Главная страница «Первого сентября»Главная страница журнала «Немецкий язык»Содержание №12/2010

Literatur

Martin Sperr
Die Spitzeder

(Fotzsetzung aus Nr. 11/2010)

ADELE Wie du meinst. Und red nicht so einen Schmarrn. Für was sind wir denn fort! Im Moment ist das alles nichts, das geb ich ja zu. Es wird alles noch gut. Wirst es sehen.
EMMI Meinst, daß mich meine Mutter suchen läßt? Mit der Polizei?
ADELE Nein! Ach wo! Die ist doch froh, wenn eins weniger ist daheim. Pause. Wir schreiben ihr bald eine Karte, daß es dir gut geht in der Stadt. Jetzt schau, wie du ausschaust, Emmi. Wenn wir so daherkommen, kriegen wir nicht einmal da kein Zimmer.
EMMI Eine Kutsche ist uns zu teuer. Wir haben eh kein Geld. Und wenns uns da wieder nicht nehmen...
ADELE unterbricht sie Hörst auf! Ein Zimmer kann ich immer noch zahlen. Und daß wir sonst nichts haben, braucht niemand nicht wissen. Verstehst?!
EMMI Ja.
ADELE Das heißt: Nicht rumreden. Wir dürfen auch nicht sagen, daß wir eine Arbeit suchen. Wir haben grad genug Geld. Aus! Und wenn wirs heut nicht haben, dann kriegen wirs morgen. Von weit her. Von der Schweiz. Nein! Von Amerika über die Schweiz! Ein Onkel von mir ist gestorben. Und hat Metzgereien gehabt. Verstehst! Und da müssen wir warten auf unsere Erbschaft. Und wir lassen uns nix gefallen! Frech müssen wir sein. Und sonst sind wir überhaupt ganz was Großes: Schauspielerinnen sind wir.
EMMI Mei. Was dir wieder einfällt.
ADELE Soll mir zuerst einmal einer nachweisen, daß das nicht stimmt.
EMMI Was du dir traust. Und meinst, die glaubens?
ADELE Warum nicht? Tätst mirs du nicht glauben?
EMMI Schon. Ich glaub dir ja alles.
ADELE Also! Jetzt wirds probiert. Ist ja ein stadtbekanntes Haus. Da werdens uns schon nehmen. Hoffen wirs!
EMMI Gut. Probieren wirs.

Sie gehen hinein.

2. Szene

Doppelzimmer im Hotel

Großes niedriges Zimmer, selten geputzt, unfreundlich und kahl. Ein Stuhl, eine Waschkommode, ein Küchentisch, ein alter Kleiderschrank, drei Wirtshausstühle. Auf der Waschkommode ein unappetitliches Durcheinander: Eßsachen, Waschzeug und die Kaffeemaschine. Adele und Emmi liegen im Bett. Emmi schläft. Adele liest Zeitung. Es klopft. Emmi wacht ruckartig auf. Es klopft stärker.

EMMI Das ist wieder der Wirt!
ADELE Red nicht so laut!

Es klopft noch einmal. Nach einer Pause geht die Tür auf. Der Wirt kommt herein, hinter ihm drei Huren.

WIRT Warum sagens nicht herein, wenn ich klopf?!
ADELE Weil wir noch nicht empfangen!
WIRT Wenns klopft, sagt man: Herein. In jedem Fall zu mir, wenn ich draußen steh. In meinem Haus. Das merkens Ihnen. Das gilt für meine Gäste. Vor allem, wenns nicht zahlen. Sie erlauben schon, daß ich mich um Ihre Verhältnisse kümmer. Weil: Ein Gesindel beherberg ich nicht.
ADELE Was! Wissens, was Ihr Hotel ist? Ha!
EMMI Ha!
WIRT Jetzt füllts mir einmal mein Anmeldeformular aus. Nach zwei Monat kann man das verlangen.
ADELE zieht ihren Morgenmantel an Drehns Ihnen um! Der Wirt glotzt. Umdrehen!

Der Wirt tuts. Adele setzt sich im Morgenmantel an den Tisch und schreibt. Der Wirt sieht zu und bohrt in den Zähnen.

WIRT So. Schauspielerinnen. Die Nutten lachen. Und wo spielen die Damen, wenn ich fragen darf?
ADELE Geht Ihnen das was an?
WIRT Und zahlen tuns jetzt noch nächste Woch im voraus. Als Schauspielerinnen. Gell.
ADELE Ich habs gesagt: Ich erwart eine Erbschaft von einem Verwandten aus Amerika. Zu Emmi. Geh her! Unterschreib. Emmi kommt. Und weil das Geld über die Schweiz kommt, dauerts ein bissel. Zu Emmi. Da! Deswegen zahl ich erst, wenn das Geld da ist.
WIRT klappt das Anmeldebuch zu Dann mietens Ihnen bei mir ein, wenns das Geld haben. Gell! Und nicht vorher.

Gelächter der Nutten.

Aus: Martin Sperr: Die Spitzeder. Frankfurt am Main:
Verlag der Autoren, 1980. S. 7–15.

Fortsetzung folgt

 

Der Abdruck folgt dem Original von 1980 und entspricht damit nicht den heute gültigen Rechtschreibregelungen.

Schmar|ren [eigtl. wohl = breiige Masse, Fett; mit stark auseinandergehenden Bedeutungsentwicklungen verw. mit Schmer], Schmarrn der; -s, -: 1. (österr., auch südd.) süße Mehlspeise, bes. Kaiserschmarren. 2. (ugs. abwertend) a) etw., was bedeutungslos, minderwertig, ohne künstlerische Qualität ist: diesen S. lese ich nicht; b) unsinnige Äußerung, Unsinn: red keinen solchen S.!; c) *einen S. (drückt Ärger u. Ablehnung aus; überhaupt nichts): das geht dich einen S. an!

ruck|ar|tig <Adj.>: a) mit einem Ruck [erfolgend]: r. bremsen, anhalten; b) kurz, abgesetzt u. ungleichmäßig: -e Bewegungen.

Ge|sin|del, das; -s [Vkl. zu Gesinde, urspr. = kleine Gefolgschaft, kleine (Krieger)schar] (abwertend): Gruppe von Menschen, die als asozial, verbrecherisch o. ä. verachtet, abgelehnt wird: lichtscheues G.

be|her|ber|gen <sw. V.; hat> [mhd. beherbergen, eigtl. = mit Gästen versehen]: a) als Gast bei sich aufnehmen; jmdm. Unterkunft bieten: jmdn. über Nacht, bei sich b.; b) in sich enthalten; den Raum für jmdn., etw. bieten: das eine Zelt konnte nicht alle b.

Mor|gen|man|tel, der, Mor|gen|rock, der: [langes] einem Mantel ähnliches, leichtes, bequemes Kleidungsstück, das im Haus bes. morgens nach dem Aufstehen getragen wird.

glot|zen <sw. V.; hat> [mhd. glotzen, wahrsch. urspr. = glänzen, schimmern; blank sein u. verw. mit gelb; Bedeutungsentwicklung über «leuchten, anstrahlen»]: 1. (ugs., auch abwertend) mit weit aufgerissenen od. hervortretenden Augen [u. dummer Miene] starren: glotz nicht so dämlich! 2. (salopp) fernsehen.

an|ge|hen <unr. V.>: jmds. Sache sein <ist>: das geht ihn nichts, wenig, viel an; die Geschichte ist dich doch überhaupt nichts angegangen; was geht mich das an? (was habe ich damit zu schaffen?).

gell <Interj.> (südd.): gelt: du kommst doch auch, g.? gelt <Interj.> [eigtl. = es möge gelten, zu gelten] (südd., österr. ugs.): nicht wahr?: da staunst du, g.?