Sonderthema
Remarques Werke
Im Westen nichts Neues (1929)
Im Westen nichts Neues ist der mit Abstand bekannteste und einflussreichste aller Romane Remarques. Direkt nach seinem Erscheinen bei Ullstein im Jahre 1929 wurde er zu einem Massenerfolg, wie ihn das deutsche Verlagswesen noch nicht gesehen hatte. Zugleich wurde er aber auch das Ziel heftigster Angriffe der Rechten und insbesondere der Nationalsozialisten, die zu der Verbrennung von Remarques Büchern im Mai 1933 und zu seiner Ausbürgerung 1938 führen sollten.
Kurzinhalt
Paul Bäumer gehört zu einer Gruppe von Soldaten an der Westfront im Ersten Weltkrieg. In der Ruhestellung hinter der Front erinnert er sich zurück an seine Schulzeit. Die patriotischen Reden seines Lehrers Kantorek hatten die ganze Klasse überzeugt, sich freiwillig zu melden.
Unter dem Drill ihres Ausbilders Unteroffizier Himmelstoß mussten sie bereits in der Grundausbildung lernen, dass alle ihnen bislang in der Schule vermittelten Werte auf dem Kasernenhof ihre Gültigkeit verlieren.
Sie wurden an die Westfront verlegt, wo sie von einer Gruppe alter Frontsoldaten um den erfahrenen Katczinsky in die Gefahren an der Front eingewiesen wurden. Zwischen «Kat» und Bäumer hat sich ein Vater-Sohn-ähnliches Verhältnis entwickelt. Paul lernt, zu überleben, die verschiedenen Geschosse schon am Klang zu unterscheiden, auch unter widrigsten Bedingungen etwas zu essen zu finden und sich gegen den wirklichen Feind zu wehren – den Tod.
Bei einem kurzen Heimataufenthalt stellt Bäumer fest, wie sehr ihn die Erlebnisse an der Front verändert haben. Es ist ihm unmöglich, seiner Familie die grausamen Erfahrungen aus dem Schützengraben mitzuteilen. Enttäuscht kehrt er zurück zu den Menschen, die ihm nun am nächsten sind, seinen Kameraden an der Front.
Bei einem Angriff wird er durch Splitter verwundet und verbringt ein paar Wochen im Lazarett. Als er in den nächsten Monaten an die Front zurückkehrt, zerfällt seine Gruppe. Einer nach dem anderen sterben sie durch die Gas- und Granatenangriffe, im Trommelfeuer oder im Kampf Mann gegen Mann. Bis zuletzt auch er, nachdem er Verwundung und Wochen im Lazarett überlebt hat, als Letzter seiner Gruppe kurz vor Ende des Krieges tödlich getroffen wird, «an einem Tag, der so ruhig und so still war, dass der Heeresbericht sich auf den Satz beschränkte, im Westen sei nichts Neues zu melden».
Die Entstehungsgeschichte
Die Informationen zum Anlass, zum Zeitpunkt der Entstehung und zur Dauer der Niederschrift von Im Westen nichts Neues sind äußerst widersprüchlich. Nach dem Erfolg des Buches ab 1929 äußerten sich zahlreiche Personen, darunter der Autor selbst, mit verschiedenen Versionen zur Entstehung des Textes. Die Legende um den Ursprung des Textes entstand: Im Westen nichts Neues sei im Herbst 1927 oder Anfang 1928 abends nach Büroschluss innerhalb von nur sechs Wochen ohne Korrekturen entstanden.
Das jetzt bekannt gewordene Manuskript von Im Westen nichts Neues verdeutlicht und dokumentiert jedoch eine ganz andere Entstehungsgeschichte, die auch von den anderen Materialien, die zu Im Westen nichts Neues erhalten geblieben sind, bestätigt wird. Danach plante Remarque zunächst eine chronologische Darstellung der Kriegserlebnisse von Paul Bäumer, die starke autobiografische Züge tragen sollte. Erst im weiteren Verlauf der Entstehung änderte der Autor die Konzeption seines Textes in die heute bekannte Form, die Rückblenden enthält und nur noch wenige autobiografische Momente aufweist, die in die fiktionale Handlung integriert worden sind. Remarques literarische Zielsetzung lief jetzt, zum Jahreswechsel 1927/28, auf die Konzeption einer Trilogie hinaus, deren erster Teil, Im Westen nichts Neues, die Kriegserlebnisse der «verlorenen Generation» Paul Bäumers darstellen und damit die Grundlagen für die späteren Schwierigkeiten dieser Generation in der Nachkriegszeit verdeutlichen sollte. Der zweite und dritte Teil der Trilogie sollten die unmittelbare Nachkriegszeit umfassen, die Schwierigkeiten der noch jungen Soldaten, sich in der zivilen Gesellschaft zurechtzufinden und sich zu integrieren. Remarque verwirklichte diese Konzeption schließlich in dem Roman Der Weg zurück (1930).
Die Publikation
Zunächst bot Remarque Im Westen nichts Neues dem renommiertesten Verleger für Literatur in der Weimarer Republik, Samuel Fischer, an. Fischer erkannte zwar die literarische Qualität des Textes, lehnte ihn jedoch mit der Begründung ab, gegenwärtig – im Frühjahr 1928 – wolle niemand mehr etwas über den Weltkrieg lesen. Wie Fischer später selbst zugab, eine der schwerwiegendsten Fehlentscheidungen seiner Verlegerkarriere.
Über einen Freund Remarques gelangte das Typoskript in das Haus Ullstein, wo der Text auf Empfehlung von leitenden Mitarbeitern des Konzerns schließlich angenommen wurde. Am 29. August 1928 erfolgte die Vertragsunterzeichnung. Aber auch Ullstein war sich des Erfolges von Kriegsliteratur und insbesondere der vorliegenden Textfassung von Im Westen nichts Neues nicht sicher. Er gab hektografierte Exemplare des Textes zur Begutachtung an Mitarbeiter des Hauses, die selbst ehemalige Kriegsteilnehmer waren. Aufgrund dieser zwar im Tenor positiven, im Detail jedoch kritischen Gutachten wurde Remarque noch im August oder September 1928 aufgefordert, seinen Text grundlegend zu überarbeiten, vor allem im Hinblick auf eine Entschärfung der kriegskritischen Aussagen, die diese frühe Fassung des Romans noch enthält. Im Herbst 1928 entstand die endgültige Fassung von Im Westen nichts Neues.
Am 8. November 1928, einen Tag vor dem zehnten Jahrestag des Waffenstillstandes, veröffentlichte die «Vossische Zeitung», die zum Ullstein-Konzern gehörte, eine Ankündigung des Vorabdrucks von Im Westen nichts Neues. Remarque wird hier als einfacher Soldat geschildert, ohne jegliche literarische Erfahrung, der seine eigenen Kriegserfahrungen niedergeschrieben habe, um sich vom Trauma des Kriegserlebnisses zu befreien. Die «Vossische Zeitung» fühle sich «verpflichtet», diesen «authentischen», tendenzlosen und damit «wahren» dokumentarischen Bericht (von Roman ist nicht mehr die Rede) über den Krieg zu veröffentlichen. Die Legende um die Entstehung des Textes war geboren.
Der Erfolg
Am 10. November 1928 begann der Vorabdruck in der «Vossischen Zeitung». Fünf Tage später wurde Remarque fristlos bei «Sport im Bild» gekündigt. Doch der Erfolg übertraf selbst die kühnsten Erwartungen des Ullstein-Konzerns. Die «Vossische Zeitung» steigerte ihre Auflage und kam aus den roten Zahlen, Tausende Leserbriefe erreichten die Zeitung und dokumentierten, dass Remarque mit seinem Text ein Bedürfnis des Publikums befriedigt hatte: das nach einer ungeschminkten Darstellung des Krieges. Der Ullstein-Konzern startete eine im deutschen Buchhandel bis dahin noch nicht gesehene Marketingkampagne für die Buchausgabe. Selbst an Berliner Litfaßsäulen wurde mit wöchentlich wechselnden Plakaten auf das Erscheinen der Buchausgabe hingewiesen. Als das Buch am 29. Januar 1929 endlich herauskam, lagen bereits 30 000 Vorbestellungen des Buchhandels vor.
Im Westen nichts Neues war der bis dahin größte Bucherfolg in der Geschichte der deutschen Literatur. Das 500. Tausend wurde bereits am 7. Mai 1929 ausgeliefert, das 750. Tausend am 3. August 1929, und die Million schließlich im Juni 1930. Ende 1930 war der Ullstein-Konzern schließlich davon überzeugt, dass nunmehr jeder Deutsche, der potentiell als Leser von Im Westen nichts Neues infrage gekommen wäre, das Buch auch gekauft oder gelesen hatte.
Die Diskussion um Buch und Film
Dieser überwältigende Erfolg von Im Westen nichts Neues provozierte Widerspruch. Hatten zunächst noch Rezensenten aller politischen Richtungen den Vorabdruck positiv besprochen, so entwickelte sich mit den steigenden Auflagenzahlen eine kontrovers geführte Diskussion sowohl um den Text als auch um die Person des Autors Remarque.
Die politische Rechte sah, im Gegensatz zu den Demokraten, zunehmend in Im Westen nichts Neues einen Versuch, das Andenken des deutschen Frontsoldaten zu «beschmutzen». Die politische Linke wertete nach anfänglicher Zustimmung Im Westen nichts Neues mehr und mehr als «pazifistische Kriegspropaganda» und eine Darstellung des Krieges als Abenteuer, ohne dass die gesellschaftlichen Ursachen des Krieges im Buch geschildert würden. Doch die heftig geführte Diskussion beeinträchtigte den Erfolg nicht, sondern führte vielmehr zu einer weiteren Steigerung der Verkaufszahlen.
Nun stand der Autor selbst im Zentrum der Kritik: Man warf Remarque vor, die im Buch Im Westen nichts Neues geschilderten Ereignisse gar nicht selbst erlebt zu haben, man bezichtigte ihn, sein eigentlicher Geburtsname sei «Kramer», er habe das Manuskript einem toten Kameraden im Felde gestohlen, und ähnliche Unsinnigkeiten. Remarque hielt sich aus verständlichen Gründen aus dieser Diskussion heraus. Auch in den zahlreichen Interviews vermied er jede Stellungnahme zu diesen Diffamierungen, betonte jedoch, dass er sein Buch ganz unpolitisch und im Sinne des Mottos gemeint habe: über eine Generation zu berichten, die «vom Kriege zerstört wurde – auch wenn sie seinen Granaten entkam».
Im Dezember 1930, als die Diskussion um das Buch bereits beendet war, kam die amerikanische Verfilmung durch Lewis Milestone in die Berliner Kinos. Für Joseph Goebbels, damals noch «Gauleiter» von Berlin, ein willkommener Anlass, die Standfestigkeit der Weimarer Demokratie zu prüfen. Seine SA-Truppen störten die Aufführungen im Kino am Nollendorfplatz mit Stinkbomben und weißen Mäusen und pöbelten Besucher der Vorstellungen auf offener Straße an. Obwohl der Film bereits alle Zensurhürden genommen hatte und die Universal Pictures eigens eine «deutsche» Schnittfassung erstellt hatten, wurde Im Westen nichts Neues nach einer Reichstagsdebatte und Änderung des Reichslichtspielgesetzes wegen «Schädigung des deutschen Ansehens im Ausland» (!) verboten und später nur mit strengen Auflagen wieder freigegeben. Die Demokratie hatte trotz der Proteste der demokratischen Intellektuellen, an denen jetzt auch Remarque teilnahm, eine Niederlage erlitten, während die Nationalsozialisten und Goebbels ihren ersten großen, publikumswirksamen Sieg gegen die Weimarer Republik errungen hatten – der erste Schritt zur «Machtergreifung».
Der internationale Erfolg
Noch im Jahr der Erstausgabe 1929 erschienen Übersetzungen von Im Westen nichts Neues in 26 Sprachen. Heute liegen Ausgaben in 50 Sprachen vor, die geschätzte Auflage des Buches weltweit dürfte bei 15 bis 25 Millionen Exemplaren liegen. Und Im Westen nichts Neues gilt heute weltweit als das Antikriegsbuch des 20. Jahrhunderts, von einem Deutschen geschrieben. Der Titel ist synonym geworden für die Sinnlosigkeit des Krieges und für das sinnlose Sterben des einzelnen, «kleinen» Mannes in Konflikten, von denen andere profitieren.
Der Text ist entnommen aus:
http://www.remarque.uos.de/iwnn.htm
Drei Kameraden (1936)
Der Roman Drei Kameraden wurde 1936 von Erich Maria Remarque im Exil fertiggestellt und ist seiner ersten Frau Ilse Jutta Remarque-Zambona gewidmet. Er entspricht bis auf wenige Veränderungen der bis 1933 ausgearbeiteten Erstfassung Pat und gehört zu einer Trilogie. Nach Im Westen nichts Neues und Der Weg zurück reiht der Roman Drei Kameraden sich in eine Folge von vergleichbaren Schicksalsbeschreibungen ein. Die männlichen Hauptfiguren der drei Romane durchleiden ein ähnliches Nachkriegsschicksal und versuchen alle drei diese Krise individuell auf ihre Weise zu lösen. Eine kollektive Lösung erschien Remarque wohl zu utopisch und so zeigt er in Drei Kameraden den sozioökonomischen Zustand des Landes sowie den seelischen Zustand der Nachkriegsgeneration. Den absolut unmenschlichen Krieg und seine Folgen schildert Remarque in diesem Zusammenhang als Lebenskatastrophe und analysiert daran die zerbrochene Psyche des Individuums und die eines ganzen Volkes zugleich.
Der Roman fragt nach dem «Warum?» von Leben und Tod und nach dem Sinn des Lebens in dieser schweren Zeit. Remarque stellt zur Verdeutlichung dieser Thematik der beängstigenden politischen Situation eine starke und erfüllte Liebe gegenüber. Die besonders in dieser Zeit utopische Liebe zwischen Robby und Pat ist geprägt von Mitgefühl und Verständnis, schon allein deshalb wurde Drei Kameraden als die beste Liebesgeschichte Remarques gefeiert. Die beiden Liebenden entgehen der Bürgerlichkeit mit all ihren Lebenszielen und führen ihr Leben ohne höheren Zweck. Sie genießen gemeinsam die kleinen Dinge des Alltags und trotzen als Anhänger des «Ordens der Erfolglosen» dem Leben, das für sie ohne Dauer, ohne Plan und ohne Zukunft ist.
Das politische Thema des Romans hingegen beschäftigt sich mit dem aufkommenden Faschismus in Deutschland. Während Remarque im Schweizer Exil den Roman überarbeitete, ergriffen die Nazis in Deutschland die Macht und Remarque erahnte bereits die Folgen. Allein schon aus diesem Grund konnte der Roman nicht in Deutschland veröffentlicht werden. In den USA, in England, Argentinien und in einigen nordischen Ländern wurde er hingegen schon 1937 herausgegeben und bekam besonders in Amerika und England hervorragende Kritiken. Zwischen 1938 und 1941 folgten eine französische, eine brasilianische und eine türkische Fassung. Eine deutsche Ausgabe wurde 1938 im Exil-Verlag Querido gedruckt, sie wurde jedoch kaum von deutschen Rezipienten gelesen. Besonders lobend hervorgehoben wurden in ausländischen Rezensionen Remarques Talent, die Zeitgeschichte authentisch und für Nicht-Deutsche zugänglich zu erfassen sowie eine glaubwürdige Liebesgeschichte in diese Zeit zu setzen.
Drei Kameraden wurde als Zeitroman der Neuen Sachlichkeit wegen seiner unmittelbaren Sprache sowie seiner zeitlichen und faktischen Authentizität gelobt.
Erst 1951 wurde der Roman Drei Kameraden in Deutschland veröffentlicht und erntete sofort schlechte Kritiken. Die Verdrängung des Faschismus und die Trauer über die große Niederlage 1945 hinderten die deutschen Leser, einen Zugang zu Remarques Werk zu finden. Im russischsprachigen Raum wurde hingegen durch die erste Veröffentlichung 1958 große Begeisterung ausgelöst. In sozialistischen Ländern avancierte der Roman schnell zum Kultbuch der Jugend und ist es bis heute. Besonders die starke Kameradschaft und Liebe, die die schlechten Zeiten leichter erscheinen lassen, fesselten ganze Generationen der dortigen Leser.
Der Text ist entnommen aus:
http://www.remarque.uos.de/dreikam.htm
Der schwarze Obelisk (1956)
Geschichte einer verspäteten Jugend
Der Zwischenkriegsroman Der schwarze Obelisk erschien 1956 auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges und verarbeitet Remarques Angst vor einem möglichen Dritten Weltkrieg. Der Ich-Erzähler schildert die Ereignisse um 1923 aus der Perspektive von 1955. Die erzählte Zeit umfasst also die Phase der Nachkriegszeit des Ersten Weltkriegs und die Vorkriegszeit des Zweiten, wobei Remarque durch den Zeitpunkt der Roman-Ersterscheinung in der politisch zugespitzten Nachkriegszeit des Zweiten Weltkriegs vor der Möglichkeit eines dritten, ähnlichen Ereignisses warnt.
Das zentrale Symbol des Romans, der Grabstein in Form eines schwarzen Obelisken, zeigt also nicht nur in Bezug auf die erzählte Zeit als warnender Finger in den Himmel. Vielmehr ist er der Zeigefinger in Form einer Rakete und weist damit auf den Wahnsinn der Aufrüstung in den fünfziger Jahren hin. Auch der Prolog des Romans beschreibt den aktuellen Zustand der Gesellschaft um 1955 und beinhaltet eine Mitteilung für den Leser, sodass dieser schon von vornherein weiß, wie er das Folgende zu lesen und einzuordnen hat.
Der Zerfall humanistischer Werte und die Sinnlosigkeit des Profitstrebens, im Roman verdeutlicht an der Situation während der Inflation, sind auch Themen, die die Menschen in den fünfziger Jahren beschäftigten oder beschäftigt haben sollten. Remarque weist also im Rückblick auf Vergangenes auf Künftiges hin und ruft zu sozialem Handeln, zu einem bewussten Wandel und zu mehr Toleranz auf.
Insgesamt ähnelt der Verlauf der Identitätssuche des Ich-Erzählers sehr dem Werdegang des jungen Remarque. Die autobiografischen Züge des Romans lassen sich vor allem an der Grabsteinfirma, für die auch Remarque gearbeitet hatte, festmachen. Den Grabstein des Modells «schwarzer Obelisk» hat Remarque also selbst verkauft und schildert das Umfeld des Ludwig Bodmer sehr ähnlich dem Osnabrück der zwanziger Jahre. Plätze und Namen sind nur leicht und mit Wiedererkennungswert gewandelt, und so wird Osnabrück im Roman zu Werdenbrück.
Remarque schildert die kleine deutsche Durchschnittsstadt mit viel Humor und voller Leben. In chronologischer Reihenfolge stellt er dokumentarisch und sehr ehrlich den Wandel der Gesellschaft zwischen den Kriegen dar. Und dies geschieht nicht nur innerhalb des Romans, denn Der schwarze Obelisk ist die Fortsetzung einer Abfolge von Romanen, die einen geschichtlichen Verlauf deutlich machen sollen. Das Schicksal der «verlorenen Generation» hat seine Ursache im Ersten Weltkrieg, und Remarque stellte diese Tatsache meisterlich in seinem frühen Roman Im Westen nichts Neues (1928/29) dar. Die Erlebnisse dieser Generation werden in Der Weg zurück (1930/31) und in Drei Kameraden (1937) fortgesetzt und münden in Der schwarze Obelisk (1956) in den Zweiten Weltkrieg. Auch im Untertitel verdeutlicht Remarque mit den Worten «Geschichte einer verspäteten Jugend» die Fortführung von Nachkriegsbiografien.
Remarque spart sich dabei sprachliche, stilistische und formale Experimente und konzentriert sich auf das Wesentliche: Die Darstellung der Zeit und die Vermittlung von politischen Inhalten. So werden in Remarques Roman die politische Aussage und das Philosophieren über das Leben verknüpft zu einem Appell an die Humanität des Einzelnen. Mit viel Ironie und Sarkasmus kritisiert Remarque die Unbelehrbarkeit der Deutschen, sowohl in den zwanziger als auch in den fünfziger Jahren. Die plötzliche Umwertung aller Werte in den Zwanzigern ähnelte der Lebensgier der Menschen in den Fünfzigern und ist auch heute noch aktuell, sodass Remarque mit Der schwarze Obelisk ein literarisches Denkmal gegen das Vergessen gesetzt hat. Aus Geschehenem soll seiner Meinung nach gelernt werden, damit die gleichen Fehler nicht wieder und wieder geschehen.
Maren Koch
Der Text ist entnommen aus:
http://www.remarque.uos.de/dso.htm