle: Eltern wollen, dass ihre Sprösslinge gut abschneiden und verordnen Nachhilfe. Wieso es dazu kommt, dass Schüler Stoff verpassen, lustlos werden und bei den Noten abfallen, kann laut Tanja Theisen viele – ganz individuelle – Gründe haben: Pubertätsprobleme, fami­liäre Krisen, mangelnde Förderung der Schwächeren durch den Lehrer, unzureichende Selbstorganisation (z. B. Heftführung), Prüfungsangst, Mobbing oder einfach Desinteresse und Faulheit. Ob Nachhilfe fruchtet, hängt vom Nachhilfelehrer und den Lehrmethoden, vor allem aber von der Einstellung des Kindes und der Eltern ab.
«Die Eltern müssen dahinter stehen», sagt Sabine Gehring-Buchloh, Mitinhaberin von «back 2 school». «Wenn sich ein Schüler quer stellt und nicht will, habe ich keine Chance, an ihn ranzukommen», so Tanja Theisen. «Die Kinder müssen wollen – schließlich sollen sie das hier Gelernte auch zu Hause vertiefen», erklärt Claudia Bialon.
Wunder erwarten dürfe man von der Nachhilfe nicht. «Viele unserer Schüler haben sich nach einem halben Jahr und vier Stunden pro Woche um eine Note verbessert», berichtet Sabine Gehring-Buchholz. «Bei einem platzt der Knoten schon nach vier Wochen, andere müssen über Jahre kommen. Jedes Kind ist anders», will Tanja Theisen nicht verallgemeinern.
Eltern müssten realistisch sein: «Aus einer Beton-5 kann keine 1 werden.» Viele Eltern schickten die Kinder zu spät zur Nachhilfe. Dann, wenn sich die Fünf festgesetzt hat. Theisen: «Wenn ein Fünfer-Kandidat dann eine 4 schreibt, ist das eine tolle Verbesserung. Manche Eltern sehen das leider nicht.» Mit verschiedenen Methoden und Medien versuchen die Nachhilfe-Institute, den Kindern Spaß am Lernen und den verpassten Stoff zu vermitteln.
«Der eine lernt besser über die Augen, der andere übers Ohr», so Theisen. Bei Grundschülern setzt sie auf Lernspiele. Weil die das Sozialverhalten trainieren und mit Aktivität verbunden sind. «Die Kinder müssen nicht schon wieder still sitzen».

Kleingruppen
Die Nachhilfe-Schulen im Süden bieten Einzel- und Gruppen-Unterricht für alle Hauptfächer und viele Nebenfächer sowie Kurse für Berufsschüler an. Die Gruppen mit maximal vier Teilnehmern sind fachhomogen und klassenhomogen, d. h. es wird nur ein Fach unterrichtet für Kinder aus derselben Jahrgangsstufe. Neben der speziellen Nachhilfe wird auch Hausaufgabenbetreuung angeboten.
Eingangsgespräche mit Eltern und Kindern, Probe- und Schnupperstunden gehören zum Angebot der Schulen. Die Nachhilfelehrer sind meist Lehrer, Referendare und Studenten, die zum Teil extern auf ihre Qualifikation geprüft wurden. Ein Vergleich der Schulen in punkto Preis ist schwierig, denn jedes Institut offeriert zusätzlich zur vereinbarten Nachhilfe gewisse Extras – z. B. das kostenlose Üben vor Klassenarbeiten.
Teilweise werden auch Rabatte gewährt (z. B. für Geschwisterkinder). Der monatliche Beitrag für 2 × 90 Minuten Nachhilfe beträgt in den drei Schulen zwischen 115 und 145 Euro. Wer nach der Probezeit bei «back 2 school» oder «Fit durch Lernen» einsteigen will, muss sich für sechs Monate binden, beim «Lernprofi» kann von Monat zu Monat gebucht werden.

Von Andrea Müller

Der Text ist entnommen aus:
http://www.derwesten.de