Главная страница «Первого сентября»Главная страница журнала «Немецкий язык»Содержание №9/2010

Landeskunde

Trümmerfrauen

Lesetext

Als im Mai 1945 der Zweite Weltkrieg zu Ende geht, ist Deutschland eine Ruinenlandschaft. Durch Luftangriffe und Bodenkämpfe zerstört, liegen die meisten Großstädte in Schutt und Asche. Mehr als 3,5 Millionen Wohnungen sind ruiniert, in den Städten liegen insgesamt rund 400 Millionen Kubikmeter Schutt herum. Weil viele Männer im Krieg gefallen sind oder in Kriegsgefangenschaft auf ihre Rückkehr warten, machen sich die überlebenden Frauen daran, die Trümmer des Krieges wegzuräumen: die Trümmerfrauen.

Harte Arbeit der Trümmerfrauen
Ein Teil der Frauen übernimmt diese Aufgabe freiwillig, andere werden durch ein Gesetz des Alliierten Kontrollrats dazu verpflichtet. Eine harte Arbeit. Mit wenigen Werkzeugen und nur selten mit maschineller Unterstützung müssen die zerstörten Gebäude Stein für Stein weggeräumt werden. Stahlträger, Mauerreste, Balken werden von den Trümmerfrauen aus den Ruinen getragen. In kleinen Eimern reichen sie Schutt von Hand zu Hand, ziehen schwer beladene Wagen und Loren mit der eigenen Körperkraft, wenn keine Pferde oder gar Lokomotiven zur Unterstützung da sind. Die Bedingungen waren gefährlich: Ruinen konnten einstürzen, liegen gebliebene Bomben in die Luft gehen.
Die Trümmer des Krieges sind das Material für den Wiederaufbau. Damit die Ziegelsteine wieder verwendet werden können, muss der Mörtel mit Hämmern abgeklopft oder mit Messern abgekratzt werden.

Fett für Schwerarbeiter
Für diese harte Arbeit werden die Trümmerfrauen mit einem Stundensatz von rund 70 Pfennig entlohnt – wenig Geld, auch für die Verhältnisse der ärmlichen Nachkriegstage. Immerhin steigen die Lebensmittelrationen für die registrierten Trümmerfrauen, die als Schwerstarbeiter im Verhältnis zu «Hausfrauen» fast die doppelte Ration Fett bekommen, etwa 400 Gramm – pro Monat. Den Trümmerfrauen stehen pro Tag außerdem 100 Gramm Fleisch und ein halbes Kilo Brot zu, mit dem sie oft genug nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Kinder durchbringen müssen. Lebensmittel sind so knapp, dass die Versorgung in manchen Regionen für kaum mehr als 700 Kalorien pro Person und Tag reicht – nicht genug, um zu überleben. Gegessen wird alles, was nicht gerade giftig ist: Salat aus Brennnesseln, Löwenzahn und Gänseblümchen gehören auf viele Speisepläne, an besseren Tagen auch ein Gläschen «Knolli-Brandy», selbst gebrannter Schnaps aus Zuckerrüben.

Nicht nur Häuser in Trümmern
Trümmerfrauen – die Bezeichnung weist auch auf die schwierige Situation hin, in der sich die Frauen damals befanden. Sorge um ihre Männer, Väter und Söhne im Krieg, das schwierige Überleben zuhause, Nachrichten von Gefallenen, all das waren große psychische Belastungen. Dazu kam der Hunger und die körperlichen Anstrengungen während der Aufbauarbeiten, die neben den normalen täglichen Arbeiten und dem Versorgen der Kinder zusätzlich zu leisten waren.

Aufbauarbeit auf dem Land
Während in den Städten Frauen die Trümmer wegräumten, mussten sie auf dem Land verwüstete Wälder wieder aufforsten. «Kulturarbeiterinnen» hießen diese Frauen offiziell im Gegensatz zu den «Hilfsarbeiterinnen im Baugewerbe» wie ihre Kolleginnen in den Städten genannt wurden. Ein Denkmal wurde den Pflanzerinnen auf der Rückseite der 50 Pfennig Münze gesetzt.

Hamsterfahrten und Zigaretten
Was über Lebensmittelkarten nicht verfügbar ist, muss zu horrenden Preisen auf dem Schwarzmarkt organisiert werden. Hier kann ein Pfund Butter über 200 Mark kosten. Für die meisten Frauen ist das unerschwinglich, es sei denn, sie können Tauschware anbieten, Zigaretten zum Beispiel, die heimliche Währung der Schwarzhändler. Für ein paar Stangen amerikanischer Zigaretten kann man sogar fahrtüchtige Autos eintauschen.
Das Einkaufen auf dem Schwarzmarkt, Hamsterfahrten aufs Land, die Suche nach geeigneten Schlafplätzen, das Herstellen von Kleidung aus alten Decken und Uniformen – all dies geschieht neben der täglichen Arbeit in den Trümmerlandschaften. Manche Frauen überleben ihre Einsätze nicht: Einstürzende Gebäude und fast vollkommen fehlender Arbeitsschutz machen die Aufräumarbeiten zu einem gefährlichen Unterfangen. Trotz dieser schwierigen Bedingungen sind allein in Berlin bis zu 60 000 Frauen mit den Aufräumarbeiten beschäftigt. Darunter Frauen aus Arbeiterfamilien und ehemals reiche Damen der feinen Gesellschaft, junge Mädchen, die gerade aus der Schule entlassen worden waren und viele Frauen, die mit den pseudo-idyllischen Familienbildern der Nazi-Ideologie groß geworden sind und jetzt ihre Kinder allein erziehen müssen, weil ihre Männer im Krieg gefallen sind.
Die soziale Gemeinschaft der Trümmerfrauen ist prägend für die Jahre der Nachkriegszeit. Die Frauen, die sich täglich auf den «Enttrümmerungsstellen» treffen, tauschen sich hier über die aktuellen politischen Ereignisse und die neuesten Lageberichte vom Schwarzmarkt aus. In den Trümmern werden Informationen und Rezepte weitergegeben – nicht nur für die dürftige Nachkriegsküche, sondern auch für das psychische Überleben unter der extrem hohen Belastung jener Jahre.

Trümmerfrauen verschwinden
Ende der 40er Jahre übernehmen nach und nach neue Baufirmen die Aufräumarbeiten und den Wiederaufbau der zerstörten Städte. Die Trümmerfrauen sind immer seltener Bestandteil des alltäglichen Straßenbilds, denn an den Hebeln und Lenkrädern von Baggern, Lokomotiven und Lastwagen sitzen jetzt wieder Männer.
Das Wirtschaftswunder tilgt die Kultur der hart arbeitenden, selbständigen Frauen vollends. Zwar wird das Bild selbstloser, tapferer Trümmerfrauen zu einem heroischen Symbol für das Rückgrat des Wiederaufbaus, aber für Jahrzehnte bleibt es bei der traditionellen Rollenverteilung: Der Mann geht zur Arbeit, die Frau führt daheim den Haushalt. Und erst im Jahr 1987 gibt es in Form einer Rentenerhöhung auch eine kleine materielle Anerkennung für die Trümmerfrauen, die noch leben.

Von Malte Linde

(Aus: http://www.planet-wissen.de)

 

Didaktisierungsvorschlag

1. Sehen Sie sich die Bilder an.

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http://www.dradio.de; http://www.pro-koeln-online.de

2. Beantworten Sie die Fragen.

  1. Aus welcher Zeit stammen die Bilder?
  2. Was ist auf diesen Bildern dargestellt?
  3. Wer ist auf dem unteren Bild zu sehen?
  4. Warum sind auf dem Bild nur Frauen dargestellt?
  5. Warum sind da keine Männer?
  6. Wo sind die Männer?
  7. Was machen die Frauen?
  8. Welche Jahreszeit ist es?

3. Lesen Sie folgenden Wörterbuchartikel.

Trüm|mer|frau, die: Frau, die (nach dem Zweiten Weltkrieg) mit der Beseitigung der Trümmer und dem Wiederaufbau der zerstörten Städte beschäftigt ist.

(Aus: Duden. Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. Mannheim 2006 [CD-ROM])

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http://upload.wikimedia.org

4. Lesen Sie den Text «Trümmerfrauen» und merken Sie sich möglichst viele Informationen.

5. Welche Informationen waren neu für Sie?

6. Schreiben Sie aus dem Text Wörter und Wendungen zum Thema «Krieg» heraus. Was bedeuten sie?

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http://www.wdr.de

7. Schreiben Sie aus dem Text alle Wörter und Wendungen zum Thema «Wiederaufbau» heraus und definieren Sie sie.

8. Welche Wörter und Wendungen passen zum Thema «harte Arbeit der Trümmerfrauen»?

9. Beantworten Sie die Fragen zum Text.

  1. Wer wurde «Trümmerfrauen» genannt und warum?
  2. Was war die große Aufgabe der Trümmerfrauen?
  3. Wie hieß das oberste Regierungsorgan der Alliierten im besetzten Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg?
  4. Unter welchen Bedingungen haben die Trümmerfrauen gearbeitet?
  5. Mit welchen lebensdrohenden Gefahren wurden die Trümmerfrauen konfrontiert?
  6. Wie wurden die Trümmerfrauen entlohnt?
  7. Wie war damals die Ernährung? Was wurde gegessen?
  8. Trümmerfrauen wurden einer doppelten Belastung ausgesetzt, einer körperlichen und einer psychischen. Wie verstehen Sie das?
  9. Welche Arbeit mussten Frauen auf dem Lande leisten? Wie hießen diese Frauen offiziell?
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    http://nebelvonavalon.de

  11. Was wird im Text als die «heimliche Währung der Schwarzhändler» bezeichnet?
  12. Wie viele Frauen wurden in Berlin mit Aufräumarbeiten beschäftigt?
  13. Wie alt waren die für die Aufräumarbeiten eingesetzten Frauen und welchen Gesellschaftsschichten gehörten sie an?
  14. Wie lange prägten die Trümmerfrauen das alltägliche Straßenbild der Städte?
  15. Wer hat die Trümmerfrauen bei den Aufräumarbeiten abgelöst?
  16. Was passierte im Jahre 1987?

10. Welche Textstellen veranschaulichen die Bilder in der rechten Spalte?

11. Wer ist auf dieser Münze dargestellt? Was für eine Frau ist das? Sind diese Münzen auch heute noch im Umlauf?

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Foto von M. Busojewa

12. Wer waren Trümmerfrauen? Lesen Sie zusätzliche Informationen.

Statistisch waren Trümmerfrauen zwischen 15 und 50 Jahre alt, weil die Alliierten Besatzungsmächte Befehle herausgegeben hatten, wonach alle Frauen zwischen 15 und 50 Jahren sich zu dieser Arbeit zu melden hatten. Das Kontrollratsgesetz Nr. 32 vom 10. Juli 1946 hob frühere Arbeitsschutzbestimmungen der Frauen dafür teilweise auf. Unter den Trümmerfrauen waren (statistisch) auch meist Witwen mit ein bis zwei Kindern, weil es laut Bevölkerungsstatistik von 1945 rund 7 Millionen Frauen mehr als Männer in Deutschland gab.
Firmen, die die Aufträge zur Trümmerbeseitigung in den deutschen Städten erhielten, führten die Trümmerfrauen im Arbeitsbuch als Bauhilfsarbeiterin, Trümmerarbeiterin oder Arbeiterin für Enträumungsarbeiten.
Neben der beruflich tätigen Trümmerfrau gab es auch Freiwillige, die die Trümmerfrauen bei ihrer Arbeit unterstützten. Sie arbeiteten bei jedem Wetter, in Arbeitsgruppen von 10 bis 20 Personen, die Kolonnen genannt wurden.

(Aus: http://www.youtube.com/watch?v=DJsSeCgRFJY)

13. Lesen Sie das Gedicht von Karl-Heinz Fricke und betiteln Sie es.

In dem Staub zerbombter Trümmer
wuchs ein Löwenzahn im grünen Kleid.
Die Kraft der Pflanze, unbekümmert,
verachtete die jüngst vergang’ne Zeit.

Sie sich hoch zum Lichte reckte,
sich im Dunkel nicht versteckte.
Sie sprach: «Die Hoffnung, die bin ich,
nun, Mensch, erhebe du auch dich!»

Und als die Trümmerfrauen kamen,
den Löwenzahn wie einen Gott umgaben.
Der Sonne Ebenbild im Kleinen,
die Hartgeprüften mussten weinen.

(Aus: http://www.e-stories.de;
Das Gedicht heißt «Hoffnung».)

14. Was hat dieses Gedicht gemeinsam mit dem Text «Trümmerfrauen»?

15. Lesen Sie das Gedicht von Monica Carbe und kommentieren Sie es.

jahrgang 1945

in einer bombennacht gezeugt.
als embryo: halbwaise.
aufgewachsen unter klageweibern, trümmerfrauen.
in ruinen gespielt:
bau auf,
stein auf stein,
bau auf.
später gelesen, gelernt und begriffen: warum.
schuldgefühle entwickelt, zu Recht.
nachgedacht.
über den krieg.
als vater aller dinge.
der vater hat mir nie gefehlt.

(Aus: http://www.nthposition.com)

16. Dem Gedicht ist zu entnehmen, dass das Kind Halbwaise ist und ohne Vater aufwächst. Was bedeutet dann die letzte Zeile?

17. Videos zum Thema «Trümmerfrauen» sind zu finden unter folgenden Internet-Adressen:

http://www.truemmerfrauen.info/
http://www.youtube.com/watch?v=9hpLcR75Wro
http://www.youtube.com/watch?v=DJsSeCgRFJY

Erstellt von Marianna Busojewa

Der Text ist entnommen aus:
http://www.planet-wissen.de